Interview mit Vizepräsident Gaehtgens zum 50jährigen Jubiläum der FU

Viel Licht, wenig Schatten


FU:N: Was sind Inhalte und Ziele der 50-Jahr-Feier?

Gaehtgens: Die 50-Jahr-Feier kann für uns nicht nur ein kalendarischer Anlaß zur Rückschau bedeuten, zumal sie zufällig zusammenfällt mit einer äußerst belastenden Haushaltsentwicklung und einer heftigen öffentlichen Diskussion um Leistung und Stellenwert des öffentlichen Bildungssystems. Und so gilt es, neben der wechselvollen Geschichte und vergangener Leistungen auch zukünftige Aufgaben und Perspektiven kritisch zu betrachten. Der Blick kann daher bei der 50-Jahr-Feier nicht überwiegend rückwärts, sonder n vorwärts gerichtet sein.

FU:N: Wo steht die FU im Jubiläumsjahr 1998?

Gaehtgens: Sie steht am Anfang eines für die nächsten Jahre vorgegebenen Prozesses massiver Verkleinerung und wird daher erhebliche Übergangsprobleme zu bewältigen haben. In der Gestaltung dieses Vorgangs kommt es darauf an, Kernfunktionen, insbesondere in den leistungsstarken Bereichen, zu schützen und ein Profil zu sichern, das den bedeutenden Stellenwert der FU erhält. Was das im Detail heißt, wird Gegenstand heftiger Diskussionen sein und neue Zielvorstellungen erfordern. Auch das könnte eine Aufgabe de s Jubiläums sein, aus dem die FU anders hervorgehen würde, als sie hineinging.

FU:N: Die FU befindet sich derzeit in einer finanziell angespannten Situation. Ist es in dieser Lage opportun, zu feiern?

Gaehtgens: Das Jubiläum wird durch den Kalender vorgegeben; es läßt sich nicht je nach Haushaltslage zurück- oder vorwärtsdatieren. Im übrigen kann sich die FU, die bis heute eine der leistungsfähigsten Universitäten in Deutschland ist, mit viel Selbstbewu ßtsein sehen lassen. Mit Zukunftsbedenklichkeit oder gar Lamento allein werden wir ohnehin bei niemandem einen Blumentopf gewinnnen, wohl aber mit einer überzeugenden Präsentation dessen, was die FU für diese Gesellschaft geleistet hat und noch leistet.

FU:N: Welche Projekte halten Sie für wichtig?

Gaehtgens: Wichtig erscheinen mir vor allem die Veranstaltungen der Fachbereiche, die in verschiedensten Formen einen Einblick in ihre Lehr- und Forschungstätigkeit geben. Für wichtig halte ich auch z.B. die „Internationale Woche“ im November , das Projekt „Iustitia, Libertas, Veritas“ oder die Workshops zu Fragen unserer Zeit und unserer Gesellschaft im Sommer und Herbst - hier geht es um die Gesellschaftsoffenheit und Liberalität der FU. Wichtig für die Identitätsbildung der FU finde ich aber auch die me hr „protokollarischen“ Ereignisse z.B. die Immatrikulationsfeier am 16. April, mit der wir - unter Rückgriff auf ein in der Gründungsgeschichte bedeutsames Datum - eine verlorene Tradition wiedererwecken und eine persönliche Geste gegenüber den neu Immatri kulierten zeigen wollen.

FU:N: Inwieweit sind Studierende an der Vorbereitung der 50-Jahr-Feier beteiligt?

Gaehtgens: In der Arbeitsgruppe des Akademischen Senats für die 50-Jahr-Feier haben selbstverständlich auch studentische Mitwirkende mitgearbeitet. Leider haben sie sich derzeit aus der Planung zurückgezogen - wohl als Folge der allgemeinen Protestbewegung . Auf der Fachbereichsebene sind die Studierenden aber weiterhin sehr aktiv an Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen beteiligt - ich will besonders das studentische Projekt „FUture ‘98“ in den Wirtschaftswissenschaften hervorheben, denke aber a uch an manche andere. Ich hoffe immer noch darauf, daß die Mitwirkung der Studierenden aus den Fachbereichen zur Lebendigkeit z.B. des Sommerfestes der FU beitragen wird.

FU:N: Eine Universität lebt - wie das amerikanische Beispiel zeigt - von ihren Ehemaligen. Wie sollen die Ehemaligen in die 50-Jahr-Feier einbezogen werden?

Gaehtgens: In Deutschland hat das keine Tradition. Wir möchten anläßlich dieses Jubiläums unsere Ehemaligen wieder an „ihrer“ (wenn sie sie denn so sehen) Universität interessieren. Da die FU nicht über eine vollständige Datei ihrer Ehemaligen einschließli ch der heutigen Adressen verfügt, werden wir sie über Anzeigen in Zeitungen suchen - gemeinsam mit der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde und Förderer der Freien Universität. Alle Ehemaligen, mit denen wir bisher über die 50-Jahr-Feier gesprochen haben , waren begeistert über dieses Vorhaben. Wir hoffen, daß möglichst viele von ihnen an dem Jubiläum teilnehmen, sich über die Ernst-Reuter-Gesellschaft oder auf anderem Wege für die Freie Universität engagieren und mit ihr über das Jahr 1998 hinaus verbunde n bleiben.

FU:N: In Ihren Aufgabenbereich fällt die Koordination der 50-Jahr-Feier. Was heißt das ?

Gaehtgens: Da das Thema bis vor kurzem als Kalenderdatum allen bewußt war, in der konkreten Planung jedoch kaum existierte, ist neben der praktischen Organisation, um die sich vorwiegend Frau Fitzner kümmert, auch noch viel inhaltliche Anregung erforderlic h. Das bedeutet vielfältige koordinierende Abstimmung nach innen wie nach außen - wir möchten doch, daß nicht nur die Mitglieder der FU selbst, sondern auch andere von dem Ereignis und seiner Bedeutung Notiz nehmen und sich an ihm beteiligen.

FU:N: Wer finanziert die 50-Jahr-Feier?

Gaehtgens: Zum Null-Tarif gibt es nichts, und so zwingt uns die Haushaltslage zu intensiven Bemühungen um Sponsoren. Alle, die eine Veranstaltung vorbereiten, sind aufgefordert, in erster Linie Mittel von außen für ihre Projekte zu rekrutieren, und das kön nen die Veranstalter wegen ihres direkteren Kontakts zu potentiellen Geldgebern oft besser als die fachferne „Zentrale“. Einige Projekte fördern wir durch eine assistierende Finanzierung - keines vollständig. Im übrigen hoffen wir auf längere Sicht auch a u f Unterstützung aus dem Kreis unserer Ehemaligen.

FU:N: Wie wollen Sie während des Jubiläums mit Protesten umgehen?

Gaehtgens: Die 50-Jahr-Feier ist eine für die FU eminent wichtige Gelegenheit, sich mit einem positiven Leistungsbild in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Vorgänge bei dem Vortrag des amerikanischen Botschafters - die törichte Tat einer sehr kleinen Minderheit der FU-Studierenden - waren für die ganze FU äußerst schädlich. Auch der Protest gegen die gegenwärtige Bildungspolitik darf sich nicht zu Rüpeleien mißbrauchen lassen.

Felicitas v. Aretin


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