Zulassung

Politik und Verwaltungsgerichte lassen Medizinstudierende im Stich


Bei Drucklegung der FU:Nachrichten war der Konflikt zwischen dem Verwaltungsgericht und der FU um die Ausbildungskapazitäten in Zahnmedizin und Humanmedizin noch nicht beseitigt. Bis Ende Mai hatte die FU die ihr am 21. bzw. 25. April vom Gericht zusätzl ich zugewiesenen Studienanfänger/innen nicht immatrikuliert. Die Gerichte hatten bis dahin nicht abschließend über die Anträge der FU zur Aussetzung der Vollziehung der Beschlüsse entschieden. An ihrer grundsätzlichen Kritik hält die FU unabhängig vom Ausgang des Verfahrens fest: Statt strukturelle Veränderungen anzuerkennen und das verfassungswidrige Medizingesetz zu ändern, bleiben Politik und Gerichte zum Schaden der Studierenden untätig.

Die FU wird vorerst die ihr vom Verwaltungsgericht Berlin (VG) mit Beschlüssen vom 21. und 25. April zugewiesenen zusätzlichen Studienanfänger/innen in den Studiengängen Zahnmedizin und Humanmedizin nicht aufnehmen.

Das VG begründet seinen Beschluß für eine höhere Zulassungszahl im Studiengang Zahnmedizin mit einem angeblichen "Schwund" von Studierenden in den höheren Fachsemestern. Diesen "Schwund" sieht das Gericht darin, daß die FU die Hälfte der Studierenden, die bis zum 31.08.1994 aufgenommen wurden, an die HU abgibt. Dem liegt aber die gesetzliche Strukturentscheidung zugrunde, daß die Zahnklinik Nord von der FU an die HU zugeordnet worden ist, wodurch die FU die Hälfte ihrer Ausbildungskapazität in diesem Studiengang mit dem entsprechenden Anteil des zahnmedizinischen Personals und der Ausstattung verloren hat. Diese besonderen strukturellen Gründe verkennt das Gericht, wenn es den entsprechenden Abgang der Studierenden zu Lasten der FU so behandelt, als gehe es um Studienabbrecher oder Studienfach- bzw. Ortswechsler. Die Abgabe der Studierenden an die HU ist kein "Schwund" für die FU, sondern beruht darauf, daß diese die entsprechende Ausbildungskapazität nicht mehr hat.

So kommt das Gericht zu fiktiven Kapazitätsreserven bei der FU mit einer Erhöhung der Zulassungsquote von jährlich 80 auf 116 Studienplätze. Darin wird deutlich, wie die Rechtsprechung auch um den Preis abwegiger Argumente und unertr&a uml;glicher Ausbildungsverhältnisse die Zulassungskapazität künstlich hochhält, so daß eine angemessene Ausbildung innerhalb der Regelstudienzeit wegen allseitiger Überlastung nicht mehr zu gewährleisten ist.

Aus anderen Gründen, aber noch dramatischer, verschlechtert sich die Ausbildungssituation im Studiengang Humanmedizin. Dafür ist in erster Linie der Berliner Gesetzgeber verantwortlich, der die Rechtsprechung des VG wie des Oberverwaltungsgerich ts Berlin (OVG) mißachtet, die das Medizingesetz mit seiner Reduzierung der Ausbildungs-kapazität an der FU von 600 auf 200 Studienplätze für verfassungswidrig erklärt haben. Diese Gerichtsentscheidungen sind allerdings im einstweiligen An ordnungsverfahren ergangen, so daß sich die Gerichte nicht genötigt sahen, das Gesetz zur förmlichen Entscheidung über seine verfassungsmäßige Gültigkeit dem Landes- bzw. dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Gleichzeitig bleibt die FU als K& ouml;rperschaft des öffentlichen Rechts an dieses Gesetz gebunden, so daß sie die damit verbundenen Haushalts- und Stellenkürzungen hinnehmen muß, während die Gerichte den damit verbundenen Kapazitätsabbau nicht anerkennen und die gestrichenen Stellen als vorhanden fing ieren. Dadurch soll die FU zur Zulassungsquote von 618 gezwungen werden, also dreimal soviel, wie ihr gesetzlich als Zielzahl vorgegeben ist. Inzwischen ist bereits ein Fünftel des gesamten Lehrangebots der FU "fiktiv".

Die Gleichgültigkeit des Berliner Gesetzgebers gegenüber dieser Recht-sprechung ist rechtsstaatlich unerhört. Aber gleichzeitig unterlassen die Gerichte eine Vorlage beim Verfassungsgericht. Das OVG schiebt die Entscheidung dem VG im Rahmen des Verfahrens in der Hauptsache zu, und das VG läßt sich damit immer noch Zeit, während es gleichzeitig fortwährend in einstweiligen Verfahren von der Verfassungswidrigkeit ausgeht und die FU mit übergroßen Zulassungszahlen belastet. Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung arbeiten sich auf diese Weise zu Lasten der FU und der Studierenden der Humanmedizin in die Hand. Die FU und die Studierenden geraten so zwischen die Mühlsteine der Politik und Justiz.

FU:N

Falsch gemeldet:

AS-Abstimmung


Ihre Meinung: Grafik1

[vorherige [Inhalt] [nächste