Frauenforschungsprofessorin Helgard Kramer-Washington

Den Normalbetrieb aufmischen


Grafik1H. Kramer-Washington sucht Anschluß an den internationalen feminstischen Diskurs

"Ohne die Veränderungen durch die Studentenbewegung wäre ich in dem langweiligen Konventionalismus, der alles prägte, erstickt." Der Aufbruch von '68 war für Helgard Kramer-Washington die entscheidende Phase ihres Lebens : "Wir hatten alle das Gefühl, hier wird Politik gemacht und die ganze Universität revolutioniert." Der politische Elan bestimmte ihr Studium an der Universität Frankfurt ebenso wie ihren kurzen Abstecher an die FU im Sommer 1969.

Damals begann sie sich auch für den Feminismus und die politische Gleichstellung der Frauen zu engagieren. Jungen Studentinnen, die Frauenforschung zu ihrem Anliegen machen wollen, empfiehlt die Professorin jedoch, sich auch mit anderen Themen zu bes chäfti gen - für Kramer-Washington sind dies Rassismus- und Autoritarismusforschung -, um so einer Ausgrenzung im Universitätsbetrieb vorzubeugen. Geschlechterforschung dürfe nicht Gefahr laufen, zu einem "persönlichen Tick" stilisi ert zu werden. Ihre Frauenforsc hungsprofessur am Institut für Soziologie, die sie seit dem Sommersemester 1993 innehat, sieht sie deshalb auch nicht als geschütztes Reservat. Vielmehr gehe es darum, feministische Themen in das Zentrum der sozialwissenschaftlichen Diskurse zu bringen und "den Normalbetrieb der Wissenschaft etwas aufzumischen".

Helgard Kramer-Washingtons Ziel ist es, einen sozialwissenschaftlichen Sonderforschungsbereich zum Thema "Geschlechterarrangements und gesellschaftliche Partizipation von Frauen im Zeitalter der Globalisierung" einzurichten. Es sei an der Zeit, Ans chluß an die internationale feministische Theoriebildung zu gewinnen. Die USA sind für sie dabei nicht nur in der Entwicklung des feministischen Diskurses wichtiger Orientierungspunkt, auch die amerikanische Antidiskriminierungspolitik hält sie fü ;r modellhaft. D ort gelten die Normen der Gleichberechtigung, affirmative action, für Frauen ebenso wie für Angehörige der verschiedenen ethnischen Minoritäten und sind einklagbar. Das bundesrepublikanische Modell der Frauenförderung sei dazu ver gleichsweise "doch sehr mi lde und sanft angelegt" und habe den Geruch "einer Hilfe, die man sozusagen freiwillig gibt, aus Höflichkeit".

Hanno Ehrlicher


Ihre Meinung: Grafik2

[vorherige [Inhalt] [nõchste