Möglichkeiten studentischen Engagements in der Akademischen Selbstverwaltung

Das Gremiendschungelbuch


Grafik1Die Studierenden haben mehr Einflußmöglichkeiten, als die meisten wissen

Vor dem Hintergrund der studentischen Proteste in diesem Herbst sieht es ganz so aus, als könnte Hochschulpolitik eine spannende Sache sein. Doch für die überwiegende Mehrheit der Studierenden ist Hochschulpolitik kein Thema. Über Studienordnungen und Hochschulplänen zu brüten, scheint für viele eine zu trockene Materie zu sein. Katastrophale Wahlbeteiligungen (bei Studierenden unter 10 %) sprechen für sich. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, sich nicht nur passiv - durch Wahrnehmung des Wahlrechts - zu engagieren, sondern auch aktiv in einem der vielen Gremien oder in Kommissionen mitzuarbeiten.

Vielleicht besteht ja Hoffnung, daß die Proteste, mögen sie nun in ihrer Sache erfolgreich sein oder nicht, das studentische Engagement an der Hochschule nicht nur temporär aufflackern lassen, sondern einen kleinen Schwung in die kontinuierliche Arbeit (!) hinüberretten.

Wer sich in den 'Gremiendschungel' reinfuchsen will, für den oder die bietet eine Fachschaft oder eine der sonstigen zahlreichen studentischen Gruppen den besten Einstieg.

Die deutschen Universitäten besitzen einen Autonomiestatus, d.h. sie werden nicht zentral vom Staat gelenkt. Inneruniversitäre Entscheidungen werden von Gremien der Universität gefällt. So soll die Freiheit von Forschung und Lehre gewahrt werden. Art und Zusammensetzung der Gremien sind in den Hochschulgesetzen der Länder geregelt, in Berlin im Berliner Hochschulgesetz (BerlHg). In der Gruppenuniversität, die die alte Ordinarienuniversität abgelöst hat, sind alle Mitglieder der Hochschule in Statusgruppen aufgeteilt. Die größte Gruppe sind die Studierenden. Die Beschäftigten, angestellt oder verbeamtet, werden in drei Statusgruppen aufgeteilt. Es gibt die "Sonstigen Mitarbeiter/innen" (SoMis), Professorinnen und Professoren bilden mit den Privatdozenten eine weitere Gruppe. Die letzte der vier Gruppen bilden die akademischen Beschäftigten, d.h. all jene, die noch nicht habilitiert sind, die sogenannten 'Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter' (WiMis).

Diese vier Gruppen entsenden Abgeordnete in die Gremien, wobei die Gruppenmitglieder ausschließlich Vertreterinnen und Vertreter ihrer eigenen Gruppe wählen Die Zahl der jeweiligen Gruppenabgeordneten richtet sich dabei nicht arithmetisch nach der Anzahl d er Wahlberechtigten, sondern nach den Vorgaben des Hochschulgesetzes, das nach einem Urteil des Bundes-verfassungsgerichts von 1973 eine sogenannte "natürliche Professorenmehrheit" in sämtlichen entscheidenden Gremien vorsieht.

Die zentralen Gremien sind der Akademische Senat (AS), das Konzil und das Kuratorium. Letzteres ist das Bindeglied zwischen Hochschule einerseits und Staat und Gesellschaft andererseits mit Repräsentanten aller drei Bereiche. Im Kuratorium sind die Studierenden nur mit zwei von 22 Sitzen vertreten, die wie sämtliche Gremien alle zwei Jahre durch eine personalisierte Listenwahl neu besetzt werden. Das Konzil ist das Parlament der Universität, in dem die Studierenden zehn von 61 Stimmen haben. "Sonstige" und "WiMis" haben je zehn Sitze, so daß für die Professorinnen und Professoren 31 übrigbleiben, die besagte 'natürliche Professorenmehrheit'. Nach diesem proportionalen Schlüssel sind sämtliche Gremien, also auch der Akademische Senat, aufgeteilt. Der AS ist das höchste universitätsinterne beschließende Gremium, in dem vier Studierende Platz finden.

Darüber hinaus gibt es die Ständigen Kommissionen des Akademischen Senats mit beratender Funktion, in denen Studierende Sitz und Stimme haben. Dies sind die Kommission für Entwicklungsplanung (EPK) mit derzeit zwei studentischen Mitgliedern, die Kommission für Forschung und Wissenschaftlichen Nachwuchs (FNK) mit einem Studenten, die Kommission für Lehre und Studium (LSK), in der die Studierenden traditionell den Vorsitz innehaben und mit sechs wählbaren studentischen Mitgliedern sogar 50% der Stimmen, die Kommission für das Bibliothekswesen (BIK) mit einer Studentin. Weitere Kommissionen mit studentischen Vertreter/innen sind die Zentrale Projekttutorienkommission mit vier Studierenden und die Kommission zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen (KFN), in der eine Studentin mit beratender Stimme sitzt.

Die Mitglieder von Kommissionen werden von den jeweiligen Statusgruppen vorgeschlagen, müssen jedoch von der Mehrheit der Gremienmitglieder befürwortet werden. Dezentral gibt es die Fachbereichsräte (FBR), die auf Fachbereichsebene die gleiche Funktion haben wie der Akademische Senat auf Universitätsebene. Dort sitzen zwei Studierende und entsprechend auch zwei "Sonstige" und zwei Wissenschaftliche Mitarbeiter/innen der Mehrheit von sieben Professorinnen und Professoren gegenüber. Der LSK auf Universtätsebene entspricht auf Fachbereichsebene die Ausbildungskommission (ABK). Beide kümmern sich um Angelegenheiten von Studium und Lehre, also etwa Studienordnungen oder Lehrpläne etc. Jenseits dieser akademischen Selbstverwaltung existiert aber auch noch die unabhängige studentische Selbstverwaltung. Diese wird im Unterschied zu den Universitätsgremien jährlich gewählt. In einer personalisierten Listenwahl bewerben sich meist im Januar annähernd 60 Listen für die 60 Sitze des Studentenparlaments (StuPa). Das Studentenparlament wählt den Allgemeinen Studentenausschuß (AStA). Dieser besteht aus zwölf Referaten, in die je drei Personen gewählt werden.

Nicht zu vergessen seien die Fachschaftsräte (FR) und die Fachschaftsinitiativen (FSI). Letztere werden nicht gewählt, sondern formieren sich einfach aus interessierten Studierenden des jeweiligen Fachbereichs oder Instituts. Mitglied einer FSI ist, wer 'm itmacht'. Die Mitglieder der Fachschaftsräte hingegen werden ebenfalls jedes Jahr gewählt. Über ihre Funktion läßt sich bisher wenig sagen, weil es sie erst seit diesem Jahr an der Freien Universität gibt.

Dieter Neidlinger


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