Ein Tag in der Studienberatung der Freien Universität

Bevor es losgeht


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Warteraum in der Studienberatung: Vorbereitung auf die "Bibel"stunde mit Berater/in und Vorlesungsverzeichnis

Wären da nicht die vielen Ordner, die einen Wandschrank füllen, man könnte sich auch im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis wähnen. Aber wir sind im gut besuchten Warteraum der FU-Studienberatung in der Brümmerstraße 50. Die Anwesenden warten jedoch nicht auf eine Zahnarztbehandlung, sondern auf ein klärendes Gespräch mit einem der insgesamt sechs Studienberater. Manchmal lösen sich die Probleme schon während des Wartens. Die Ordner im Schrank des Warteraums enthalten unter anderem Auskünfte über alle Studienf ächer der FU, über viele deutsche Hochschulen sowie über das Studium in Europa. Studentische Hilfskräfte helfen, kleinere Probleme sofort zu lösen und machen den Weg zur persönlichen Beratung unter Umständen überflüssig.

Unter den Wartenden sitzen Stefan, Susanne und Antje. Stefan ist noch nicht immatrikuliert. Er kann erst nach Ende seines Wehrdienstes im nächsten Wintersemester sein Studium aufnehmen. Ihm geht es darum, sich vorab schon einmal zu orientieren. Er möchte e in naturwissenschaftliches Fach studieren, am liebsten Biochemie. Erste Informationen über das Fach hat er sich über das Studienhandbuch besorgt.

Susanne hat eine Lehre in Rostock beendet und will Steuerberaterin werden. Sie hat sich überlegt, Betriebswirtschaftslehre (BWL) an der FU zu studieren, weil sie gehört hat, daß das Studium dort gut sein soll. Außerdem will sie gerne nach Berlin, obwohl i hr die Größe der Stadt doch etwas Angst mache, gesteht sie Karin Gavin-Kramer vom Beraterteam. Susanne hat zwar ein Ziel vor Augen , weiß aber nicht, wie sie es erreichen kann. Sie erkundigt sich nach dem Studium. Karin Gavin-Kramer versucht, Susanne über den rein technischen Ablauf des Studiums hinaus auch auf inhaltliche Aspekte hinzuweisen. Was heißt es eigentlich, BWL zu studieren? Hat sie sich schon das Vorlesungsverzeichnis angesehen und geprüft, ob sie das Angebot überhaupt interessiert? Susanne vern eint. Als ihr Karin Gavin-Kramer das Vorlesungsverzeichnis auf den Tisch legt, ist sie überrascht von dem, was sie liest. Was denn Mikroökonomie sei, fragt sie verunsichert. Bei derart speziellen Fragen verweist Karin Gavin-Kramer auf das Kommentierte Vor lesungsverzeichnis (KVV), das es für sämtliche Fächer gibt. Außerdem rät sie ihr, zu den Wirtschaftswissenschaftlern in die Garystraße zu gehen, um sich vor Ort ein Bild zu machen. "Ich kann immer nur Anregungen geben und Wege beschreiben", sagt sie später . Nie drängt sie auf Entscheidungen. "Das war der typische Fall einer "Anfängerinitiation", sagt Karin Gavin-Kramer danach.

Antje ist keine Anfängerin mehr. Sie studiert Medizin im dritten Semester. Sie hat ein kleines Kind und nun festgestellt, daß sie sich nicht vorstellen kann, als Ärztin zu arbeiten und gleichzeitig eine Familie zu haben. Jetzt will sie lieber Jura studieren, das habe sie schon immer interessiert. Ihr Studium möchte sie international ausrichten, da sie sich gut vorstellen kann, auch einmal im Ausland zu arbeiten. Ihr Anliegen ist es nun zu erfahren,ob sie an der FU internationales Recht studieren kann. Karin Gavin-Kramer fragt Antje, ob sie sich bereits mit den Fakten des Jurastudiums vertraut gemacht hat. Antje hat bereits einige Jura-Veranstaltungen besucht und ist der Ansicht, daß ihr die Inhalte und Anforderungen zusagen. Die Beraterin weist Antje auf das hohe Maß an Selbstdisziplin hin, die Jura im Vergleich zum stark verschulten Medizinstudiengang erfordert. Sie gibt zu bedenken, daß der Zeitaufwand des Faches gerade mit Familie nicht unerheblich sei. Auf die Frage von Karin Gavin-Kramer, was sie als nächstes zu tun gedenke, antwortet Antje, daß sie sich für ihre endgültige Entscheidung noch etwas Zeit nehmen und vor Beginn des nächsten Semesters noch einmal zur Beratung kommen will. Antje zeigt sich zufrieden mit dem Gespräch. Es hat ihr Anregungen gegeben, sich mit dem Fachwechsel inhaltlich eingehender auseinanderzusetzen.

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Karin Gavin-Kramer (re.) gibt Entscheidungshilfe

In der Studienberatung geht es zunächst darum festzustellen, welches Ziel mit dem Studium verfolgt wird. Das heißt, möchte der Betreffende das gewählte Fach tatsächlich studieren und abschließen, oder hat er sich dafür eingeschrieben, weil er für sein Wunschfach nicht zugelassen ist? Oder möchte er einfach immatrikuliert sein, um sich erst einmal zu orientieren? Grund hierfür ist häufig, daß andere Berufs- oder Studienvorhaben nicht geklappt haben, weiß Karin Gavin-Kramer. Die wenigsten kommen mit klaren Vo rstellungen in die Beratung: "Sie gucken auf die Fächer wie auf eine Pralinenschachtel und wissen nicht, was drin ist." Gespräche über die Fächerwahl seien die ausführlichsten. Karin Gavin-Kramer ist seit mehr als 20 Jahren dabei und weiß, wovon sie sprich t. "Es gibt selten klar gestellte Fragen". Viele haben nur ein diffuses Bild über das Studium, welches der 88 Studienfächer sie studieren wollen. Wir sind es, die herausbekommen müssen, wo die Probleme liegen." Häufig liegt die Schwierigkeit darin, daß die Ratsuchenden nur wenige Informationen über ihre Fächer besitzen und keine Ahnung haben, was sie alles studieren müssen. "Dann sitzen wir zusammen und sehen uns das Vorlesungsverzeichnis an, unsere Bibel" wie sie lächelnd hinzufügt. Vielfach decken sich d ie Erwartungen der Studierenden nicht mit der Realität des Studiums des gewählten Faches. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich möglichst konkret zu überlegen, worin das Interesse an einem bestimmten Fach liegt. Ihre Aufgabe sieht Karin Gavin-Kramer darin, den "Gedankenzopf" der Studierenden zu entflechten und somit die einzelnen Stränge sichtbar zu machen. Die Studienberatung hat somit eine Steuerungsfunktion. Es werden Fragen aufgeworfen und alternative Möglichkeiten diskutiert. Den Studierenden wird dam it das Handwerkszeug gegeben, das sie brauchen, um sich hinreichend zu informieren und schließlich ihre Entscheidung treffen zu können.

Bettina Schilling,

Matthias Keidtel

Der Warteraum ist zugleich ein Leseraum. Dort befinden sich:

-die Vorlesungsverzeichnisse vieler deutscher Hochschulen,

-Informationen über alle Hochschulen in Berlin und Brandenburg,

-Informationen über alle Studienfächer der FU Berlin,

-fächerübergreifende Informationen (z.B. ausländische Studierende, Kommunikationsberufe, Fremdsprachen, Studieren und Arbeiten im Ausland),

-Studium in Europa, Entwicklungsdienste, Studium und Arbeit in Ländern außerhalb der Europäischen Union.

Der Warte- und Leseraum ist während der Sprechzeiten geöffnet: Mo, Di, Fr 10-12.30, Do 16.00- 18.00 Uhr, sowie am Lesetag (keine Studienberatung) Mi 9.30-13.00 Uhr und 14.00-15.00 Uhr.


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