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Abschaffung des Referendariats? (November 1998)

Von Haushaltslöchern geplagte Politiker sind doch immer wieder für Überraschungen gut. So konnte man sich eigentlich darauf verlassen, daß zur Reform der Juristenausbildung zwar viele gute Vorschläge von allen Seiten gemacht werden, nach langen Diskussionen aber festgestellt wird, daß man doch besser alles beim alten läßt, weil es sich im großen und ganzen bewährt habe.

Aktuelles Beispiel: der letzte Juristentag. Wie sich nun gerade an diesem Beispiel zeigt, geht es bei Finanzproblemen gänzlich umgekehrt zu: Dann neigen Politiker bekanntlich dazu, unabhängig von allen Einwänden irgendetwas zu verändern, Hauptsache, sie müssen nicht mehr so viel bezahlen wie bisher.

Beispiel: Die Beschlüsse der Justizministerkonferenz vom 5. 11. zur Reform der Juristenausbildung. Da sich die politische Seite nun weitgehend einig ist, sollte man eine Umsetzung ernsthaft ins Auge fassen. Was sehen diese Beschlüsse aber nun im einzelnen vor ? Nach der Vorstellung der Justizminister soll in Zukunft der Stoff der bisherigen großen Scheine in einem Grundstudium von vier Semestern absolviert werden. Die sich anschließende Zwischenprüfung soll im Credit-Point-System stattfinden. Ins Deutsche übersetzt heißt das: Für besuchte Veranstaltungen gibt es Punkte (ggf. erst nach Semesterabschlußtests), bei genügender Punktzahl hat man die Zwischenprüfung bestanden, auch wenn vielleicht gar nicht alle Grundkurse besucht wurden.

Das Hauptstudium beginnt mit zwei Semestern Vertiefungsstudium, in das verstärkt Aspekte praktischer Arbeit einbezogen werden sollen. Es folgen zwei Semester Praxisphase, d. h. im wesentlichen der Inhalt des bisherigen Referendariats. Im 9. und 10. Semester sollen dann das Vertiefungsstudium fortgesetzt und das Wahlfachstudium aufgenommen werden. Schlußendlich wartet im 11. Semester das Examen als Nachweis der Befähigung zum Volljuristen. Damit nicht genug, sind auch noch weitere Änderungen geplant: Teile des Examens sollen vorverlagert werden können, die Wahlfachprüfung nur noch von der Universität vorgenommen werden.

Bemerkenswert ist, daß damit großenteils langjährige Forderungen der Studentenvertreter aufgenommen wurden. Trotzdem sind sich die meisten Studentenvertretungen in einer Ablehnung der Beschlüsse einig. Das liegt weniger an den kleineren Problemen. So stellen sich unsere Minister vor, der Stoff der ersten Semester (=Grundkurse) solle vor allem in Kleingruppen vermittelt werden (durch wen ?). Auch kommen wissenschaftliche Anforderungen (Hausarbeiten, Seminare, Wahlfachstudium) deutlich zu kurz. An beiden Fragen ließen sich noch Änderungen vornehmen, ohne das gesamte Paket in Frage zu stellen. Auch die Verkürzung von Fortgeschrittenenphase, Referendariat und Examenszeit um jeweils ca. ein Semester sollte sich bewerkstelligen lassen. Selbst über die Abschaffung des Referendariats mit seinen Verdienstmöglichkeiten (Volumen bundesweit: ca. 1 Mrd. DM, der eigentliche Grund für die Reform) ließe sich bei insgesamt verkürzter Ausbildung diskutieren.

Es bleiben jedoch zwei riesige Pferdefüße: Die Praxisphase soll nach wie vor durch Verwaltung, Richter, Staats- und Rechtsanwälte wahrgenommen werden, die von den Universitäten mit Lehraufträgen zu berufen sind, sprich: Auch hier wollen sich die Justizminister aus der Finanzierung zurückziehen und ihren Kollegen Kultusminister sowie den Universitäten den schwarzen Peter zuschieben. (Daher gibt es in diesem Bereich auch noch am ehesten Chancen, zu einer Änderung oder gar Verhinderung zu kommen.)

Zudem ist nach dem Examen noch eine Einarbeitungsphase zwingend vorgesehen, ohne die praktisch kein juristischer Beruf aufgenommen werden kann. War es bisher noch so, daß man sich nach dem zweiten Examen notfalls als Anwalt niederlassen und über Wasser halten konnte, wenn man keine Anstellung bekam, soll man ohne eine solche Anstellung in Zukunft einfach nur noch arbeitslos sein. Insgesamt also Beschlüsse, die selbst bei Abmilderungen vor allem zu Lasten der Studierenden gehen würden. Wer sich für den Wortlaut der Beschlüsse interessiert, kann sie bei uns im Raum einsehen.

Philipp Franck
gekürzt von Lars Lehmann



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