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Rekonstruktion der Baugeschichte

Ein großes Problem stellt die Datierung der mittelalterlichen Kirchen des Teltow dar. Von keiner dieser Kirchen sind Unterlagen (z. B. Weiheurkunden oder Weiheinschriften) erhalten, die über die Bauzeit Aufschluß geben. Lediglich eine Urkunde (von 1305) hat sich erhalten, in der zwei Teltow-Kirchen (Dahlewitz und Groß-Kienitz) erwähnt werden. Das Ausstellungsjahr muß der Bauzeit der beiden Kirchen bzw. dem Abschluß der Bauarbeiten sehr nahe kommen. Übrigens sind diese beiden Kirchen, erbaut unter demselben Patron, in vielen Einzelheiten einander sehr ähnlich. Alle anderen mittelalterlichen Dorfkirchen des Teltow sind im Grunde nicht direkt und urkundlich zu datieren. Auch viele spätere Umbauten und Wiederaufbauten, wie sie sich an der Änderung der Mauerwerksausführung bzw. der Veränderung der Fenster und Portale erkennen lassen, kann man nur relativ in der Reihenfolge der Veränderungen einstufen. 

Ausgrabungen wurden bisher an und in den Kirchen des Teltow mit wenigen Ausnahmen nicht durchgeführt. Die Mauerwerksausführung, die bisher hauptsächlich für eine zeitliche Einstufung benutzt wurde, hat sich als nicht zuverlässig herausgestellt. Die Stilelemente wie Portale, Fenster und Bauschmuck geben für die Datierung nicht viel her. Glocken und andere bewegliche Ausstattungsstücke können von anderen Kirchen oder Vorgängerbauten stammen.

Wir sind daher auf vergleichbare und datierte Kirchen mit ähnlicher Baustruktur, Stilelementen, Mauerwerksausführung u.a. angewiesen. Wir glauben, daß die Berücksichtigung aller verfügbaren Merkmale auch die verhältnismäßig beste Datierung ergeben wird. Auch die politischen Verhältnisse im mittelalterlichen Teltow müssen noch berücksichtigt werden. Aber auch diese indirekten Datierungshilfen müssen sehr kritisch betrachtet werden.

Die Kirchen wurden meist nicht in einem "Ruck" gebaut. Generell ist mit einer Bauzeit von mehreren Jahren zu rechnen. Für die meisten Dorfkirchen sind wohl sogar mehrere Jahrzehnte zu veranschlagen. Auch können zwischen den einzelnen Bauabschnitten vielleicht mehrere Jahrzehnte liegen. Sehr deutlich ist dies bei den Türmen abzulesen, wo zwischen den einzelnen Bauphasen u.U. Jahrhunderte liegen können. Wir unterscheiden hier mehrphasige Bauten, wobei die einzelnen Bauteile der Kirche im Bauplan ursprünglich angelegt waren, aber in deutlich unterscheidbaren Phasen auch realisiert wurden. Anbauten waren im ursprünglichen Bauplan nicht enthalten.

In der Regel wurden zuerst Apsis und Chor in einem Zug gebaut und vielleicht mit einer provisorischen Westwand versehen oder als Anbau an einen hölzernen Vorgängerbau errichtet. Danach folgten Schiff und Westturm bei den Kirchen mit vierteiligem Baukörper. Wir kennen Beispiele aus dem Fläming (z.B. Bergholz), wo der Turm zwar offensichtlich im ursprünglichen Bauplan enthalten war, aber erst in einer dritten Bauphase realisiert worden ist.

Sehr schön ist dies an der Kirche in Großmachnow zu sehen, wo Chor und Apsis sorgfältiger gemauert sind als Schiff und Turm. Schiff und Turm wurden anscheinend bis etwa 3 m Höhe hochgemauert und erst nach einer deutlichen Unterbrechung in etwas unterschiedlicher Mauerwerksausführung weitergeführt. 

Vorgängerbauten

Pomplun schreibt noch 1960 kategorisch "Alle Kirchenbauten unserer Gegend sind sofort in Stein errichtet worden und haben keine Vorgänger in Holz gehabt." Selbst für die damalige Zeit war das eine sehr selbstsichere und durch nichts zu beweisende Feststellung, freilich ließ und läßt sich auch nicht das Gegenteil beweisen.
Im Bereich des Lausitzer Braunkohletagebaues sind viele Ortschaften dem Abbau zum Opfer gefallen. In jüngerer Zeit wurden diese Dörfer und ihre Kirchen vor ihrer Zerstörung archäologisch untersucht. Dabei ergab sich, daß acht von neun untersuchten Kirchen hölzerne Vorgängerbauten hatten. In Wolkenberg wurde die neue Steinkirche sogar um die alte Holzkirche herumgebaut. Vermutlich wurde sie so lange benutzt, bis das Dach der neuen Kirche fertig war. Auch im Teltow müssen wir damit rechnen, daß den mittelalterlichen Steinbauten kleinere, hölzerne Kirchen vorausgingen.
Allerdings ist auch damit zu rechnen, daß Vorgängerbauten aus Holz gestanden haben, bevor mit dem Bau von Steinkirchen begonnen worden ist. In Deutsch Wusterhausen dürfte zuerst ein Holzbau gestanden haben, an den ein steinerner Chor angebaut worden ist. Erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt dürfte das hölzerne Schiff abgerissen und durch einen Steinbau ersetzt worden sein. 

Als Beispiel einer Baugeschichte ist hier die Rekonstruktion der Baugeschichte der Kirche von Dollenchen, Kreis Finsterwalde wiedergegeben (aus Agthe, Becker & Wetzel, 1991).

a. Holzkirche, b. Fundamentierung der Steinkirche und Abriß eines Teils der Holzkirche zum Bau der Steinkirche. c. Nutzung der Holzkirche während der Bauausführung der Steinkirche, d. Abriß der Holzkirche und Überdachung der Steinkirche, der Ostgiebel nur verbrettert, e. Abriß des westlichen Dachteils, Aufmauerung des Turmes und des Ostgiebels (aus Agthe et al., 1991).

Die Baugeschichte der Dorfkirche von Wolkenberg ist durch die Datierung von Bauhölzern weitgehend abgesichert.


Ein weiteres Beispiel einer durch Dendrochronologie datierten Baugeschichte ist die (jetzt zerstörte) Kirche in Wolkenberg bei Spremberg.
1. erster Holzkirchenbau
2. zweiter Holzkirchenbau
3. Anbau eines Turmes (um 1418)
4. Baubeginn der Steinkirche (vermutlich in der 30er Jahren des 15. Jh.)
5. Fertigstellung der Steinkirche (1442/3)
6. Aussehen nach den Umbauten im 18./19. Jahrhundert
(Aus Agthe, 1994).

Die Rekonstruktion der Baugeschichte der Teltow-Kirchen ist mit vielen Fragezeichen und Unsicherheiten behaftet. Generell müssen wir annehmen, daß wesentlich mehr Veränderungen über die Kirchen ergangen sind, als wir im allgemeinen so annehmen. Im Fall der Dorfkirche von Thyrow ist sogar die Baustruktur verändert worden. Prinzipiell müssen wir auch bei anderen Dorfkirchen damit rechnen, daß etwa eine Apsis abgerissen worden ist und durch einen geraden Chorschluß (eingezogen oder nicht eingezogen) ersetzt worden ist.


Letzte Änderung: 16.4.2005


©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005