Vortr. Pflanzenzüchtg.
61, 117-125, 2003
Funktion von Cryoprotectin bei der Frosthärte von
Nutzpflanzen
Silke M.
Schilling1, Carsten A.
Köhn1, Hany A.M.
Sror1,3, Gilbert
Tischendorf1, Dirk K.
Hincha1,2 und Jürgen M.
Schmitt1
1Institut für Biologie,
Pflanzenphysiologie, Königin Luise Str. 12-16, 14195
Berlin; Deutschland; 2Max-Planck-Institut für Molekulare
Pflanzenphysiologie, D-14424 Potsdam, Deutschland;
3permanent address: Biochemistry Department, Faculty of
Agriculture, Ain-shams University, Kairo, Ägypten
Zusammenfassung
Schäden durch Frost stellen in unserer
Klimazone einen der begrenzenden Faktoren
landwirtschaftlicher Produktivität dar. Wir konnten
Proteine aus winterharten Kohlblättern identifizieren, die
Membranen gegen Frostschaden spezifisch und hochwirksam
schützen. Diese kryoprotektiven Proteine (Cryoprotectine)
stabilisieren pflanzliche Membranen in Anwesenheit von Eis.
Ihr Wirkmechanismus ist in keinem anderen biologischen
System beschrieben. Cryoprotectine sind homolog mit
Mitgliedern der wax9 Genfamilie. WAX9-Proteine
können Lipide in vitro zwischen Membranen
transportieren, sie zeigen Lipidtransferaktivität. Durch
Expression aller bekannten Vertreter der wax9
Genfamilie in E. coli konnten wir zeigen, dass
zwei Isoformen (b,e) Lipidtransferaktivität aber keine
Frostschutzaktivität besitzen. Zwei weitere Vertreter (a,d)
sind kryoprotektiv, können aber Lipide nicht transferieren.
Kryoprotektion ist daher eine neue funktionale Eigenschaft
der WAX9-Proteine. Wir sind dabei, die Gene der
Cryoprotectine in Arabidopsis thaliana zu
exprimieren, um die Wirksamkeit der Proteine in
vivo zu überprüfen und die Möglichkeit
molekulargenetischer Verbesserung der Frostresistenz zu
testen.
Zelluläre Folgen des Gefrierens
Wenn wir Pflanzen gegen Frost schützen
wollen, so müssen wir verstehen, wie die Schäden entstehen.
Wenn am natürlichen Standort die Temperaturen unter den
Gefrierpunkt sinken, gefriert das Wasser außerhalb der
Zellen im Apoplasten. Je tiefer die Temperatur sinkt, desto
mehr wachsen die winzigen Eiskristalle im Gewebe auf Kosten
des Wassers in den Zellen, welches wegen der sich
erhöhenden Konzentration an gelösten Stoffen nicht
gefriert.
Die Wasserverluste der Zellen können dramatisch sein. Bei
-20° C kann der Gehalt an Wasser innerhalb der Zelle auf
unter 5% absinken. Frostschäden sind - direkt oder indirekt
- eine Folge des extremen Verlustes an flüssigem Wasser mit
mindestens zwei potentiell schädlichen Folgen:
(a) Alle gelösten Stoffe innerhalb der Zelle werden stark
aufkonzentriert und die Zelle kontrahiert sich infolge des
Wasserverlustes. Man kann errechnen, dass bei -20 °C die
Konzentration gelöster Teilchen in der Zelle etwa das 25-
bis 40-fache der normalen Konzentration beträgt. Die
membranschädigende Wirkung hochkonzentrierter Salze und
organischer Säuren kann in vitro leicht
nachgewiesen werden (Schmitt et al. 1985). Die
hohe Konzentration an gelösten Stoffen stellt gleichzeitig
eine Belastung für die zelluläre Kompartimentierung dar, da
die Diffusion von Metaboliten in fremde Kompartimente
begünstigt wird (Bakaltcheva et al. 1992; Hincha
and Schmitt 1988). Dieser Schadenstyp wurde als
chemischer Schaden bezeichnet (Hincha and Schmitt
1985).
(b) Der Dehydratation beim Gefrieren folgt die
Rehydratation beim Tauen. Die kontrahierte Zelle
expandiert. Die Zellmembranen dehnen sich wieder aus. Die
Volumenänderungen stellen eine große mechanische
Belastung für alle zellulären Membranen dar (Hincha and
Schmitt 1985).
Es besteht weitgehende Übereinstimmung darüber, dass ein
Gefrier-/Tauzyklus bei empfindlichen Pflanzen in erster
Linie, wenn nicht ausschließlich, zelluläre Membranen
irreversibel schädigt. Dabei scheint der belastende Faktor
der Volumenexkursion relativ gut gesichert; eine direkte
chemische Schädigung von Membranen durch die hohen
Konzentrationen gelöster Substanzen in vivo ist
bis jetzt nicht klar belegt (Hincha and Schmitt 1992;
Krause et al. 1988; Steponkus 1984).
Experimentelle Strategien zur
Frostresistenz-Aufklärung
Es sind in den letzten Jahren zahlreiche
Arbeiten erschienen, die unter Härtungsbedingungen vermehrt
auftauchende Polypeptide oder Transkripte
beschreiben. Das Problem liegt jedoch darin, zu
entscheiden, welche davon ausschließlich zur metabolischen
Anpassung an niedrigere Wachstumstemperaturen dienen
(Holaday et al. 1992) und welche im Gegensatz dazu
eine direkte Funktion im Härtungsprozess besitzen. In nur
einem Fall ist es bisher gelungen, eine Funktion
in der Frostresistenz nachzuweisen. Das Protein, das durch
cor 15 in Arabidopsis kodiert wird, kann
einen moderaten Schutz der photosynthetischen Funktion
(Erniedrigung der LT50 um ca. 2 °C) bewirken. Sowohl in der
Sequenz als auch in der Wirkungsweise ist cor 15
jedoch von Cryoprotectin verschieden (Artus et al.
1996).
Eine weitere Strategie setzt auf der regulatorischen Ebene
an: Konstitutive Expression des Transkriptionsfaktors CBF1
beziehungsweise seines Homologs DREB1A in transgenen
Arabidopsis aktiviert die Expression von mehreren
kälteregulierten (cor) Genen ohne vorherige
Härtung durch eine Kälteperiode und verbessert dadurch die
Gefriertoleranz um bis zu 3° C (Jaglo-Ottesen et
al. 1998; Liu et al. 1998). Diese Ergebnisse
stützen die genetischen Befunde, dass Frosttoleranz
multigen bestimmt ist. DREBA1A erzeugt im Gegensatz zu CBF1
jedoch einen Zwergen-Phänotyp. Die Ursache dafür ist
unklar.
Aufklärung des Schadmechanismus
Die Voraussetzung zur Verbesserung des
Gefrierschutzes ist es, den Mechanismus des Frostschadens
zu beschreiben und kausal zu verstehen. Unsere
Arbeitsgruppe hat sich auf die Aufklärung der molekularen
Mechanismen der Frosthärtung und Frostresistenz bei
photosynthetischen Membranen konzentriert.
Im Reagenzglas können die beiden oben erwähnten
Schadenstypen - mechanischer und chemischer Schaden -
leicht nachgewiesen werden. Wir konnten zeigen, dass im
Gegensatz zu frühen Theorien (Heber et al. 1981)
der mechanische Schaden beim Gefrieren des intakten Blatts
eine bedeutende Rolle spielt (Hincha et al. 1987).
Dieser Befund hat es notwendig gemacht, einen neuen
in-vitro Test auf Gefrierschaden zu entwickeln.
Der traditionelle Test, der die gefrierbedingte
Inaktivierung der Photophosphorylierung mißt, war nicht
geeignet, zwischen den Schadensarten zu diskriminieren. Wir
messen nun die Membranzerreißung direkt (Hincha and Schmitt
1992).
Photosynthetische Membranen werden aus Spinatpflanzen
isoliert und im Reagenzglas unter genau definierten
Bedingungen eingefroren. Diesen membranhaltigen Lösungen
können vor dem Einfrieren Stoffe zugesetzt werden, von
denen man vermutet, dass sie Gefrierschäden mildern. Nach
einem Gefrier/Tau-Zyklus wird die Intaktheit der Membranen
bestimmt (Hincha and Schmitt 1992) und auf diese Weise
Schädigung oder Schutz festgestellt. Erst dieses Testsystem
hat es möglich gemacht, Substanzen gleich welcher Art, auf
mögliche kryoprotektive Wirkung gegen mechanischen
Frostschaden zu untersuchen.
Cryoprotectin
Wir haben aus frostharten Blättern des Kohls
(Brassica oleracea L.) Proteine isoliert, die
Thylakoidmembranen im Reagenzglas gegen Frost schützen
(Hincha et al. 1989; Hincha et al. 1990).
Wir nennen diese Proteine Cryoprotectine. Cryoprotectine
sind in ungehärteten Blättern nicht nachzuweisen. Bezogen
auf das Molekulargewicht sind sie etwa 50 000-fach so
wirksam wie der bekannte Schutzstoff Saccharose. Wenige µg
genügen, um einen vollständigen Schutz von
Thylakoidmembranen (entsprechend 500 µg Chlorophyll) im
Reagenzglas zu erzielen. Ob die Proteine mit früher
beschriebenen kryoprotektiven Proteinen (Volger and Heber
1975) identisch sind, ist unklar, da früher der nicht
zwischen den Schadensarten diskriminierende Test verwendet
wurde.
Wirkmechanismus des Cryoprotectins
Die Cryoprotectine aus Blättern sind im
Mechanismus ihrer Wirkung nur teilweise charakterisiert. Es
ist jedoch sicher, dass sie Thylakoidmembranen in
vitro vor dem mechanischen Schaden der
Membranzerreißung schützen (Hincha et al. 1990).
In dieser Eigenschaft unterscheiden sie sich grundlegend
von allen anderen beschriebenen Proteinen, denen eine
potentielle Rolle beim Frostschutz zugeschrieben wird. Alle
bisher beschriebenen "Frostschutzproteine" sind in ihrem
Wirkmechanismus entweder unbekannt oder sie beeinflussen
den Frostschaden nur indirekt über einen fördernden oder
hemmenden Einfluß auf die Eisbildung, wie zum Beispiel die
kristallisationshemmenden Proteine der arktischen und
antarktischen Fische (DeVries and Cheng 1992) oder die
kompartiment-spezifischen nukleationsfördernden
beziehungsweise nukleationshemmenden Proteine bei Insekten
(Duman et al. 1992). Thermische Hysterese ist
jedoch nur über eine geringe Temperaturspanne möglich und
sobald das Wasser einmal kristallisiert ist, sind
Fisch-Hystereseproteine nicht fähig, Thylakoidmembranen zu
schützen (Hincha et al. 1993; Tomczak et al.
2001).
Es gibt Hinweise darauf, dass Cryoprotectin die
Permeabilität von Membranen modulieren kann. Dadurch wird
die Membran undurchlässiger für gelöste Stoffe.
Cryoprotectin wirkt also, indem es die Membranen abdichtet.
Wenn die Membranen gegenüber gelösten Stoffen weniger
durchlässig sind, so verbleiben alle Moleküle innerhalb der
Zelle während des Gefrierens dort wo sie ursprünglich waren
und auch hingehören. Auf diese Weise kann also die
zelluläre Kompartimentierung auch im gefrorenen Zustand und
bei drastisch erhöhter Konzentration der gelösten Stoffe
aufrecht erhalten werden.
Cryoprotectin ist kationenabhängig. Es benötigt zur
Aktivität sowohl Kalzium als auch Mangan (Sieg et al. 1996)
und ist mit dieser Eigenschaft einigen Lektinen aus
Leguminosen ähnlich, die ebenfalls kalzium- und
manganabhängig sind.
Reinigung von Cryoprotectin
Wir haben Cryoprotectin bis zur Homogenität
gereinigt. Das Polypeptid hat im denaturierenden Gel ein
apparentes Molekulargewicht von 7 kDa. Wir haben vom
Aminoterminus und von tryptischen Fragmenten
Aminosäuresequenzen mit einer Gesamtlänge von 38
Aminosäuren bestimmt (Hincha et al. 2001). Die
Sequenzanalyse ergab, dass Cryoprotectin zur Klasse der
Lipidtransferproteine (LTP) gehört (Kader 1996) . Die Gene
für LTPs aus Brassica werden mit wax9
bezeichnet (Pyee et al. 1994). In Pflanzen
existieren die LTPs generell als Mitglieder einer
Genfamilie. Wir müssen Cryoprotectin aufgrund der
Sequenzähnlichkeiten als Mitglied der wax9
Genfamilie ansprechen. Die N-terminale Sequenzierung hat
gezeigt, dass in HPLC-gereinigtem, elektrophoretisch
homogenem Cryoprotectin eine Mischung aus mindestens drei
verschiedenen Polypeptiden vorliegt. Die dominante Sequenz
entspricht dem Gen wax 9a, weiterhin sind aber b
und d in geringem Maße vorhanden.
Die funktionale Rolle von LTPs in der Zelle ist weitgehend
ungeklärt. Die putative Funktion, der Transport von
Phospholipiden zwischen Membranen, ist eine reine in
vitro-Eigenschaft. Hinzu kommt das weitere Problem,
dass inzwischen viele Sequenzen LTP-ähnlicher Proteine
bekannt sind, in den wenigsten Fällen jedoch deren
Aktivität nachgewiesen wurde (Kader 1996). So gibt es z.B.
keine publizierten Daten darüber, ob WAX9 aus Brassica
oleracea Lipidtransferaseaktivität besitzt.
In der Tat ist ein LTP-Homolog beschrieben worden, das
antimikrobielle Aktivität (Cammue et al. 1995),
nicht jedoch Lipidtransferaktivität besitzt. Die
Unfähigkeit zum Lipidtransport konnte auf einen Unterschied
in lediglich zwei Aminosäuren zurückgeführt werden, die die
Bindungsstelle für die Fettsäure blockieren (Tassin et
al. 1998). Die LTP-Genfamilie umfasst also Mitglieder
mit heterogener Funktion.
Klonierung
Ausgehend von den aus Brokkoli bekannten
Sequenzen haben wir an den hochkonservierten Stellen Primer
sehr niedriger Redundanz hergestellt, mit denen es uns
gelang, alle aus Brassica oleracea bekannten LTPs
(a bis d) zu klonieren. Außerdem haben wir auf diesem Weg
ein neues, bisher nicht bekanntes Mitglied der Genfamilie
als cDNA kloniert, welches wir wax9e nennen
(Genbank accession AF093751; Abb. 1).
Cryoprotectin kann Phosphatidylcholin nicht
transportieren
Da Cryoprotectin ein Mitglied der
LTP-Genfamilie ist, war es von großem Interesse, zu prüfen,
ob es auch die entsprechende Funktionalität besitzt. Wir
haben deshalb im fluorimetrischen Test geprüft, ob
Cryoprotectin Phosphatidylcholin transportieren kann
(Neukamm 1998). Überraschenderweise war keine
Lipidtransferaktivität nachweisbar.
WAX9e 1 MAGVMKLACLVLACMIVAGPITANAALTCGTVNSNVAPCIGYITQGGP-LPRACCTGVSK
Cryo ALTCGTVNSNVAPCIGYITQGGT
WAX9a 1
........................R......................T-..G........
WAX9b 1
...LV..S.............AT....S....SG.L.A....L..N......G.....TN
WAX9c 1
...L..................SK...S.....T...A....L.V.-A-...........
WAX9d 1
...L......IF..........S....S....SGY.......LA.NA.AV.T...S..TS
consensus 1
***..**.**..*********....**.****....*.****........*..**.**..
WAX9e 60
LNSMARTTPDRQQACRCLKTAASALGPNLNAGRAAGIPKACGVSVPFPISTNT---NCNNVK
Cryo CLVGAVN L-PTLNAARAAGLPKACGVNIPYK
WAX9a 60
..................E...R..............................---......
WAX9b 60
..N...............VG..NSF-.T...A....L......NI.YK..KS.---...S.R
WAX9c 59
...I......................SG........L......N......LL.RCI...S..
WAX9d 61
..N...............VG..N....TI.VA....L......NI.YK..KT.---...S..
consensus 61
**..**************..*........*..****.******..*..**..*...***.*.
Abb. 1 Sequenzen von LTPs und
Cryoprotectin. Verglichen werden die vier bekannten
Sequenzen (a-d) mit der Sequenz des cutikulären LTPs e und
der dominanten Sequenz des Cryoprotectins. Die putative
Transitsequenz ist unterstrichen (Hincha et al.
2001). Die Sequenz der
Isoformen a-e wurde aus der DNA-Sequenz übersetzt. Die
N-terminale Sequenz des reifen WAX9e wurde durch
Proteinsequenzierung über 25 Reste bestätigt.
Charakterisierung von LTP aus
Brassica
Aus
der Cuticula von Kohlblättern haben wir LTP isoliert.
Dieses Enzym war aktiv im Phosphatidylcholin-Transport, wie
wir im fluorimetrischen Test zeigen konnten. Es zeigte
jedoch keinerlei kryoprotektive Aktivität. Die N-terminale
Sequenzierung ergab eine einzige Sequenz. Diese war über
alle 25 Abbauschritte identisch mit der im Rahmen dieses
Vorhabens erstmals identifizierten Isoform wax9e
(Abb. 2).
Membranbindung von Cryoprotectin
Die oben geschilderten Versuche erlauben
eine klare funktionale Unterscheidung von Cryoprotectin und
LTP. Wir mussten daher unsere ursprüngliche
Arbeitshypothese aufgeben, dass kryoprotektive Aktivität
eine pleiotrope Eigenschaft von LTPs ist. Wir gehen nun
davon aus, dass sich die Kryoprotektion als eine
Spezialisierung aus dem Lipidtransport entwickelt hat. Es
gibt Hinweise darauf, dass eine Interaktion von
Cryoprotectin mit den Membranen eine notwendige Bedingung
für die Schutzwirkung ist (Hincha et al. 1996a).
Wir haben daher die Interaktion mit der Membran genauer
charakterisiert. Wir haben die Thylakoide nach der
Inkubation mit Cryoprotectin gewaschen und anschließend die
Schutzwirkung getestet. Dabei wurde darauf geachtet, dass
Cryoprotectin nicht im Überschuß vorhanden war. Die
kryoprotektive Wirkung erwies sich als resistent gegen die
Waschschritte. Eine Membranbindung konnte damit erstmals
experimentell gezeigt werden (Schilling et al.
2003b; Sror et al. 2003).
Aus den funktionalen Untersuchungen wurde klar, dass
kryoprotektive Aktivität nicht wie ursprünglich vermutet
ein Nebeneffekt des Lipidtransports ist. Es war daher
notwendig, die einzelnen Isoformen funktional zu
charakterisieren. Aus der Cuticula konnten wir
ausschließlich das von wax 9e kodierte LTP
isolieren, welches, wie erwähnt, in vitro die
Fähigkeit zum Phospholipidtransport besitzt, jedoch nicht
kryoprotektiv ist.
Die Funktion der Isoformen a bis d, von denen vielleicht
eine oder mehrere kryoprotektiv sind, ist unklar. Versuche,
diese Isomere chromatografisch zu trennen, haben sich als
äußerst schwierig gestaltet, und bei der geringen Menge an
Ausgangsmaterial oft zum Totalverlust geführt. Wir wollen
daher die funktionale Charakterisierung der Isomere durch
Klonierung und Expression in E. coli erreichen.
Ein zentrales Anliegen dieses Vorhabens war es daher, die
fünf bekannten wax9- Gene aus Kohl zu klonieren
und zu exprimieren, um festzustellen, welche der Proteine
kryoprotektive Aktivität besitzen. Die Klonierung und
Expression ist inzwischen für alle fünf Isoformen gelungen
(Schilling et al. 2002). Vier dieser Proteine
konnten in löslicher Form aus E. coli gewonnen
werden (WAX9a, WAX9b, WAX9d und WAX9e). WAX9c befand sich
in der unlöslichen Fraktion (inclusion bodies) und
konnte bisher noch nicht in ausreichender Menge in Lösung
gebracht werden. Die klonierten Proteine wurden auf ihre
Aktivität im Lipidtransfertest und im Gefrierschutztest
untersucht. Zwei der Proteine, WAX9b und WAX9e, zeigten
Lipidtransferaktivität. Das bestätigt für WAX9e, unsere
vorherigen Daten, wo wir gezeigt hatten, daß dieses Protein
aus der Cutikula von Kohlpflanzen Lipidtransferaktivität
besitzt (Hincha et al. 2001). Die LTP-Aktivität
von WAX9b wurde zuvor noch nicht nachgewiesen. Diese
Ergebnisse zeigen auch, daß die Proteine in einem
funktionalen Zustand waren und wir können schließen, daß
die vier Disulfidbrücken der Moleküle in dem von uns
verwendeten oxydierenden E.coli-Wirt korrekt
geformt wurden. Bei beiden LTPs konnte keine kryoprotektive
Aktivität nachgewiesen werden.
Im Gegensatz dazu waren WAX9a und WAX9d im
Gefrierschutztest aktiv, zeigten jedoch keinerlei
Lipidtransferaktivität. Es ist uns also gelungen, die
kryoprotektive Aktivität nun auch auf dem Weg der
Klonierung nachzuweisen und einzelnen Vertretern dieser
Genfamilie zweifelsfrei zuzuordnen. Bemerkenswert ist auch,
daß - soweit wir das bis jetzt sagen können -
Lipidtransferaktivität und kryoprotektive Aktivität sich
gegenseitig ausschließen (Schilling 2003a).
Wir haben alle fünf Vertreter der Genfamilie in einem
binären Vektor umkloniert und damit
Arabidopsis-Pflanzen transformiert. Auf selektiven
Medien konnten transformierte Pflanzen gewonnen werden, die
wir zur Zeit vermehren, um sie in Erdkultur zu überführen.
Wir hoffen in Kürze Gefriertests mit diesen Pflanzen
durchführen zu können.
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