Text aus:
Herwig Büchele und Lieselotte Wohlgenannt:
Grundeinkommen ohne Arbeit
1985, ISBN 3-203-50898-2
Katholische Sozialakademie Österreich

Inhalt: Grundeinkommen ohne Arbeit

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4.5. Indirekte ökonomische Effekte (Übersicht V)

In den Vergleich der verschiedenen Szenarien müssen mögliche Auswirkungen auf den einzelnen und auf die Gesellschaft mit einbezogen werden. Dabei stellen sich folgende Fragen:

(1) Wie abhängig ist der Grundeinkommensbezieher in seiner ökonomischen und damit menschlichen Existenz? Wo wird er unabhängiger? Wo entstehen neue Abhängigkeiten? Wie groß ist sein Handlungsspielraum? Erhöht sich seine Erpreßbarkeit, oder bewirkt das Grundeinkommen größere Autonomie? Gerät er in die Gefahr einer "Armutsfalle", die darin bestehen wurde, daß Grundeinkommenbezieher immer mehr ins gesellschaftliche Abseits gedrängt werden, ohne Chance auf Erwerbseinkommen und gesellschaftliche Anerkennung?

(2) Wie ändert sich durch das Grundeinkommen die Abhängigkeit jener, die andere Sozialleistungen (Pensionen, Arbeitslosenunterstützungen, Sozialhilfe) erhalten, falls diese nicht durch das Grundeinkommen ersetzt werden? Wie ändern sich Kontrollen, die Notwendigkeit, das Bedürfnis nachzuweisen und zu kontrollieren, Anwartschaften zu begründen...?

(3) Wie verändert sich der Verwaltungsaufwand? Bewirkt ein Grundeinkommen eine Vereinfachung und Einsparungen in der Sozialverwaltung, oder wird dadurch eine neue Bürokratie geschaffen?

 

(4) Wie verändert sich die sekundäre Motivation für Grundeinkommensbezieher? Wird es nach wie vor notwendig sein, um "jeden Preis" zu arbeiten (etwa wegen einer Koppelung mit Arbeitsbereitschaft)? Bleibt der ökonomische Zwang bestehen, Einkommen zusätzlich zu erwerben? Bleibt die Verteilung von Lebenschancen, Prestige und Macht an den Arbeitsplatz gebunden, oder ist auch hier eine Entkoppelung möglich?

 

(5) Verändert sich die primäre Motivation, im formellen Sektor zu arbeiten? Werden Arbeitsplätze humanisiert, attraktiver gestaltet, gibt es mehr Mitbestimmung? Oder werden - im Gegenteil - Löhne gedrückt und arbeitsrechtliche Bestimmungen außer Kraft gesetzt, mit dem Hinweis auf das Grundeinkommen? Wächst die Freude an der Arbeit und an der eigenen Leistung, die Herausforderung zu lernen, sich zu qualifizieren? Entwickelt sich das Interesse, gemeinsam mit anderen etwas zu tun?

(6) Wie verändert sich die Lebensqualität durch ein gegebenes Grundeinkommen? Ergeben sich größere Spielräume für die eigene Lebensgestaltung, für die Entstehung von Neuem? Wie verändert sich das menschliche Klima? Entsteht die Gefahr, daß Außenseiter und Unterprivilegierte noch mehr an den Rand gedrängt werden, oder sind ihre Chancen der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben größer? Wie entwickelt sich das Verhältnis zwischen den Generationen? Den Geschlechtern? Werden vorhandene Bedürfnisse materieller und immaterieller Art besser befriedigt, oder entstehen neue Abhängigkeiten?

Diese Fragen gehen weit über das hinaus, was in einer Übersicht dargestellt werden kann; sie werden später noch einmal, wenigstens ansatzweise, aufgegriffen. Zuvor sollen jedoch die quantifizierten Szenarien vorgestellt werden.


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