Text aus:
Herwig Büchele und Lieselotte Wohlgenannt:
Grundeinkommen ohne Arbeit
1985, ISBN 3-203-50898-2
Katholische Sozialakademie Österreich

Inhalt: Grundeinkommen ohne Arbeit

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3.4. Einkommensverteilung und Einkommensteuer

Einen Schritt weiter führt eine Studie von Bernd Genser/Robert Holzmann (1981), die die Verteilungswirkungen verschiedener möglicher Maßnahmen einer Steuerreform, auf das Jahr 1981 bezogen, untersuchten12. Nach ihrer Studie verteilten sich damals die lohnsteuerpflichtigen Jahresbruttoeinkommen wie folgt:

 

a) Mittelwert der untersten 10%    S  45.955

Mittelwert der obersten 10%    S  423.271

Bei einem mittleren Einkommen von 159.631 Schilling ergab sich damit ein Verhältnis von rund 1:9 zwischen dem untersten Dezil und dem obersten Dezil der Lohnsteuerzahler. Es bestehen Gründe für die Annahme, daß sich dieses Verhältnis inzwischen nicht sehr verändert hat.

Aufgrund dieser Einkommensätze wurden Lohnsteuersätze errechnet, die für die untersten 10% 0,95% des Gesamteinkommens, für die obersten 10% der Lohnabhängigen 21,27% des gesamten Einkommens betrugen. Diese Lohnsteuersätze steigen ungeheuer rasch im Bereich der unteren Einkommen: von 0,59 %für die untersten 10% auf 4,53% für das zweite Dezil und 6,91% für das dritte Dezil, danach verlangsamt sich die Steigerung des Steuersatzes sehr stark, um erst wieder im Bereich der hohen und höchsten Einkommen (9. und 10. Dezil) erneut sehr rasch anzusteigen.

Dies bedeutet, daß die unteren Einkommen von einer sehr starken Progression betroffen werden, die durch die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, die bis zur Höchstgrenze in einem gleichbleibenden Prozentsatz vom Gesamteinkommen erhoben werden, noch weiter verstärkt wird.

Dennoch entfallen auf die obersten 10% der Lohneinkommen allein rund 38% des gesamten Lohnsteueraufkommens, auf die obersten 30% zusammen zwei Drittel (67%) der Lohnsteuern. Dadurch reduziert sich der Unterschied zwischen den Nettoeinkommen der untersten 10% der Unselbständigen und der obersten 10% auf etwas weniger als 1:8. Nicht berücksichtigt ist dabei, daß die Bezieher höherer Gehälter häufiger auch zusätzliche Einnahmen aus selbständiger Arbeit oder Vermögen beziehen, wodurch der Abstand zwischen den niedrigen und den hohen Einkommen vergrößert wird.

Soweit zu den Lohnabhängigen, die etwa 80% der österreichischen Erwerbsbevölkerung ausmachen. Über die Einkommen der Selbständigen - rund 20% der Erwerbsbevölkerung - gibt es so gut wie keine Zahlen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß die Unterschiede zwischen Bergbauern und Kleinhändlern einerseits, niedergelassenen Ärzten, Immobilienmaklern und Industriellen andererseits wesentlich größer sind als die zwischen den Unselbständigen. Bezieher von hohen Einkommen dürften bei den Selbständigen wesentlich häufiger vertreten sein als bei den Unselbständigen. Im Budget 1984 stehen einem erwarteten Lohnsteueraufkommen von rund 79 Milliarden Schilling Einkommenssteuern von 24,3 Milliarden Schilling gegenüber.

Dieses Verhältnis läßt darauf schließen, daß bei den Einkommen - mehr noch als bei den Löhnen - eine gewisse Zahl von Veranlagten mit sehr hohen Einkommen vertreten sind, die ein Mehrfaches des Durchschnitts der obersten 10% betragen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß der überwiegende Teil der Erwerbseinkommen in Österreich -rund 90% - sich in einer Spannbreite von 1:10 bewegen. Die relativ niedrigen durchschnittlichen Steuerbelastungen bei hohen Grenzsteuersätzen, die ein starkes Belastungsgefühl hervorrufen, sind den vielen Ausnahmeregelungen und Steuerprivilegien zuzuschreiben, deren Aufhebung im Rahmen einer großen Steuerreform diskutiert wurde, aber am Widerstand der Interessengruppen vorläufig gescheitert ist.

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