Text aus:
Herwig Büchele und Lieselotte Wohlgenannt:
Grundeinkommen ohne Arbeit
1985, ISBN 3-203-50898-2
Katholische Sozialakademie Österreich

Inhalt: Grundeinkommen ohne Arbeit

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3.3. Niedrige Einkommen und Durchschnittseinkommen

Niedrige Einkommen sind in Österreich (wie anderswo) vor allem Sache der Frauen: verdienten 10% aller unselbständig Beschäftigten Österreichs im Juni 1983 (Mikrozensus) weniger als 5600 Schilling netto/Monat, so galt dies für jede 5. Frau, aber nur für jeden 24. Mann. Diese Angaben beziehen sich auf die normale 40-Stunden-Woche, Lehrlinge wurden nicht mitgezählt. Jede dritte Arbeiterin und jede achte Angestellte fällt in diese niedrige Lohnkategorie. Jede zehnte Arbeiterin verdient sogar weniger als 3580 Schilling netto. Für Arbeiter beträgt diese Grenze immerhin 6740 Schilling. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Frauen muß sich also - trotz voller Berufstätigkeit - mit einem Arbeitseinkommen abfinden, das unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz für Pensionisten (Juni 1983: 4173 Schilling) liegt.

Aus derselben Quelle (Mikrozensus 1983) kann man auch einen Überblick über die Verteilung der Personen -und Haushaltseinkommen der unselbständig Beschäftigten insgesamt gewinnen. Demnach liegt die Hälfte aller Nettoeinkommen von unselbständig Erwerbstätigen zwischen 7040 Schilling (unteres Quartil) und 11.870 monatlich (oberes Quartil), Überstunden mitgerechnet. Bei Zugrundelegung der 40-Stunden-Woche reduziert sich dieser Unterschied auf 6900 Schilling bis 10.590 Schilling, mit einem mittleren Wert von 8490 Schilling als Netto-Monatsbezug. Diese relativ geringen Unterschiede verdecken jedoch größere Disparitäten nach Stellung im Beruf, Schulbildung und Geschlecht. Arbeiter verdienen noch immer weniger als Angestellte, innerhalb der verschiedenen Kategorien von Arbeitern gibt es Einkommensunterschiede von 1:2. Angestellte mit Hilfstätigkeiten verdienen nur etwa ein Drittel dessen, was Angestellte mit führender Tätigkeit bekommen, Männer verdienen insgesamt bei gleicher Arbeitszeit um rund 40% mehr als Frauen. 1983 verdienten die bestverdienenden 10% der Unselbständigen fast ein Viertel der Ein‘ kommen, die obersten 20% zusammen 40% der Bruttolöhne.

Niedrige Frauenlöhne werden noch immer mit dem seltsamen Argument gerechtfertigt, daß Frauen ja nicht für den Lebensunterhalt, sondern nur für den Zusatzverdienst arbeiteten. Abgesehen davon, daß viele Frauen sich selbst und oft auch ihre Kinder durch ihre Arbeit erhalten müssen, sind auch die Familien auf den Verdienst der Frauen angewiesen, wie die Auswertung der Haushaltseinkommen nach dem Mikrozensus zeigt.

Das Netto-Pro-Kopf-Einkommen der Haushalte weist dank der Mitarbeit der Frauen geringere Unterschiede auf als die Personeneinkommen. Beträgt der Unterschied beim unbereinigten Personeneinkommen zwischen Hilfsarbeiter und Meister rund 1:2, so steht in der Familie des Vorarbeiters pro Kopf nur mehr rund um ein Viertel mehr Einkommen zur Verfügung. Dennoch: jede vierte Arbeiterfamilie verfügt über weniger als 4480 Schilling pro Kopf, jede vierte Familie von Unselbständigen insgesamt erreicht ein Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 5000 Schilling nach dem gewichteten Schlüssel des statistischen Zentralamtes (das heißt: 5000 Schilling für den ersten Erwachsenen, 3500 für den zweiten Erwachsenen, 1650 Schilling für ein Kleinkind, 3250 Schilling für ein älteres Schulkind). Ein Viertel der Angestellten mit Hilfstätigkeit erreicht nach diesem Schlüssel ein Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 4810 Schilling, beim bestverdienenden Viertel der Angestellten mit führender Tätigkeit ergibt sich ein Familieneinkommen. pro Kopf (ebenfalls gewichtet) von mehr als 13.140 Schilling.

Da allerdings persönliche Einkommen, und insbesondere die hohen, einer Art Tabu unterliegen, und die Auskunftsverweigerungen bei Beamten und Angestellten mit führender Tätigkeit hoch waren, sind die ermittelten Zahlen für die hohen Einkommen nicht sehr aussagekräftig. Können die Ergebnisse des Mikrozensus so keine verläßliche Auskunft über die gesamte Bandbreite der Einkommensverhältnisse der Unselbständigen geben, so kann man den Angaben über die niedrigen Einkommen dennoch trauen. Am schlechtesten gestellt sind alleinlebende Erwachsene mit Kindern. Diese insgesamt annähernd 60.000 Teilfamilien bestehen zu neun Zehnteln aus Frauen mit Kindern, deren Pro-Kopf-Einkommen durchschnittlich zwanzig bis dreißig Prozent unter dem Durchschnitt der österreichischen Arbeitnehmerhaushalte liegt. Unter den Arbeiterinnen mit Kindern lebt mehr als ein Viertel mit einem Einkommen, das unter dem Richtsatz für Pensionisten liegt.

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