Text aus:
Herwig Büchele und Lieselotte Wohlgenannt:
Grundeinkommen ohne Arbeit
1985, ISBN 3-203-50898-2
Katholische Sozialakademie Österreich

Inhalt: Grundeinkommen ohne Arbeit

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1.8. Zusammenfassung

All die Gründe, die wir anführten, um die Sinnhaftigkeit eines Grundeinkommens zu belegen, lassen sich in der Aussage zusammenfassen: aufgrund vielfacher psychischer, moralischer und materieller Abhängigkeiten sind die Menschen heute weithin unfähig, Alternativen zur reicheren Gestaltung ihrer persönlichen und der gemeinsamen Lebenswelt zu denken und zu wollen.

Wer verantwortlich leben will, ist heute weithin gezwungen, sich verantwortungslos einem anonymen Arbeitszwang zu unterwerfen, sich abhängig zu machen von Institutionen, die seine Freiheit zur eigenen Machtsicherung absorbieren, und sich als Mitläufer an einer Maschinerie zu beteiligen, die Tag für Tag mehr unsere Lebensgrundlagen bedroht.

Dieses System vielfältiger Abhängigkeit verführt den Menschen zu ritualisierten Kommunikationsbeziehungen, fixiert ihn auf einen Katalog ihm von außen auferlegten Gesetzesregeln, die seine Anpassung an die Konformität des "man-denkt" und des "man-tut" fördert und zum Konsens" Gleichgeschalteter führt, die still all das dulden und dem gewohnheitsmäßig zustimmen, was ihnen als ihr scheinbar eigenes Interesse von einem Kartell von Eliten vordefiniert und ausgefiltert wird.

Um freiheitsfähig zu sein, bedarf der Mensch der Möglichkeit, Alternativen zu wählen. Wer könnte und wollte bestreiten, daß für eine solche Wahl eine materielle Unabhängigkeit eine wesentliche Voraussetzung bildet? Ein Grundeinkommen könnte dem Menschen einen materiellen Freiraum sichern, in dem er seine Talente und Neigungen verwirklichen und so Profil gewinnen kann. Erfahrungsfelder könnten erschlossen werden, in denen soziale und sachliche Kompetenz erworben werden kann und wo die für unsere Gesellschaft so notwendige, sozial verantwortete Veränderungsbereitschaft Gestalt gewinnt.

Wer also heute einen politischen Beitrag dazu leisten will, daß die Bevormundung der Menschen durch persönliche und kollektive Instanzen gemildert wird, oder positiv formuliert, wer mehr persönliche und gesellschaftliche Freiheit wünscht, wird nicht herumkommen, die Einführung eines (symptomfreien) Grundeinkommens ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

Läßt sich eine solche These so zweifelsfrei behaupten, oder gibt es gute Gründe, die gegen ein solches Grundeinkommen sprechen? Es gibt sie.

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