Medialist 6.97: Radiokonflikte

Martin Recke (mr94@prenzlnet.in-berlin.de)
4 Feb 1997 11:08:57 GMT

Medialist 6.97: Radiokonflikte
Hgg. von Martin Recke


CLT-UFA-Beteiligung am Berliner Rundfunk problematisch -- Hege: "Frage
der Auswahlentscheidung"

Mit der Entscheidung der CLT-UFA-Tochter RTL Radio Deutschland, Bernd
Bauer als Aufsichtsrat beim Berliner Rundfunk einzusetzen, sind die
medienrechtlichen Probleme noch nicht gelöst.  Diese Ansicht vertrat
MABB-Direktor Hans Hege am 4. Februar.  Die Fusion von CLT und UFA
berühre, so Hege, die Auswahlentscheidung des Medienrats, aufgrund derer
Ende 1991 der Berliner Rundfunk privatisiert wurde.  Der Berliner
Rundfunk war damals als Konkurrent zu 104.6 RTL lizenziert worden.  

Mit der Fusion steht nun nach Ansicht der MABB die Selbständigkeit des
Senders in Frage.  Um einen "eventuellen Interessenkonflikt" zu
vermeiden, soll Bernd Bauer, der Geschäftsführer der Hamburger UFA Media
und Marketing, nach einem Beschluß der RTL Radio Deutschland im
Aufsichtsrat des Berliner Rundfunks sitzen (Medialist 5.97).  Bei den
anderen CLT-UFA-Radios werden RTL-Radiochef Bernt von zur Mühlen und
Geschäftsführer Jürgen Filla die Aufsichtsratsposten übernehmen.  Von
zur Mühlen führt auch die Geschäfte von 104.6 RTL.  

Für den Medienwächter Hege ist nicht das "Personenproblem"
ausschlaggebend, sondern die Frage, ob Bauer im Aufsichtsrat die
Interessen der CLT-UFA vertritt.  In der Entscheidung der vergangenen
Woche sieht Hege noch keine abschließende Regelung.  Die CLT-UFA-Fusion
habe den Radiosektor und die damit verbundenen Probleme bislang
vernachlässigt.  Insofern seien nun erst "Strukturen geschaffen", in
denen die offenen Fragen geklärt werden könnten.

Die UFA war ursprünglich nicht am Berliner Rundfunk beteiligt.  Ihren
Anteil hielt zur Zeit der Lizenzerteilung der G+J Berliner Zeitung
Verlag, ein Tochterunternehmen von Gruner+Jahr.  Die UFA übernahm Anfang
vergangenen Jahres deren Anteile.  Neben der UFA halten die DuMont Funk
+ Fernseh GmbH und das Märkische Verlags- und Druckhaus aus Potsdam
Anteile am Sender.  Nach MABB-Auffassung ist es zunächst Sache der
Gesellschafter, sich über eine Neuordnung zu einigen.  Einer
"Rückabwicklung" des Anteilsverkaufs an die UFA sei dabei im Rahmen der
bestehenden Lizenz unproblematisch.  Allerdings ist auch der G+J
Berliner Zeitung Verlag letztlich Bertelsmann und damit einem
Gesellschafter der CLT-UFA zuzuschreiben.

Die konzentrationsrechtlichen Bestimmungen des Berlin-Brandenburgischen
Medienstaatsvertrags spielen nach Darstellung Heges nur in zweiter Linie
eine Rolle.  Danach darf kein Veranstalter mehr als ein Vollprogramm und
ein Spartenprogramm produzieren.  Die CLT-UFA ist an Klassik-Radio (59,5
%) und an 104.6 RTL (100 %) jeweils maßgeblich beteiligt.  Sie hat nach
Angaben Heges angeboten, den Anteil bei Newstalk von derzeit 40 auf
unter 25 Prozent zu reduzieren, um diesen Bestimmungen gerecht zu
werden.  Am Berliner Rundfunk hält die CLT-UFA 30 Prozent der Anteile.
Zum Stand der Gespräche mit dem "Hauptansprechpartner" Berliner Rundfunk
wollte sich Hege nicht äußern.  Der Medienrat will sich in der kommenden
Sitzung mit dem Thema befassen.

Hege verwies auf die anstehende Neufassung des Medienstaatsvertrages,
bei der möglicherweise diese Regel fallen werde.  "Rechtspolitisch"
brauche die Medienanstalt diese regionale Konzentrationsbestimmung im
Bereich Radio auch nicht, da die Vielfaltsforderung auch die
Zusammensetzung der Gesellschafter betreffe und stets die schärfere
Regel sei.  UKW-Frequenzen seien weiterhin knapp, so der MABB-Direktor,
deshalb bleibe die Vielfaltsforderung vorrangiges Auswahlkriterium.
(mr)


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Berlin: Türkisches Radio kündigt Sendestart für Mai an -- "Weltweit
erste türkischsprachige Lizenz außerhalb der Türkei"

Im Mai dieses Jahres soll in Berlin ein türkischsprachiges kommerzielles
Radioprogramm seinen Betrieb aufnehmen.  Dies kündigten Vertreter der
Veranstaltergesellschaft "Makaria" am 31. Januar in Berlin an.  Geplant
ist nach Angaben der Gesellschafter ein 24stündiges Programm mit
populärer türkischer Popmusik, Berichterstattung mit Berliner
Schwerpunkt und Ratgeber-Programmelementen.  Bis zu dreißig
Arbeitsplätze will der Münchner Medienmanager Herbert F. Schnaudt, der
das "Projektmanagement" betreibt, mit dem Radio schaffen.  Ein Name für
den Sender wird noch gesucht.

80 Prozent der Makaria-Anteile hält die türkische Mediengruppe
Prime-Holding, eine Tochter der Rumeli-Holding, die unter anderem im
Bankensektor, im Bereich Elektronik und im Baugewerbe tätig ist.  Der
Prime-Holding gehören zwei kommerzielle Fernsehsender und sieben
Hörfunksender (darunter Super FM und Metro FM) in der Türkei.  Mit je
zehn Prozent sind Herbert F. Schnaudt (zwischenzeitlich Geschäftsführer
von Spreeradio) und der Frankfurter Medienanwalt Heinz-Werner Ehlgen als
Gesellschafter beteiligt.  Der MABB-Medienrat hatte im November die
Makaria GmbH für die UKW-Frequenz 94,8 MHz ausgewählt.

Nach Angaben von Herbert F. Schnaudt zielen die Veranstalter auf eine
Reichweite von 30.000 bis 40.000 Hörern in der Durchschnittsstunde ab.
Die Station soll den türkischen Werbemarkt in Berlin erschließen, der
derzeit erst 15 bis 20 Prozent seines Potentials ausschöpfe.  Schnaudt
rechnet auch mit Werbeeinnahmen von Unternehmen aus der Türkei, die ihre
Produkte nach Deutschland liefern.  Ein Werbespot solle zwischen 100 und
250 Mark kosten. Der Etat umfasse eine "mittlere einstellige Größe", die
Gewinnzone solle im dritten Jahr erreicht werden, so Schnaudt.  Die
Station will ihren Sitz in Berlin-Kreuzberg nehmen.  (mr)


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Berlin: Kiss-FM-Gründerin Dornbrach ausgeschlossen -- Schiedsspruch
gerichtlich bestätigt

Die Gründerin des Berliner Kommerzradios Kiss FM wird aus dem Kreis der
Gesellschafter ausgeschlossen.  Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg
bestätigte in der vergangenen Woche den Schiedspruch, mit dem der
Ausschluß festgestellt worden war.  Dies erklärte Carsten Neitzel, der
die Kiss-Gesellschafter Frank Otto und Europa Plus vertritt, am 4.
Februar.  Damit seien nach seinem Kenntnisstand alle Rechtsmittel
ausgeschöpft.

Costoula Dornbrach hielt zuletzt 24,8 Prozent der Anteile an der
Station, die ein "Urban-Dance"-Musikformat spielt und als "DJ-Radio"
angetreten war.  Die Anteile der anderen Gesellschafter werden nach
Angaben Neitzels nun den Quoten entsprechend neu verteilt.  Neben Frank
Otto, der bislang 25,2 Prozent hielt, sind Europa Plus und Nikolaos
Chrissidis mit je 25 Prozent beteiligt.  Konzentrationsrechtliche
Schwierigkeiten sind dadurch nicht zu erwarten.  

Frank Otto und Europa Plus sind in Berlin auch am Talkradio Newstalk zu
je 20 Prozent beteiligt.  Frank Otto hatte zwischenzeitlich mit 50,2
Prozent eine Mehrheit an Kiss FM besessen, sich davon jedoch auf
Betreiben der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) getrennt, um
Gesellschafter bei Newstalk zu werden, das gemeinsam mit der
CLT-UFA-Tochter RTL Radio Deutschland betrieben wird.

Das Ausschlußverfahren gegen Costoula Dornbrach lief bereits seit dem
Herbst 1995, nachdem im Frühjahr desselben Jahres heftiger Streit
zwischen Dornbrach und Frank Otto über die Richtung des Senders
ausgebrochen war.  Anfang vergangenen Jahres fiel die Entscheidung gegen
Dornbrach, die anschließend Rechtsmittel dagegen einlegte.  Hintergrund
der Auseinandersetzungen war die Befürchtung, Frank Otto und der von ihm
benannte Kiss-Chef Andreas Clausen wollten den Sender zu einem
"Mainstream"-Formatradio machen.  Clausen hatte damals erklärt, er wolle
das Programm "Stück für Stück professionalisieren".  (mr)


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