In seinem Schreiben erkläre der Intendant, die Geschäftsleitung habe diese Entscheidung »unter besonderer Berücksichtigung neuerer Erfahrungen und Entwicklungen« getroffen. Da die jüngsten Landtagswahlen eine »der Demokratie abträglich niedrige« Wahlbeteiligung ausgewiesen hätten, müsse jede der Demokratie verpflichtete Landesrundfunkanstalt auf eine Wählermobilisierung hinwirken. Die Ausstrahlung von Wahlspots hätte »(rechts-)radikalen« Parteien nicht zu besseren Wahlergebnissen verholfen, »Besorgnisse« des Rundfunkrates seinen nicht bestätigt worden. Berlin und Brandenburg seien nach der Fusionsentscheidung der Landesparlamente nur noch »einen Schritt vor der Fusion«. Zwar sei die Entscheidung eines zukünftigen Gesetzgebers noch unbekannt, es könne aber keinesfalls sinnvoll sein, ausschließlich für eine Wahl keine Wahlspots zuzulassen. Im Gegensatz zur Berliner Landesrundfunkanstalt ist der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg gesetzlich zur Ausstrahlung von Wahlwerbung verpflichtet. Der SFB plant die Ausstrahlung von etwa 60 Wahlspots von jeweils maximal 90 Sekunden Dauer in Hörfunk und Fernsehen.
Die SFB-Rundfunkrätin Alice Ströver (Bündnis 90/Grüne) hatte die Geschäftsleitung im Mai aufgefordert, keine Sendezeit für die Wahlwerbung zur Verfügung zu stellen. Der Rundfunkrat hatte unter Verweis auf die Geschäftsordnung die Debatte auf die nächste öffentliche Sitzung im August vertagt (Kifu 38/95). Be reits vor der Bundestagswahl 1994 hatte der Rundfunkrat dem Intendanten empfohlen, auf die Ausstrahlung von Wahlwerbung zu verzichten. Lojewski hatte damals erklärt, er sehe sich dazu nicht in der Lage, weil das erste Programm auf einer gemeinsamen Frequenz mit dem ORB ausgestrahlt werde. (mr)