Arbeitstitel: Frank Otto wird Kiss-FM-Mehrheitsbeteiligung verkaufen - Geschäftsführer tritt zurück


Der Hamburger Medienunternehmer Frank Otto wird seinen Anteil von 50,2 Prozent am Berliner Radiosender Kiss 99 FM verkaufen. Der von Otto ernannte Geschäftsführer Norbert Schmidt legt sein Amt mit sofortiger Wirkung nieder. Dies ergab eine außerordentliche Gesellschafterversammlung am Abend des 22. März.

Das Vorkaufsrecht hat die Gründerin und frühere Geschäftsführerin Costoula Dornbrach, die noch mit 24,8 Prozent an Kiss 99 FM beteiligt ist. Nach An gaben des Kiss-FM-Pressesprechers Christoph Gieser beabsichtigt Dornbrach, die Anteile im Wert von etwas einer Million Mark zurückzukaufen. Eine Entscheidung soll auf der nächsten Gesellschafterversammlung am 30. März fallen. Bis dahin wird die Station ohne amtierenden Geschäftsführer bleiben. Norbert Schmidt war durch Mehrheitsgesellschafter Frank Otto erst in der vergangenen Woche zum Geschäftsführer ernannt worden. Er war zuvor Ver kaufsdirektor beim Berliner Kommerzsender IA Fernsehen. Schmidt betreibt zusammen mit dem ehemaligen IA-Geschäftsführer Thomas Thimme die Medienberatungsfirma Media Sales Management.

Norbert Schmidt hatte am 22. März »nach einer Diskussion um eine Programmumstrukturierung«, so eine Presseerklärung, den stellvertretenden Geschäftsführer Sascha Wolf entlassen. Die Belegschaft hatte Schmidt daraufhin von seinem Arbeitsplatz ferngehalten, nachdem dessen Pläne für weitreichende Programmänderungen bekannt geworden waren. So sollten unter anderem die abendlichen »DJ- Specials« auf die Zeit nach Mitternacht, die bis jetzt ins Tagesprogramm inte grierten ausländischen Sendungen in die späten Nachtstunden verschoben werden. Aus Kiss 99 FM »ein glattes Hit-Radio« zu machen, so Pressesprecher Christoph Gieser, widerspräche jedoch der MABB-Lizenz, die ausdrücklich das Musikformat »Black Urban Dance« und das »auf die Integration Berliner Minderheiten« Wert legende Wortprogramm erwähnt. Die Programmpläne Ottos hätten im Zusammenhang mit dessen Absicht gestanden, einen Teil der Mehrheitsbeteiligung zu verkaufen, um sich am in Berlin geplanten News-Talk- Radio zu beteiligen (Kifu 18/95). Der Sender hätte sich mit »Hit-Radio-Konzept« leichter verkaufen lassen, vermutet Gieser.

Die Belegschaft sei in Programmfragen »durchaus kompromißbereit«, der Sender müsse aber mit seinem besonderen Profil akzeptiert werden. Die Mit arbeiter wollten einen »professionellen Radiomacher« als Geschäftsführer haben, seien jedoch nicht bereit, sich bevormunden zu lassen. (mr)


Martin Recke <mr94@zedat.fu-berlin.de>