Arbeitstitel: Rosenbauer für SFB/ORB-Fusion - ORB-Intendant fühlt sich wie »umworbene Braut«


SFB und ORB sollten nach Ansicht des ORB-Intendant Hansjürgen Rosen bauer »auf jeden Fall« fusionieren, selbst wenn es zu keiner Länderfusion von Berlin und Brandenburg kommen sollte. Zumindest müsse noch enger koope riert werden, forderte Rosenbauer am 13. Juni bei einer SPD-Veranstaltung in Berlin-Schlachtensee. Er sei »gerne bereit«, seinen »Job wegzurationalisieren«. Es dürfe nach dem Volksentscheid über eine Fusion im Mai 1996 keine unab gestimmten Entscheidungen in beiden Anstalten mehr geben, so Rosenbauer. ORB und SFB täten seiner Ansicht nach gut daran, vom ARD-Finanzausgleich unabhängig zu sein, »denn der macht uns wirklich erpreßbar«. Dem SFB- Antrag auf Erhalt des derzeitigen Finanzausgleichs zuzüglich Steigerungsraten bis zum Jahr 2000 hatte NDR-Intendant Jobst Plog jüngst »keinerlei Erfolgs aussicht« eingeräumt (Kifu 37/95). Der SFB erhält zur Zeit jährlich 25,5 Millionen Mark.

Angesichts des Werbens von MDR und NDR um die Berliner und Branden burger Landesrundfunkanstalten (Kifu 32/95) fühle man sich »wie eine um worbene Braut«, sagte ORB-Chef Rosenbauer, der die Vorschläge der beiden Mehrländeranstalten als Versuche deutete, einen Fuß in die Hauptstadtbericht erstattung zu bekommen. Die Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Rund funk dürfe nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene geführt werden. Es gehe vielmehr um die Verantwortung, die die öffentlich-rechtlichen Anstalten wahrzunehmen hätten. SFB und ORB haben nach Angaben Rosenbauers in bestimmten Berei chen einen Personalaustausch vereinbart, der Mitarbeiter auf Zeit in die jeweils andere Anstalt entsenden will.

Als »kleinmütig und parteipolitisch fixiert« bezeichnete der Intendant die Tenden zen in der Berliner Politik, eine Hinwendung des SFB zum MDR vorzuziehen. Der Berliner CDU-Fraktionschef und SFB-Rundfunkrat Klaus Landowsky be zeichnete eine Fusion des SFB mit dem ORB unterdessen als »unzweckmäßig«. Die Zuschauer im Flächenstaat Brandenburg hätten andere »Lebensbezüge, Bedürfnisse und Gewohnheiten« als die in der Großstadt Berlin, so Landowsky in einem Interview mit dem Berliner »Tagesspiegel«. Ein gemeinsames Drittes Fernsehprogramm sei selbst im Falle einer Fusion un denkbar. Für das Erste Programm biete sich der MDR als sinnvoller Partner an. (mr)


Martin Recke <mr94@zedat.fu-berlin.de>