Lojewski vermißt in dessen Papier Aussagen darüber, daß im »Haifischbecken« des Berliner Medienmarktes der öffentlich-rechtliche Rundfunk bereits »ganz andere Antworten« gegeben habe und in Zukunft auch geben müsse als der NDR »etwa in Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern«, und nannte die Projekte »SFB 4 - Multikulti« und »Info-Radio«. Zu letzterem habe er im vergangenen Jahr »leider vergeblich« auch den NDR eingeladen. Das Plog- Papier sieht im Hörfunk für jedes Land ein Landesprogramm vor. Daneben sollen die Service-Programme »entsprechend NDR 2« und die Jugendwellen (N-Joy, Fritz) bestehen bleiben und ein Kultur- und Musikprogramm (»entsprechend NDR 3«) sowie ein überregionales Informationsprogramm (»wie NDR 4 resp. Fortentwicklung von NDR 4«) ausgestrahlt werden. Für den SFB würde dies bedeuten, auf SFB 3, SFB 4 Multikulti und das im Sommer gemeinsam mit dem ORB startende Info-Radio als eigenständige Programme zu verzichten. Das Kultur- und Informationsprogramm des ORB namens Radio Brandenburg zählt das NDR-Papier zu den »Massenprogrammen«.
Im Fernsehbereich räumte Lojewski zwar ein, daß sein drittes Programm B 1 die Nähe »eines starken Partners« brauche. Der »außerordentliche Erfolg« beruhe aber gerade darauf, daß es sich nicht als Mantelprogramm begreife, ergänzt um größere regionale Fenster, sondern als eigenständiges Angebot. Der NDR hatte ein »gemeinsames 3. Fernsehprogramm« mit erweiterten Flächen für die aus einandergeschalteten Landesprogramme vorgeschlagen. Die Zulieferungen zum ARD-Gemeinschaftsprogramm sollten gemeinsam und arbeitsteilig erbracht werden.
Der SFB-Chef wies darauf hin, daß der SFB Ende 1996 sein »Verschlankungs programm« weitgehend abgeschlossen haben wolle und mit einem Personal abbau um über 20 Prozent »dem NDR weit voraus« sein werde. Weitere Ein sparpotentiale seien aus seiner Sicht in Berlin »kaum mehr« gegeben. Der ORB als neue Anstalt sei »grundsätzlich kaum vergleichbar« mit NDR und SFB. Das Plog-Papier nimmt an, daß »Basiskosten« in Höhe der heutigen Aufwendungen des NDR »mindestens entstehen«, und errechnet »Einsparpotentiale« auf die ORB- und SFB-Kosten, »ohne daß sie im Falle einer Kooperation ausschließlich dort realisiert werden sollen«. Das NDR-Papier errechnet »nach ersten vorsich tigen Schätzungen« mögliche Einsparungen in Höhe von rund 80 Millionen Mark pro Jahr, davon 30 Millionen aus der Kooperation im Hörfunk, 15 Millionen im Fernsehbereich und 35 aus der Kooperation in den »Servicebereichen«. Lojewski kritisierte diese Rechnung, da der Sachmitteletat im SFB-Hörfunk insgesamt nur 32,8 Millionen Mark betrage.
Der SFB-Intendant stellte in seinem Schreiben an Plog unter anderem die Frage, ob er sich vorstellen könne, daß in einer »Generalintendanz« die Stimmen der drei Sender im Verhältnis 1:1:1 gewichtet wären. Der Sitz einer solchen Inten danz sollte nach SFB-Vorstellungen in Berlin sein, die Einsparungen »wenig stens proportional zum derzeitigen Beschäftigtenstand im NDR« realisiert wer den und das SFB-Fernsehen »gemeinsam« über Satellit ausgestrahlt werden. Lojewski fragte weiter, ob der NDR die Tarifverträge von SFB und ORB über nehme oder ob es wirtschaftlich sinnvoll sei, wenn umgekehrt die beiden kleinen Anstalten die des NDR übernähmen. Falls die NDR-Tochter Studio Hamburg »in nennenswertem Umfang« größere Produktionen etwa nach Babelsberg vergäbe, während die Hamburger Kapazitäten »schon heute nicht immer aus gelastet« seien, dann sei nicht zu erkennen, wo der »ökonomische Vorteil« liegen solle.
Berlin habe »historisch gewachsene Gemeinsamkeiten« (so das NDR-Papier) allenfalls mit Vorpommern, schrieb der SFB-Chef. Er habe deshalb das Projekt einer Nordostdeutschen Rundfunkanstalt (Nora) verfolgt, die »zweifellos« einige der Probleme nicht habe entstehen lassen, die die kleineren ARD-Anstalten »verursachen und die größeren beklagen«. Lojewski zitierte Äußerungen an läßlich der Kündigung des von NDR, RB und SFB gemeinsam veranstalteten Fernsehprogramms N3 im Jahr 1991, nach denen das Dritte Programm »norddeutsch profiliert« werden sollte. Berlin und Brandenburg seien keine Küstenländer. (mr)