Arbeitstitel: SFB-Intendant plädiert für weitere Kooperation mit ORB - SFB-Rundfunkrat uneins über Zukunftsfragen


(epd) Während SFB-Chef Günther von Lojewski sein Kooperationsangebot an den ORB erneuert hat, hat sich der Rundfunkrat seines Hauses uneinig über die Zukunft der Berliner Rundfunkanstalt gezeigt. Kritisiert wurden im Gremium die Äußerungen des ORB-Intendanten Hansjürgen Rosenbauer, der SFB bekomme mit einer "Konföderation" der beiden Anstalten die Chance, "ohne Druck und ohne scheele Blicke" sein Ziel zu erreichen, mit dem Ende der kommenden Gebührenperiode im Jahr 2001 aus dem ARD-Finanzausgleich ausscheiden zu können (Kifu 36/96). Uneinigkeit herrschte darüber, ob nach dem Scheitern der Länderfusion von Berlin und Brandenburg am Ziel einer Fusion mit dem ORB festgehalten werden sollte. Der Rundfunkrat hatte im vergangenen Jahr beschlossen, unabhängig vom Ausgang der Volksabstimmung eine Fusion mit dem ORB anzustreben (Kifu 49 und 53/95). Unterschiedlich wurden auch die Kooperationsangebote von NDR und MDR aus dem vergangenen Jahr im Vergleich zu den laufenden und geplanten Gemeinschaftsprojekten mit dem ORB bewertet. SFB-Intendant hielt eine Einbeziehung dieser Angebote in die Überlegungen "womöglich" für notwendig.

Lojewski will mit dem ORB zunächst darüber verhandeln, sich vor wichtigen Entscheidungen in der ARD künftig abzusprechen, Programmschwerpunkte für Fernsehproduktionen zu bilden und ein gemeinsames Drittes Fernsehprogramm via Satellit auszustrahlen. Daneben nannte der Intendant einen gemeinsamen Videotext, die Kulturwellen im Hörfunk, gemeinsame Beschaffung und Kompatibilität der Technik als Verhandlungsgegenstände. Dies folge der "wirtschaftlichen Vernunft" und diene auch dem ORB, der selbst dann, wenn er 0,25 Prozent der ARD-Programmquote vom SFB übernehme, "noch immer unter seinen Verpflichtungen" bleibe. Nach der Magdeburger Einigung der ARD-Intendanten wird der MDR in der kommenden Gebührenperiode ein Prozent der SFB-Fernsehquote finanzieren. Die Produktionsaufträge dazu werden, wie am Rande der Sitzung deutlich wurde, in den mitteldeutschen Raum gehen. Lojewski hielt die Überlegungen des Gremiums, über die SFB-Quote vom Jahr 2001 an nachzudenken, für "müßig" angesichts der auch von ihm geteilten Erwartung, es würde nach dem Jahr 2000 keinen ARD-Finanzausgleich mehr geben.

Lojewski berichtete dem Rundfunkrat, er habe sich für das Pressematerial des Senders, das zu einer Vorab-Aufführung des SFB-Tatorts "Tod im Jaguar" herausgegeben wurde, öffentlich bei der Jüdischen Gemeinde zu Berlin entschuldigt. Das Material für den Film sei zwar "umgehend geändert" und neu verschickt worden. In seiner ersten Fassung hätte es aber einen "irreführenden Eindruck auf die Größe und die Entwicklung" der Jüdischen Gemeinde vermittelt. Es könnte "möglicherweise ansemitische Vorurteile befördern", so der Intendant. Es gebe aber keinen Hinweis, daß dies beabsichtigt gewesen sei. Mit dem Pressematerial hat sich der Programmausschuß des Rundfunkrats beschäftigt. Heftig kritisiert wurde nebem dem geänderten Einleitungstext auch die Inhaltsangabe des Films, die erwarten ließe, daß auch darin "kein Klischee ausgelassen" werde. Lojewski versicherte, der Film selbst, der erst im Juni ausgestrahlt werden soll und deshalb dem Programmausschuß noch nicht vorlag, gebe zu keinen Bedenken Anlaß. Einzelne Mitglieder des Programmausschusses forderten, die "Kontrollmechanismen" im Hause zu überprüfen, damit sich ein solcher Fall nicht wiederholen könne. Nach Angaben der SFB-Pressestelle stammen die Informationstexte gewöhnlich aus den einzelnen Redaktionen und werden weitgehend unverändert herausgegeben. (mr)


Martin Recke <mr94@zedat.fu-berlin.de>