Arbeitstitel: MABB-Medienrat beschliesst "fortentwickeltes" Digital-TV-Konzept - "Freie" Programme sollen ohne Bündelung mit Entgelt-Programmen empfangbar sein - Digital eingleisiger Ausbau geplant


(epd) Der Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hat sein Konzept für die digitalen Kabelfernsehkanäle in Berlin fortentwickelt und in seine Sitzung am 29. Januar formell beschlossen. Zu den Eckpunkten zählt die Forderung, die "freien" (frei empfangbaren, gebühren- und werbefinanzierten) Programme ohne Bündelung mit zusätzlichen entgeltfinanzierten Programmen zur Verfügung zu stellen. In einer ersten Phase ab Frühjahr sollen Vebacom, Telekom, Kirch, Premiere und CLT jeweils einen Kanal erhalten. Insgesamt ist ein Ausbau auf fünfzehn digitale Kanäle geplant. Die MABB teilte diesen Beschluß am 1. Februar mit.

Die mehr als zehn "freien" Programme, die bedingt durch den Engpaß im analogen Teil des Kabelnetzes zur Zeit nicht eingespeist werden können, sollen nach dem Willen des Medienrates "allen Kabelhaushalten digital zur Verfügung stehen". Der Medienrat erwarte auch, daß die Programme für "ausländische Minderheiten" erweitert würden, hieß es in der Erklärung. Regionale Programme müßten ebenso Zugang haben wie Einzelanbieter und Online- und Datendienste.

Wenn diese "Mindestvoraussetzungen" erfüllt seien, könnten der Nachfrage entsprechend weitere Spielräume für Entgelt-Fernsehen eröffnet werden, darunter auch die zeitversetzte Parallelausstrahlung ("near video on demand"). Von Vebakom und Telekom erwarte der Medienrat "verbindliche Erklärungen" zu den notwendigen Investitionen in ein digitales Sendezentrum und die "Anschubfinanzierung" für die Set-Top-Boxen. Beide hätten Konzeptionen für die vorrangige Verbreitung von kostenlosen Programmen vorgelegt, hieß es.

Inwieweit darin die Nutzung von Online- und Datendiensten vorgesehen ist, ist offenbar noch nicht abschließend geklärt. Wie aus der Telekom-Tochter DeTeBerkom zu erfahren war, ist derzeit nur ein "eingleisiger" digitaler Ausbau des Netzes vorgesehen. Mit Kabelmodems soll es möglich werden, PCs an das Breitbandkabelnetz anzuschließen und breitbandige Anwendungen zu nutzen. In der Regel sei als Rückkanal das schmalbandige Telefonnetz vorgesehen. Als Anwendung eigneten sich hier vor allem "Online-Dienste", bei denen der Nutzer in der Regel kurze Anfragen abgibt, um dann große Datenströme zu erhalten. Die bi- und multidirektionale Nutzung des TV-Kabelnetzes, also die Möglichkeit, auch als "Nutzer" Angebote via Kabelnetz zu verbreiten, wie sie heute das Internet bietet, sei nur als Ausnahme vorgesehen. Dafür spricht auch das vorgesehene Nutzungsmodell mit Beistelldecodern ("Set-Top-Boxen"). Der MABB-Medienrat sieht seiner Erklärung zufolge einen einheitlichen Standard durch die Multimedia-Betriebsgesellschaft (MMBG) gewährleistet.

In der ersten Phase sollen Vebacom und Telekom jeweils einen Kanal zur Verbreitung von kostenlosten und fremdsprachigen Programmen erhalten; Kirch, Premiere und RTL-Gesellschafter CLT bekommen je einen Kanal fpr zusätzliche Programme; allerdings erwarte der Medienrat auch hier, daß bislang nicht verbreitete Programme und Programme für "ausländische Minderheiten" berücksichtigt würden.

Auch bei der Vermarktung müsse Wettbewerb entstehen, forderte das Gremium. Veranstalter dürften nicht auf Dienstleistungen ihrer Konkurrenten angewiesen sein; exklusive Programminhalte, die für die Vermarktung in der Anfangsphase von "ausschlaggebender Bedeutung" seien, dürften nicht so vermarktet werden, daß veranstalterunabhängige Dienstleistungen behindert werden. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich die Trennung von Netzdienstleistung und Programmveranstaltung. In seiner im vergangenen Jahr vorgelegten Konzeption hatte der Medienrat einen veranstalterunabhängigen Dienstleister für die Vermarktung gefordert, der den "chancengleichen Zugang kleinerer und regionaler Anbieter" gewährleistet. Im November hatte die MABB ihr Konzept vorgestellt und die Bewerber zu Stellungnahmen aufgefordert (Kifu 93/95). Darauf basiert die nun beschlossene Konzeption, die Grundlage der weiteren Entscheidungen sein soll. (mr)


Martin Recke <mr94@zedat.fu-berlin.de>