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Lobbyismus
in Deutschland Abstracts Prof.
Dr. Thomas von Winter Der Begriff des Lobbyismus erfreut sich seit den neunziger Jahren in der Öffentlichkeit und im politischen Journalismus, aber auch in der Politikwissenschaft steigender Beliebtheit. Die Frage ist, ob sich dahinter bloß eine Reaktion auf das gehäufte Auftreten von Fällen politischer Korruption und spektakulärer Einflussnahme einzelner Imnteressengruppen verbirgt oder ob dies grundlegende Veränderungen in den Strukturen der Interessenvermittlung zwischen Staat und Interessengruppen anzeigt. Hier wird die These vertreten, dass wir in der Interessenvermittlungsforschung vor einem Paradigmenwechsel vom Korporatismus zum Lobbyismus stehen. Auch wenn dieser Begriff mit negativen Konnotationen aufgeladen ist, kann der Lobbyismus doch zu einem tragfähigen wissenschaftlichen Konzept entwickelt werden. Der Paradigmenwechsel der Verbändeforschung in den siebziger Jahren vom Pluralismus zum Korporatismus war definitiv mit einer Absage an einflusstheoretische Positionen verknüpft. Fortan richtete sich das Interesse vor allem auf die Ordnungsleistungen, die die Verbände als regelmäßige Verhandlungspartner des Staates und als Träger von öffentlichen Aufgaben erbringen. Heute erleben wir jedoch die Entstehung neuer Strukturen der Interessenvermittlung, die nicht unter das kooperative Muster der Staat-Verbände-Beziehungen subsumiert werden können. Die zunehmende Differenzierung der gesellschaftlichen Interessenvermittlung pluralisiert die korporatistischen Arrangments von innen wie von außen, indem sie die staatlichen Akteure mit einer zunehmenden Vielfalt von Interessenlagen, Repräsentationsformen, Aktionstypen und politischen Strategien konfrontiert. Staatliche Entscheidungsträger haben daher mit einer zunehmenden Zahl und Artenvielfalt von Interessengruppen zu rechnen, für deren unterschiedliche Handlungsrationalitäten, Zielorientierungen, Taktiken, Strategien und politische Gelegenheitsstrukturen das Lobbyismus- Konzept eine übergreifende Perspektive bietet. Dies gilt insbesondere für die Europäische Union, wo eine schnell wuchernde Interessengruppenlandschaft und eine unübersichtliche Institutionenstruktur aufeinandertreffen. Da ein Paradigmenwechsel zum Lobbyismus der empirischen und theoretischen Fundierung bedarf, ist die Frage zu stellen, inwieweit die Ergebnisse insbesondere der Verbändeforschung, aber auch anderer Forschungszweige der Politikwissenschaft dafür Anknüpfungspunkte bieten. Die seit den sechziger Jahren etablierte pluralistische Verbändeforschung hat zwar zu den Strategien und Taktiken des Lobbyismus der Verbände allgemeine deskriptive Befunde geliefert, wir wissen aber bis heute wenig darüber, über welche Repertoires von Taktiken und Strategien verschiedene Typen von Interessengruppen verfügen und von welchen strukturellen und situativen Faktoren ihr Gebrauch abhängt. Ähnlich verhält es sich mit den Befunden zu den Erfolgsaussichten des Verbandseinflusses auf politische Entscheidungen. Es ist zwar das Verdienst der Fallstudien zum Verbändeeinfluss aus den sechziger Jahren, die ältere rein ressourcenbezogene Betrachtung der Verbände in Frage gestellt und die Abhängigkeit des Verbändeeinflusses von innerorganisatorischen Zielfindungsprozessen, Verbändekonkurrenz und institutionellen Begrenzungen aufgezeigt zu haben. Verallgemeinerbare Erkenntnisse über den Einfluss der Interessengruppen in verschiedenen Politikfeldern haben sie aber kaum hervorgebracht. Zukünftige Lobbyismusforschung in Deutschland muss daher ihr Augenmerk verstärkt auf die Rolle der Verbände in verschiedenen Policy-Making-Prozessen richten. Dies setzt zunächst begriffliche Klärungen voraus. Anders als in verbreiteten pluralistischen Definitionen, die von einer einseitigen Einflussrichtung ausgehen, wäre Lobbyismus zutreffender zu charakterisieren als ein Tauschgeschäft, bei dem Informationen und politische Unterstützung gegen Interessenberücksichtigung bei der staatlichen Entscheidungsbildung gehandelt werden. Die Definition scheint zunächst auf die korporatistischen Staat-Verbände-Beziehungen in Deutschland zugeschnitten zu sein. Durch das Auftreten von neuen Akteurstypen, die das faktische Interessenvermittlungsmonopol der Großverbände aufweichen, wird der Tauschcharakter des Verhältnisses zwischen Staat und Interessengruppen jedoch nicht wieder in Frage gestellt. Zudem werden Art und Reichweite des Lobbyismus von den durch den Staat geschaffenen institutionellen Rahmenbedingungen in erheblichem Maße mitgestaltet. Der Staat nutzt seine Eingriffsmöglichkeiten, um die neue Vielfalt der Interessen und Durchsetzungsstrategien zu strukturieren und zu kanalisieren. Insgesamt bedeutet dies, dass ein modernes Lobbyismuskonzept nicht hinter die Korporatismusdiskussion zurückfallen darf. Sofern es der Lobbyismusforschung um den Einfluss von Interessengruppen auf politische Entscheidungen geht, wird sie auch nach Anknüpfungspunkten in der Politikfeldanalyse suchen, weil die Suche nach Erklärungen für bestimmte Politikergebnisse immer auch Fragen nach den Strategien der Akteure, den Konflikten und Bündniskonstellationen, den Machthierarchien und Abhängigkeitsverhältnissen einschließt. Allerdings haben diese Anknüpfungsmöglichkeiten Grenzen, da das Interesse vieler Gruppen über einzelne Politikfelder hinausgeht und sich auch auf übergeordnete Entscheidungsstrukturen richtet. Die Lobbyismus-Forschung ist daher an einem auf die Interessengruppen bezogenen und zugleich politikfeldübergreifenden Wissen interessiert. Sie muss Konzepte entwickeln, die der Komplexität der politischen Prozesse gerecht werden und zugleich eine verschiedene Zeitpunkte und Themenfelder übergreifende Perspektive entwickeln. Zurück zum TagungsprogrammReinhold
Kopp 1.
Pluralität in Politik und Gesellschaft Vor dem Hintergrund einer lebendigen Pluralität hat sich das Lobbying durch die Entwicklung zur Informationsgesellschaft gewandelt. Der Einsatz von Internet, e-Mail und allen anderen Medien hat Information leicht verfügbar gemacht. Früher war die Hauptaufgabe des Lobbying die Informationsbeschaffung und -vermittlung durch persönliche Kontakte. Durch die elektronischen Medien ist die Arbeit der Politikberater schneller, effektiver und kommunikativer geworden. Heute ist es in einer schnelleren und komplexeren Umwelt wichtig, dass Unternehmen bereits frühzeitig Positionen und Entwicklungen identifizieren und ihre Standpunkte deutlich erläutern, wenn sie in der politischen Willensbildung ihre legitimen Interessen vertreten möchten. Politikberatung handelt nicht mit anderen Inhalten als öffentlich kommuniziert; wohl aber ist die Kommunikation differenzierter sachbezogener und lösungsorientierter. Denn es geht nicht um Gesichtswahrung und Machtarithmetik sondern um Pragmatik und Zukunftsfähigkeit. Das führt dazu, dass Lobbyismus heute keine zutreffende Tätigkeitsbeschreibung mehr darstellt. Globale Unternehmen befolgen keine der Regeln, die gemeinhin als Kriterien des Lobbyismus beschrieben werden: Priorität der persönlichen Kontakte, Diskretion und Hinterzimmerkommunikation, Vertretung von gesellschaftskritischen Partikularinteressen, unangemessene Incentives für Politiker. Worum es geht, beschreibt man besser als Politikberatung. Es ist die legitime Teilnahme eines Unternehmens am gesellschaftlichen Diskurs im Sinne eines Corporate Citizen. Volkswagen z.B. ist ein Dienstleister für individuelle Mobilität, einer Voraussetzung gesellschaftlichen Wohlstandes. Es ist für die Zukunft des Unternehmens existentiell, in einer hochregulierten Umgebung bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für Produkte der Spitzentechnologie und neuen produktnahen Dienstleistungen mitzureden. Eine weitere - noch nicht hoch genug eingeschätzte - Veränderung ist die wachsende Bedeutung der EU gegenüber dem Nationalstaat. Heute werden 70-80 % der deutschen Entscheidungen in Brüssel vorgezeichnet. So werden beispielsweise Wettbewerbspolitik, Umweltschutz und Handelspolitik hauptsächlich durch die EU bestimmt. Die hohe Segmentierung und Professionalisierung der Fachpolitiken einerseits und die durch Globalisierung und Harmonisierung beschleunigten hochkomplexen Prozesse andererseits erfordern eine aktive Mitwirkung aller Stakeholder in bi- und multilateralem Dialog. Ausgehend von den USA und Großbritannien ist Lobbying ein anerkannter Teil der Public Affairs in der EU wie auch bei den internationalen Organisationen. Sie ist institutionalisierter Teil der Meinungsbildung. Die Mitwirkung an Grün- und Weißbüchern sowie an High Level Groups kennzeichnet diesen Prozess. Im Gegensatz dazu hat Lobbyarbeit in Deutschland traditionell einen negativen Beigeschmack. Inzwischen ist aber auch in Deutschland eine deutliche Tendenz zu einem unverkrampfteren Umgang mit Politikberatung neuer Qualität zu erkennen. Die neue, internationalere politische Kultur erfordert die Entwicklung zum offenen Stakeholder- Dialog. 2. Lobbying/ Politikberatung im und durch Unternehmen Politikberatung der Unternehmen hat vielschichtige Aufgaben, diese lassen sich in externe und interne gliedern. Externe Aufgaben
Die meisten Themen in der politischen Kommunikation werden den Unternehmen durch die laufenden Beratungen der einzelnen Staaten und der EU extern vorgegeben. Noch zu selten wird Politikberatung proaktiv gestalterisch eingesetzt; dazu fehlen selbst den großen Unternehmen angesichts der gesellschaftlichen Herausfoderungen an die Kommunikation rundum oft die Ressourcen. Interne
Aufgaben
Rolle eines Mediators zwischen den Fachbereichen und politischen und anderen Stakeholdern Unternehmerische Politikberatung muss neben den externen Themen auch die betriebsinternen Themen vor dem Hintergrund realistischer gesellschaftlicher Szenarien koordinieren, die Definition von Zielen gemeinsam mit den Fachereichen entwickeln und adäquat nach außen transportieren. 3. Networking und Stakeholderdialog Eine Hauptaufgabe bei der Kommunikation im politischen Umfeld besteht im Aufbau und in der Pflege eines effektiven Netzwerkes. Diese Pflege der Kontakte zu externen Stakeholdern in Politik, Verbänden, NGO's und Medien sowie unternehmensinternen Ansprechpartnern verlangen einen wertschöpfenden Beitrag zur jeweiligen Problemlösung, wenn man gehört werden will. Dabei müssen permanent Glaubwürdigkeit, Nachprüfbarkeit und Verlässlichkeit unter Beweis gestellt werden. Nur wer den Ruf von Fachkompetenz in den zentralen Themenfeldern (Technik, Wirtschaft, Recht) immer wieder demonstriert, wird von den Mitarbeitern der Regierungsstellen als kompetenter Gesprächspartner in die Diskussionen einbezogen. Durch die starke Europäisierung und Internationalisierung sind Sprachkenntnisse und ein Gespür für andere Kulturen und Nationalitäten sowie Kooperationsfähigkeit unerlässlich. Politikberatung ist mehr als Themenmanagement. Hochverletzliche Markenreputation in globalen Märkten setzt Wahrnehmungsfähigkeit für die Bedürfnisse der unterschiedlichen Stakeholder sowie Sensivität im politischen Diskurs voraus. Politikberatung und Unternehmenskommunikation müssen sich in der Übereinstimmung im Sinne eines einheitlichen Auftritts (Public Affairs) befinden. Gesellschaftliche Verantwortung und Befolgung unternehmerischer Werte ist eine gute Richtschnur für modernen Lobbyismus. Zurück zum TagungsprogrammMartin
Thunert Der Beitrag untersucht in erster Linie amerikanische Erfahrungen mit Lobbyismus auf der Grundlage der neueren Fachliteratur und eigener Recherchen. Der mündliche Vortrag orientiert sich entlang der Leitfragen der Veranstalter. Da die Funktionslogik des gewaltenteiligen politischen Systems der USA in hohem Maße die Struktur und die Arbeitsweise des dortigen Lobbyismus prägt (z.B. die Konzentration der Lobbyarbeit auf die Legislative, nicht nur auf Exekutive und Judikative), sind die gewonnenen Erkenntnisse nicht immer verallgemeinerbar. Im ersten Teil des Beitrags stehen die Struktur der weltweit ausdifferenziertesten und professionalisierten Lobbybranche sowie die unterschiedlichen Ebenen des Lobbyismus und deren Arbeitsweisen im Vordergrund. Unter Inside-Lobbying versteht man das direkte Lobbying der politischen Entscheidungsträger und ihrer Mitarbeiterstäbe - insbesondere in beiden Kammern des Kongresses, wenn möglich auch in der Exekutive oder auch das Bestreiten einer Strategie des Rechtsstreits. Die konkrete Lobbytaktik ist situations- und politikfeldabhängig. Eine zweite Variante des Inside-Lobbying ist die Politik-, Wahlkampf und Kandidatenfinanzierung etwa durch die Einrichtung und Förderung von sog. Political Action Committees. Lobbyisten und ihre Klienten erkaufen sich die Berücksichtigung des eigenen Anliegens durch Wahlkampf, Kandidaten- und Themenspenden. Durch die advocacy-Explosion seit den 70er Jahren hat insbesondere das sog. grass-roots- Lobbying einen enormen Aufschwung erfahren. Zunächst eine Domäne von Public Interest Groups (nicht auf private materielle Interessen gerichtete Interessen) und sozialen Bewegungen entdeckten in den 90er Jahren kommerzielle Lobbyisten die Nutzung dieser Lobby-Strategie für ihre ökonomisch motivierte Klientel. Grass Roots-Lobbying gehört neben der gezielten Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung durch Medienkampagnen zu den Hauptformen des Outside-Lobbying. Insofern die organisierten Basis-Kampagnen den Anschein von spontanem Bürger-Engagement und naturwüchsiger intellektueller Diskussionsfreude erwecken sollen, ohne tatsächlich von einer sozialen Bewegung oder einem authentischen Meinungsbild gestützt zu werden, spricht man in der Fachsprache als ‚astro-turf'-Lobbying. Das Bild des amerikanischen Lobbyismus wäre ohne den Blick auf die einzelstaatliche Ebene unvollständig, da Kompetenzen zurückverlagert wurden und dort wichtige innenpolitische Experimente stattfinden. Die institutionellen Bedingungen der Politik in den Einzelstaaten (selten und kurz tagende Landtage, schwache Beratungsinfrastrukur der Exekutive und Amtszeitbegrenzungen) bilden ein besonders guten Nährboden für lobbyistische Arbeit und machen die Detailkenntnis und das institutionelle Gedächtnis der professionellen Lobbyisten nahezu unentbehrlich. Der zweite Teil des Beitrags beschäftigt sich mit den Erfolgschancen unterschiedlicher Einflussformen des Lobbyismus in den USA. Zunächst werden Erkenntnisse aus Insider- Instruktionen und Leitfäden für erfolgreichen Lobbyismus vorgestellt. Die Befunde Dutzender empirischer Studien zum Einfluss der Lobbyisten sind widersprüchlich und bringen mehr Verwirrung als Klarheit. Journalistische Beiträge tendieren dazu, den Einfluss der Lobbyisten zu überschätzen, während ältere politikwissenschaftliche Studien, die in der Regel direkten Lobby- Einfluss anhand von Abstimmungserfolgen messen wollen, ihn eher unterschätzen. Aus komplexeren Modellen lässt sich folgende Erkenntnis ableiten: Lobbyismus ist dann erfolgreich, wenn er den Kontext, innerhalb dessen sich Entscheidungen vollziehen, richtig einschätzt und der Lobbyist entsprechend handelt. Lobbyisten müssen Gesprächskanäle offen halten, Sachkoalitionen bilden und den Adressaten des Lobbying sodann von den Erfolgschancen des Anliegens überzeugen, damit dieser nicht das Gefühl hat, Zeit und Ressourcen auf eine verlorene Sache zu verschwenden, sondern auf einen Erfolgszug aufzuspringen (bandwagon effect). Dritter Teil: Die amerikanische Lobbyistenlandschaft ist trotz ihrer Vielfalt kein pluralistisches Paradies. Während über die Ressourcenungleichheit ökonomischer und nicht-ökonomischer Interessen weitgehend Einigkeit herrscht, gibt es unterschiedliche Auffassungen über deren Folgen und mögliche Remeduren. Folgt man Politikfeldanalysen, so unterscheidet sich nicht nur Lobbymacht von Politikfeld zu Politikfeld, sondern auch das Kräfteverhältnis von privatwirtschaftlichen und anderen Lobbys. Je offener der Akteurskreis des Politikfelds, desto demokratie-verträglicher die Ausübung von Lobbymacht. In den Bereichen der distributiven und regulativen Politik scheinen die Akteurskreise geschlossener als im Bereich der redistributiven und emotional-symbolischen Politik. Eine Möglichkeit der Begrenzung von Lobbymacht läge in der Öffnung von Entscheidungsnetzwerken. In U.S.-Bundesstaaten mit direkt-demokratischen Initiativmöglichkeiten ist der Pluralismus innerhalb der Lobbybranche weiter fortgeschritten als in Staaten ohne direktdemokratische Willensbildung. Einige US-Bundesstaaten (z.B. Wisconsin) nutzen strikte Ethikregeln in Verbindung mit dem Internet zu Transparenzzwecken, so dass ein Einblick in Lobbyakteure, Lobbyadressaten und Lobbyaufwendungen jederzeit für jede Stufe des Entscheidungsprozesses möglich wird. Die Professionalisierung des ‚Public Lobbying' birgt für das bürgerschaftliche Engagement in den USA Chancen und Risiken. Während Robert Putnam in professionellem Public Interest Lobbying ein Phänomen ‚schwacher Beteiligung zu niedrigen Kosten' (Spenden und Unterschriften) und damit unter dem Strich eine Schwächung des zivilgesellschaftlichen Fundaments der amerikanischen Demokratie zu erkennen glaubt, sehen andere wie Theda Skocpol im selbem Phänomen eine Herausforderung der amerikanischen Demokratie, die sowohl zu einer weiteren Oligarchisierung der Politik als auch zu einer neuen Sozialkapitalbildung führen könnte. Zurück zum TagungsprogrammDr.
Claus Giering Strukturen und Arbeitsweise Ohne umfassende Lobbyarbeit ist es heute kaum mehr möglich, sich in der Brüsseler Kakophonie Gehör zu verschaffen. Mit der Ausweitung der Rechte der EG/EU hat sich seit Mitte der 80er Jahre sowohl die Anzahl der Interessenvertretungen stark erhöht als auch deren Art und Ausrichtung verändert. Vor allem Akteure die nicht mehr übergreifende Verbands- und Brancheninteressen vertreten, sondern für zahlende Klienten gezielt Aufträge übernehmen, haben sich dabei in den letzten Jahren zunehmend als neuer Wirtschaftszweig etabliert. Sie setzen mit ihrer Arbeit oft erst bei der konkreten Mittel- und Auftragsvergabe an. Vor allem kleine Unternehmen, die sich keine eigene Repräsentanz leisten können, sind auf ihre vielfältigen Dienstleistungen angewiesen, um die nötigen Informationen und Kontakte zu erhalten. Ein gängiges Bild ist, dass Lobbying meist hinter verschlossenen Türen und stillen Ecken stattfindet. Doch scheuen die Lobbyisten (und ihre Kunden) die Öffentlichkeit tatsächlich über das Maß hinaus, das in anderen Bereichen üblich ist? Klassische Verbände gehen durchaus auch offensiv mit Forderungen oder Kritik an die Öffentlichkeit. Sie haben zudem die wichtige Funktion ihre Mitglieder über europäische Entwicklung zu informieren und gegebenenfalls vor deren negativen Auswirkungen zu warnen. Das gilt hingegen nicht für die Consultancies und Kanzleien. Denn jede Form der Beratung lebt natürlich davon, den Mehrwert, den der Berater liefern kann, zunächst nicht publik werden zu lassen. Über die Öffentlichkeit würde dies an die politische und/oder wirtschaftliche Konkurrenz gehen - das kann nicht Sinn von Auftragsarbeit sein. Brüssel ist Business! Der Grad der Professionalisierung ist daher in allen Lobbyfeldern sehr hoch. Verbände, Unternehmen und NGOs arbeiten mit großen Netzwerken; Anwaltsfirmen und Consultancies bieten ein breites Spektrum an Dienstleistungen. Wer in Brüssel erfolgreich sein will, muss zudem über eine gute Ausbildung und Sprachkenntnisse verfügen sowie eine hohe Bereitschaft haben, in einem multikulturellen Umfeld zu arbeiten. Adressaten und Eigeninteresse Das gleiche gilt inzwischen für die in Brüssel tätigen Politiker und Beamten. "Hast du einen Opa - dann schick ihn nach Europa" entspricht längst nicht mehr der Realität. Die Europaprofis kommen meist aus einem nationalen Umfeld, in dem sie bereits Erfahrung mit Lobbyismus in verschiedenen Formen gesammelt haben. In Brüssel werden sie schon aus Eigeninteresse an einer guten Kenntnis der Lobbystrukturen interessiert sein. Denn durch die Komplexität und Vielschichtigkeit der europäischen Entscheidungsfindung sowie die unterschiedliche politische Kultur der EU-Mitgliedstaaten sind die Akteure noch mehr auf eine Bündelung von Informationen und Argumenten angewiesen als auf nationaler Ebene. Die Reaktion einzelner Adressaten auf gezielte Einflussnahme wird hingegen - wie überall - vom jeweiligen Typ, seiner Sozialisation und seinen persönlichen Grundsätzen abhängen. Zugang und Wirkung In einem komplexen politischen Umfeld wie der EU müssen Interessen gebündelt und gezielt transportiert werden. Das ist ein normales politisches Gestaltungsmittel. Der parlamentarische Betrieb in der EU ist zudem ein Stück weit auf die Expertise und Interessenbündelung der Lobbyisten angewiesen. Besteht Lobbying aus Strategieberatung und Expertenwissen - was übliche und wichtige Instrumente in Brüssel sind - wäre es abwegig, solche Angebote abzulehnen. Daran ist auch nichts Verwerfliches, wenn andere Anbieter ebenfalls gehört werden - dann bleibt die einzelne Lobbytätigkeit nur ein Baustein von mehreren im Rahmen der Politikgestaltung. Ein Problem kann hier durch Exklusivität oder nicht legitime "Gegenleistungen" entstehen. Lobbyismus kann die Demokratie also ab dem Moment aushöhlen, in dem der grundsätzliche Zugang zu Informationen, Entscheidungen und Mittelvergabe nicht mehr gleichermaßen für alle Betroffenen offen steht. Der konkrete Einfluss einzelner Aktionen im Politikprozess ist nur schwer nachvollziehbar. Es bestehen ganz unterschiedliche Zugänge je nach Art der politischen Handlung: Primärrechtsänderungen werden eher im öffentlichen Raum beeinflusst, Sekundärrechtssetzung ist hingegen ein langwieriger Prozess mit zahlreichen Zugangsmöglichkeiten auf verschiedenen Stufen bei unterschiedlichen Akteuren. Die Umsetzung von Sekundärrecht erfolgt häufig im Rahmen eines komplexen Systems von Ausschüssen (Komitologie) oder auf der nationalen Ebene. Der "anfälligste" Bereich auf EU-Ebene für Politikbeeinflussung dürfte aber die Mittelvergabe in den zahlreichen EU-Programmen sein. Hier lässt sich erfolgreiches Lobbying zumindest teilweise am erzielten Förderungs- und Auftragsvolumen ersehen. Demokratie und Kontrolle Demokratie bedeutet, dass sich wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Interessen frei organisieren und artikulieren können müssen. Diese Grundfreiheiten sind wichtiger als präventive Schutzbedürfnisse für ein meist subjektives "Gemeinwohl". Kontrolle und Transparenz sollten daher über das politische System und nicht über Reglementierung durch formelle Beteiligungsrechte gewährleistet werden. Strukturell kann der EU-Lobbyismus am ehesten durch eine nachvollziehbare Kompetenzordnung und Verfahren sowie interne Verhaltensvorschriften für die EU-Institutionen kanalisiert werden. Das Parlament sollte in allen Rechtsetzungsbereichen als gleich berechtigte Kammer neben den Rat treten und mit vollen Kontrollrechten gegenüber der Kommission bei der Umsetzung und Mittelvergabe ausgestattet werden. Das undurchsichtige Ausschusswesen der Komitologie sollte gelichtet und gestrafft werden. Je umfassender ein System auf Checks and Balances basiert, desto weniger Chancen haben Einzelinteressen. NGOs und Medien können eine zusätzliche Kontrollfunktion übernehmen und dabei helfen, mächtige Interessen in einen öffentlichen Diskurs zu zwingen. Und nicht zuletzt die Bürger sollten sich bewusst werden, dass Europa in immer mehr Lebensbereichen direkt und indirekt eingreift - die Bürger und soziale Bewegungen müssen daher ihre Interessen und ihren politischen Gestaltungswillen zunehmend auch auf die europäische Ebene ausrichten. Zurück zum TagungsprogrammPD
Dr. rer pol Christian Lahusen Der europäische Integrationsprozess ging seit Anbeginn mit der Etablierung einer eigenen Interessenvertretungslandschaft einher. Insofern weicht Europa nicht von dem ab, was wir von der nationalstaatlichen Politik her kennen: nämlich, dass kollektiv verbindliche Entscheidungen gesellschaftliche Interessen auf den Plan rufen, die die politische Willensbildung und Entscheidungsfindung in ihrem Sinne zu beeinflussen suchen. Die Europäische Union besitzt aber dennoch eine eigene Qualität, denn wir haben es mit einem supranationalen Gebilde im Aufbau zu tun, das zudem sehr eng an die Mitgliedsstaaten und ihre jeweiligen politisch- institutionellen Gegebenheiten rückgebunden bleibt. Der vorliegende Vortrag beschäftigt sich mit den spezifischen Merkmalen des europäischen Lobbyings und möchte dies der Prägnanz halber in Form von fünf Thesen tun.
Mit
der Erweiterung und Vertiefung des europäischen Integrationsprozesses
seit Ende der 80er Jahre (insb. Maastrichter Vertrag) wurde ein neues
Kapitel der Geschichte der europäischen Einigung aufgeschlagen, das
sich auch auf den Ausbau und Strukturwandel des europäischen Lobbyings
auswirkte. Diese Veränderungen, für die sich verschiedene Gründe anführen
lassen (die wachsende Zahl der Mitgliedsstaaten, das stetig erweiterte
Mandat der EG/EU, die institutionellen Reformen und die kritische Masse
bestehender Interessengruppen) lassen sich wie folgt konkretisieren:
Dr.
Hans Bellstedt Der Hinterzimmer-Lobbyismus Bonner Prägung ist passé. Politik und Wirtschaft sind unter zunehmend schwierigen Rahmenbedingungen verstärkt aufeinander angewiesen. Daher brauchen sie bei der Vermittlung ihrer Interessen vermehrt professionelle Unterstützung durch Public Affairs-Dienst-leister. Die Verbände stehen - so hat es der PLATOsurvey 2002 eingehend belegt - in drei Bereichen vor neuen Herausforderungen: Erstens nimmt die Bedeutung der Medien für die Verbandstätigkeit signifikant zu, wobei es gleichzeitig immer schwieriger wird, öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Zweitens führen Konjunkturkrise, Internationalisierung, Konzentrationsprozesse und Regulierungsdichte zu veränderten Anspruchshaltungen der Unternehmen gegenüber den Verbänden. Und drittens zwingt die Verlagerung von politischen Entscheidungen auf die EU-Ebene die Verbände dazu, Ressourcen in Richtung Brüssel umzulenken und dort neue Kompetenzen aufzubauen. Unternehmensverbände artikulieren ihre Interessen zunehmend über die Öffentlichkeit und damit über die Medien. Sie nutzen diese bewusst und strategisch, um für Verbandsanliegen zu werben. Die Voraussetzungen hierfür werden schwieriger - zum einen wegen der insgesamt wachsenden Zahl gesellschaftlicher Gruppen, die diesen Weg beschreiten, zum anderen wegen der Konkurrenz unter den Verbänden selbst. Zudem lässt sich die breite Bevölkerung aufgrund der großen Komplexität wirtschaftspolitischer Themen immer schwerer erreichen. Die Verbände begegnen diesem Dilemma, indem sie sich ein eigenständiges, unverwechselbares Image geben. Das sichert die Präsenz und Wiedererkennbarkeit ihrer Botschaften. Allerdings setzt der Aufbau eines klar abgrenzbaren Profils eine Professionalisierung der Öffentlichkeitsarbeit und die offensive Nutzung neuer Kommunikationsinstrumente voraus. Wirtschaftsverbände sind zudem von erheblichen internen Veränderungen betroffen. So spüren sie mehrheitlich einen gestiegenen Anforderungsdruck seitens der Mitgliedsunternehmen. Diese erwarten für ihre Mitgliedsbeiträge - gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten - einen klaren "Return on Investment", also die wirkungsvolle Einflussnahme auf die für sie relevante Gesetzgebung. Zudem nimmt die Verflechtung deutscher Unternehmen in internationale Konzernstrukturen zu. Die Verpflichtung gegenüber heimatlichen Branchen- oder Spitzenverbänden geht deshalb tendenziell zurück. Die zunehmende Regulierungsdichte und eine fortschreitende Branchendifferenzierung erschweren es den Fachverbänden darüber hinaus, die Interessen aller Mitglieder zu bündeln und einheitliche, schlagkräftige Anliegen zu formulieren. Potentiell wird dadurch die Stellung der Gesamtwirtschaft gegenüber der Politik geschwächt. Um diesen Prozessen entgegen zu steuern, denken Verbände derzeit über neue Formen der Interessenartikulation nach. Nicht zuletzt fordert die Verlagerung von politischen Verfahren und Gesetzgebungskompetenzen auf die Ebene der EU die Wirtschaftsverbände heraus - organisatorisch ebenso wie logistisch. Bestehende Ressourcen müssen an den Sitz der europäischen Institutionen umgelenkt und neue Einflusskanäle dort installiert werden. Die organisierte Interessenvertretung sieht sich in Brüssel anderen politischen Kulturen, schwerer erreichbaren Adressaten und unbekannten, komplizierten Entscheidungsverfahren gegenüber. Wirtschaftsverbände erfüllen elementare Aufgaben: Sie leisten Übersetzerdienste und übernehmen Vermittlungsfunktionen, aggregieren die Anliegen der Mitglieder und tragen sie in die Politik und Öffentlichkeit. Sie wirken an der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung mit und spielen eine prominente Rolle bei der Umsetzung sowie der Legitimation gefasster Beschlüsse. All dies allerdings unter den beschriebenen, sich grundlegend verändernden Rahmenbedingungen, die einen zunehmenden Bedarf an Beratung und Kommunikationsdienstleistung entstehen lassen - auf Seiten der Verbände ebenso wie bei Unternehmen, die vermehrt neben den Verbänden eigenständig Interessenvertretung betreiben. Public Affairs-Beratung und professionelle Hilfestellung bei Politischer Kommunikation sind daher nicht die Fortsetzung des Lobbyismus mit anderen Mitteln. Sie stellen vielmehr eine neue Qualität der Interessenvermittlung dar. Diese Qualität umfasst die Bereiche Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Markenbildung, interne Kommunikation, Monitoring, Anbahnung und Begleitung politischer Direktkontakte, Strategie- und Organisationsberatung sowie vorausschauendes Themenmanagement in Berlin und Brüssel. Angesichts des enormen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Reformbedarfs in Deutschland und vor dem Hintergrund des sich wandelnden Verbändeumfeldes hilft Public Affairs-Beratung, Blockaden aufzubrechen und Gräben zu überwinden. Sie macht Abstimmungsprozesse zwischen Politik und Wirtschaft insofern effizienter und effektiver, als sie die Beteiligten schnell und themenbezogen zueinander bringt. Zudem verschafft sie auch kleinen Verbänden und Unternehmen den nötigen Zugang zu Politik und Verwaltung. Und sie schafft Transparenz, indem sie Anliegen und Informationen in die Medien und die Öffentlichkeit trägt. Kommunikation ist nicht alles - aber ohne eine effiziente Kommunikation zwischen Wirtschaft und Politik ist (fast) alles nichts. Zurück zum TagungsprogrammDr.
Kornelius Kleinlein 1.
Die Bedeutung des Lobbying in Deutschland 2.
Rechtsanwälte als Lobbyisten
Bei der aktuell anstehenden Reform des Telekommunikationsgesetzes (TKG) bietet die Kanzlei den Telekommunikationsunternehmen an, für sie ein individuelles Lobbyprogramm zu entwerfen und zu betreuen. Dr.
Hansjörg Elshorst TI scheut sich nicht von Lobby zu reden, wenn wir bestimmte Themen unserer Agenda im politischen Raum verfolgen. Die Realität unserer Arbeit ist jedoch weit von dem Bild entfernt, das man gemeinhin von Lobby hat und das sich in den 10 Leitfragen widerspiegelt. Wir verstehen uns nicht als Vertreter von Partikularinteressen, sondern arbeiten für die Belange von derer, die durch Korruption geschädigt werden. Das ist die breite Gemeinschaft derer, die an einem effizienten Staat interessiert sind und die ein sparsames Umgehen mit ihren Steuermitteln erwarten. Folgerichtig scheuen wir keineswegs die Öffentlichkeit sondern suchen sie als Verbündeten. TI sucht Koalitionen mit veränderungswilligen Vertretern der Bereiche, die Teil des Problems Korruption sind, also des öffentlichen und privaten Sektors. Solche Koalitionen haben zur Breitenwirkung von TI´s Arbeit bei sehr geringem Ressourceneinsatz beigetragen. Koalitionen können Vertraulichkeit für die Zeit nahelegen, in der an Lösungskonzepten gearbeitet wir. TI erreicht mit wenigen Mitteln viel, weil nicht ein Problem allein unser Engagement auslöst, sondern eine Gelegenheit, durch kleine Beiträge Breitenwirkung zu erzielen und durch gezielte Anstöße große Eigenanstrengungen auszulösen. Diese Strategie bietet sich bei der Korruptionsbekämpfung an. Korruption ist weit verbreitet; man kann warten, bis ein großes öffentliches Interesse wahrscheinlich ist oder in einem Bereich das Potential für eigenverantwortliches Vorgehen besonders hoch ist. Diese Strategie wird dadurch unterstützt, dass TI häufig ohne lange Vorinvestition reagieren kann. Vorinvestitionen, politische Vorgaben, vertragliche Bindungen zwingen zur Fortsetzung eines Engagements wie früher einmal geplant und festgelegt. Hohe Flexibilität erlaubt den Einsatz knapper Ressourcen dort, wo im Zeitpunkt des Handelns die größten Erfolgsaussichten bestehen. Ein wesentlicher Grund für die Flexibilität ist die Verfügbarkeit von Freiwilligen. Ein wesentlicher Teil von TI´s Fachkompetenz ist der Bereitschaft erfahrener Freiwilliger zu danken, die sich langfristig oder ad hoc für TI´s Ziele einsetzen. Freiwillige können sogar noch ad hoc identifiziert und mobilisiert werden, wenn eine Gelegenheit besonders günstig ist, mit wenig Aufwand viel zu erreichen. Das motiviert auch viel gefragte Freiwillige. So schafft die Orientierung an Gelegenheiten sich selbst die Ressourcen, die Gelegenheit kompetent zu nutzen. Schließlich ist ein Grund für ein exzellentes "Preis"-Leistungsverhältnis, dass TI wie viele andere NGOs sich in der Öffentlichkeit einer hohen Glaubwürdigkeit und erheblichen Interesses erfreuen. Das reduziert den Riesenaufwand, den Firmen und Politiker betreiben müssen, um wahrgenommen zu werden, erheblich. TI wird eher wahrgenommen und hat deshalb wiederum mit seinen Interventionen einen höheren Wirkungsgrad. Zurück zum TagungsprogrammDr.
Joachim Schabedoth
Heinrich
Timmerherm Die Entscheider in Regierungen und Parlamenten sind dem Allgemeinwohl verpflichtet. Was im Einzelnen zum Wohl der Allgemeinheit ist, kann unterschiedlich definiert werden. Es ist aber immer ein Abwägungsprozess aus Vor- und Nachteilen und dem Machbaren. Für diesen Abwägungsprozess brauchen die politischen Entscheider Fakten und Argumente. Diese können eingebracht werden von Bürgern, Wissenschaftlern, Interessenvertretern, im weiteren Sinn also von Betroffenen. In dieser Form bedeutet Lobbying Beratung. Die Berater können zueinander zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Das ergibt sich schon aus der Tatsache, dass Sachverhalte, die in die Zukunft reichen, zu beurteilen sind. Aber auch unterschiedliche Blickwinkel führen dazu. Der politische Entscheider hat also die Aufgabe, aus Argumentationen verschiedener Seiten und eigenem Sachverstand ein Urteil für sein Votum zu fällen. Voraussetzung dazu ist, dass der politische Entscheider objektiv vorgeht, nur dem Allgemeinwohl (seinem Gewissen) verpflichtet. Der Lobbyist ist ein Baustein im Meinungsfindungsprozess des politischen Entscheiders. Deshalb hat Lobbying - bildlich gesprochen - vor dem Plenarsaal stattzufinden und nicht im Plenarsaal. Ein politischer Entscheider darf und kann nicht gleichzeitig einem Auftraggeber und dem Allgemeinwohl verpflichtet sein, weil er schnell in Konflikte kommt. Ist das trotzdem ausnahmsweise der Fall, muss seine Tätigkeit bekannt gemacht werden. Die Grenzen des Lobbying ergeben sich durch Gesetze, z. B. Vorteilsnahme. Lobbying soll überzeugen durch Argumente, nicht durch Geschenke. Denkbar sind Selbstverpflichtungen als Verhaltenskodex oder sogar als Qualitätsmerkmal. Transparenz ist ein Stichwort dazu. Ein anderer Aspekt das Verbot einer Abhängigkeit zwischen politischem Entscheider und Lobbyisten. Eine zu enge Reglementierung mit Blick auf die Abgeordneten kommt immer in Konflikt mit der Freiheit des Mandats. Zurück zum TagungsprogrammHartmut
Bäumer
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