Brief Antonio Vivaldis an Marchese Guido Bentivoglio, das Verbot des Kardinals Ruffo betreffend, zur Aufführung seiner neuen Oper nach Ferrara zu reisen:
"Exzellenz!

Nach so vielen Taten und so vielen Mühen liegt nun die Oper am Boden. Heute ließ mich Hochwürden, der Apostolische Nuntius, rufen und befahl im Namen seiner Eminenz, des Kardinals Ruffo, nicht zur Aufführung nach Ferrara zu kommen, und dies deshalb, weil ich ein Geistlicher bin, der die Messe nicht liest, und weil ich mit der Sängerin Anna Girò befreundet bin. E. E. können sich meine Verfassung nach einem so harten Schlag vorstellen. [...] Daß die Oper ohne die Girò aufgeführt wird, ist unmöglich, weil eine ähnliche Primadonna nicht zu finden ist. Daß die Oper ohne meine Anwesenheit aufgeführt wird, lasse ich nicht zu, weil ich fremden Händen eine so große Summe nicht anvertrauen will. [...] Am meisten betrübt mich, daß seine Eminenz, Kardinal Ruffo, diesen armen Frauen einen Makel anhängt, wie es die Welt noch nie getan hat.

Seit vierzehn Jahren sind wir gemeinsam in so vielen Städten Europas gewesen, und allerorts wurde ihre Ehrbarkeit bewundert, und dies kann höchlichst auch Ferrara sagen. Alle acht Tage verrichtet sie ihre Andacht, wie man aus den beschworenen und beglaubigten Zeugnissen ersehen kann. Seit 25 Jahren lese ich keine Messe und werde sie niemals mehr lesen, nicht aufgrund eines Verbots oder Befehls, wie seine Eminenz erfahren kann, sondern aufgrund meiner eigenen Entscheidung, und dies wegen eines Übels, an dem ich von Geburt an leide und weswegen ich bedrückt bin. [...] "

Zitiert nach: Karl Heller, Antonio Vivaldi, Leipzig (Reclam) 1991, Seite 378f.