Polymorphe Lichtdermatose
Schutzpatron Schatten
Nicht nur der Sonnenbrand
kann die Urlaubsfreude mächtig trüben. Auch heftig juckende rote
Bläschen, Knötchen oder Quaddeln, die sich statt der sportlichen
Bräune auf der Haut breit machen, plagen so manchen Sonnenhungrigen
in den ersten Ferientagen. Ungefähr jeden fünften trifft die
sogenannte Sonnenallergie, vor allem Frauen zwischen 20 und 40 Jahren.
Der Name "Sonnenallergie" führt
allerdings in die Irre: "Bei dieser Hauterkrankung handelt sich nicht,
wie der Name vermuten läßt, um eine Allergie im klassischen
Sinn. Zu den Beschwerden kommt es, weil die Haut plötzlich starkem
Sonnenlicht ausgesetzt ist", erklärt Privatdozentin Dr. Beate Tebbe
von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Universitätsklinikum
Benjamin Franklin. Die Schutzfunktion der Haut ist gestört. Dadurch
wird sie gegenüber UV-Licht überempfindlich und reagiert mit
ekzemartigem Ausschlag, der bevorzugt an den Körperpartien auftritt,
die besonders der Sonne ausgesetzt sind, wie Arme, Schultern, Dekolleté
und Rücken.
Die Dermatologen sprechen von einer
polymorphen Lichtdermatose. "Polymorph" bedeutet vielgestaltig und charakterisiert
treffsicher die Hautkrankheit. Denn der Hautausschlag kann von Patient
zu Patient verschieden aussehen. Dem einen machen mehr die langwelligen
UVA-Strahlen zu schaffen, dem anderen die gefährlicheren kurzwelligen
UVB-Strahlen. In der Regel spüren die Betroffenen dies erst einige
Tage nach den ersten ausgedehnten Sonnenbädern. Wer besonders lichtempfindlich
ist, erblüht auch schon wenige Stunden später. Viele Betroffene
kommen mit ihren Beschwerden zurecht, nur 5% suchen einen Arzt auf.
Mit zunehmender Gewöhnung der
Haut an die intensive Sonnenstrahlung und Bräunung klingt der Ausschlag
allmählich wieder ab, ohne einen bleibenden Hautschaden zu hinterlassen
- im Gegensatz zum Sonnenbrand. Aber sobald im nächsten Jahr die ersten
längeren Sonnenbäder genommen werden, erscheint der Ausschlag
wieder unvermindert heftig.
Für einen Sonnengenuß
ohne Reue ist es daher sinnvoll, die Haut schon zuhause auf die intensive
Sonneneinstrahlung vorzubereiten und so lichtunempflindlicher zu machen.
Eine Möglichkeit ist eine Lichttherapie, die vier Wochen vor Urlaubsbeginn
starten sollte. Dabei wird der Körper in steigender Dosierung entweder
mit UVA- oder UVB-Licht bestrahlt, je nachdem welche Strahlenkomponente
die Hauterkrankung hervorruft. Dies läßt sich durch einen Hauttest
vorher klären. "Eine solche Therapie sollte man nicht auf eigene Faust
im Solarium machen, sondern von einem Hautarzt durchführen lassen,
um eine Überdosierung zu vermeiden", warnt die Dermatologin.
Ein wirksamer Sonnenschutz läßt
sich auch von innen aufbauen. Kalzium hilft dabei aber nicht. "Es wirkt
nachweisbar weder bei Sonnenallergie noch bei anderen Allergien", stellt
Tebbe klar. Das Zauberwort heißt Beta-Carotin, ein Provitamin. Um
sich gegen den Angriff der schädlichen UV-Strahlen zu wehren, verfügt
die Haut über verschiedene natürliche Schutzmechanismen. Dazu
gehört die allmähliche Pigmentierung der Haut durch das Farbpigment
Melamin. Nimmt man etwa vier bis fünf Wochen vor Urlaubsbeginn regelmäßig
Beta-Carotin ein, läßt sich dieser Schutzmechanismus schon vorab
aufbauen. Der Pflanzenfarbstoff lagert sich in die Haut ein, und Teile
der UV-Strahlung werden so bereits in den oberen Hautschichten abgefangen.
Beta-Carotin ist in dunkelgrünem und buntem Gemüse vorhanden,
wie in Paprika oder Karotten. Die Aufnahme über die normale Nahrung
reicht als Vorbereitung für den Sommerurlaub jedoch nicht aus. Ein
Zusatzeffekt des Beta-Carotins: Es fängt die sogenannten freien Radikale
in der Haut ab, die sich bei jedem Sonnenbad bilden und die Haut auf lange
Sicht erheblich schädigen können.
Am Urlaubsort können sich lichtempfindliche
Menschen schützen, indem sie eine Sonnenschutzcreme mit hohem Lichtschutzfaktor
verwenden - die den UVB- wie auch den UVA-Anteil des Sonnenlichts herausfiltert
- und eine halbe Stunde vor dem Sonnenbad auf ihre Haut auftragen. Sie
sollten sich für die ersten Sonnenbäder in den Schatten legen
und ihre Haut langsam an die Sonne gewöhnen. Als ständige Begleiter
am Strand sind ein breitkrempiger Hut und leichte Kleidung empfehlenswert.
Wenn die Hautausschläge trotzdem auftreten, ist eine juckreizstillende
Salbe hilfreich. Aber der natürlichste Schutz vor der Sonne ist der
Schatten, und den sollte man genießen lernen.
Claudia Bohm