30 Jahre Universitätsklinikum Benjamin Franklin

"Erfolgsstory ohne Beispiel"


Für Lob und Anerkennung, für Bilanzierung und den Blick in die Zukunft sind Jubiläen eine willkommene Gelegenheit. Gerade ein kurzer Zeitraum zwischen zwei Jubiläen verleitet dazu, nachzuschauen, ob zum letzten Jubiläum gegebene politische Versprechen eingelöst und die sie umgebende politische Strömung beibehalten werden konnten. So eröffnete der Erste Vizepräsident der FU, Peter Gaehtgens, den Festakt zum 30jährigen Bestehen des FU-Klinikums am 26. Juni mit einem Zitat des damaligen und heutigen Regierenden Bürgermeisters, das sich im Vorwort der Festschrift zum 25jährigen Jubiläum des Klinikums findet: "Parlament und Senat bekennen einhellig, daß das Klinikum Steglitz als Universitätsklinikum erhalten bleiben muß."

Doch bevor Gaehtgens diese Einhelligkeit hinterfragte, zog er zunächst eine eigene Bilanz. Er verwies auf die einschneidende Entwicklung, die das Klinikum in diesem Zeitraum durch das 1995 in Kraft gesetzte UniMedGesetz nehmen mußte und für sich zu nutzen wußte. Seitdem habe das Klinikum eine "Erfolgsstory ohne Beispiel" geschrieben. Er nannte die neue Struktur des daraus erwachsenen Fachbereichs Humanmedizin, die Einrichtung von vier Forschungsschwerpunkten, eines zweiten Sonderforschungsbereiches und dreier Graduiertenkollegs sowie die stetig steigende Entwicklung der Drittmitteleinwerbung als Ausweis für eine "Leistungssteigerung, die in dieser kurzen Zeit in der deutschen Wissenschaftslandschaft einmalig ist und inzwischen auch den Wissenschaftsrat überzeugt hat". Gaehtgens würdigte ausdrücklich die Leistungen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unter außerordentlichen Anstrengungen zu dieser Erfolgsstory beigetragen hätten.

Würde man jedoch, so Gaehtgens weiter, die heutige Situation des Hauses ins Visier nehmen, träfe man auf Rahmenbedingungen, die alles andere als erfreulich seien. Der Erste Vizepräsident kritisierte die Entscheidung des Landes Berlin, dem Klinikum das US-Hospital wieder aberkannt zu haben, obwohl es selbst keine eigene Nutzungsperspektive dafür habe. Aber auch für den vom Klinikum mit einigem Zögern gebilligten "Oskar-Helene-Kompromiß" gäbe es im Parlament immer noch nicht den dringend notwendigen Beschluß.
Man könne, pointierte Gaehtgens, "leistungsstarke Einrichtungen auch durch Nicht-Entscheidungen ruinieren". So erweise sich die immer wieder fehlende räumliche Perspektive als "Achillesferse" für eine zufriedenstellende Entwicklung des Fachbereichs. Hier sei mehr erforderlich als ein Satz im Vorwort einer Festschrift. Es bedürfe "konkreter Entscheidungen durch Parlament und Senat",  kurz einer "Planungssicherheit, um die Erfolgsstory in den nächsten Jahren fortschreiben zu können".

Als nächster trat Wissenschaftssenator Peter Radunski an das Rednerpult, einmal um Lob zu zollen: "Ihre Forschungsbilanz ist exzellent. Ihre herausragenden Anstrengungen in der Lehre zeigen, wie zukunftsorientiert und kreativ am UKBF gelehrt wird." Aber auch, um klare Antworten zu geben. Es dürfe "keine politische Lösung zu Lasten des Klinikums geben", betonte Radunski. Er signalisierte, daß die ersten 22 Mio. Mark für die Sanierung des Klinikums zur Verfügung ständen. Was die Kooperation mit dem Oskar-Helene-Heim angehe, so habe seine Verwaltung ihre "Hausaufgaben" gemacht. Sollte die Kooperation aus ihm uneinsichtigen Gründen dennoch scheitern, versprach der Wissenschaftssenator unter großem Beifall, diese Angelegenheit "zu einem Politikum zu machen". Gegebenenfalls würde er das Rad der Geschichte zurückdrehen und dem Klinikum das US-Hospital wiedergeben wollen.

Auf  den Vizepräsidenten und den Wissenschaftssenator folgte der amerikanische Part des Festakts. Seine Protagonisten: John Barcas und Arthur Davis (Vorabdruck seiner Rede: siehe Klinik:um:schau 6/98). Barcas, Leiter der Außenstelle der Amerikanischen Botschaft in Berlin, sprach sowohl auf die mit den Amerikanern stark verbundene Geschichte der FU als auch der des Klinikums an, wobei er das Klinikum "eins unserer Kinder" nannte, eins, das "besonders wohl" geraten sei. Seine "Mutter", Eleanor Dulles, habe noch vor zwei Jahren die Benjamin-Franklin-Medaille erhalten. Und sein "Vater", der amerikanische Architekt, also Arthur Davis, könne diesen besonderen Tag, der auf die Umbenennung des Klinikums zum 25jährigen Jubiläum zurückgeht, dieses Mal mitfeiern. Barcas äußerte die Hoffnung, daß die Universität und die Stadt alles tun würden, damit "dieses wohlgeratene Kind seine Wirkung als Zentrum des Forschens und Heilens auch in Zukunft halten kann".

Bevor die Benjamin-Franklin-Medaille durch den Ärztlichen Direktor, Ernst-Otto Riecken, an die Sonnenfeld-Stiftung verliehen wurde, hielt Dekan Martin Paul den Festvortrag zum Thema "Forschung und Mäzenatentum". Paul grenzte das Mäzenatentum als uneigennützige Förderung deutlich vom Sponsoring ab, das zielgerechteten Interessen folge. Nach Informationen des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft lag die Forschungsförderung 1997 bei 620 Mio. Mark. Das entspräche zwar weniger als einem Prozent des Gesamtvolumens, dennoch, so insistierte Paul, käme der Anwerbung von Fördermitteln uneigennütziger Geldgeber ebenso wie den Drittmitteln in Zeiten rückläufiger öffentlicher Mittel eine immer größere Bedeutung zu.

Paul forderte ein "Umdenken an den Hochschulen und Fakultäten, aber auch in der Verwaltung, weg von der Starrheit staatlicher Finanzierung, hin zur Leistungsorientierung". Auch er unterstrich die Wichtigkeit einer Planungssicherheit. Das beträfe auch die staatlichen Gelder, die für die Grundausstattung in der Forschung Verwendung finden, deren wesentlicher Teil jedoch leistungsbezogen vergeben werden solle.

Der Festakt klang aus mit dem "Maple Leaf Rag" von Scott Joplin, dargeboten vom Bläserensemble des Benjamin Franklin-Orchesters. Das abschließende entschlossene Fußstampfen der vier Bläser wirkte wie eine nachhaltige Bestätigung der Worte des Vizepräsidenten: "Wir wollen auch aufhören, still zu sein. Wer zwar Leistung zeigt, aber nicht laute Töne anschlägt, läuft Gefahr auf der Schattenseite zu landen." Und für selbstbewußte Töne bieten Jubiläen und insbesondere Festakte eine willkommene Gelegenheit.

Felicitas Wlodyga


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