- Seit drei Jahren findet jedes Jahr im Oktober
das Internationale Symposium des Sonderforschungsbereichs 366
Zelluläre Signalerkennung und -umsetzung mit
hochrangiger internationaler Beteiligung statt. Im Mittelpunkt
der diesjährigen Tagung standen zelluläre
Signalübertragungsprozesse, die unter Beteiligung
glykosylierter, das heißt mit Zukkerresten versehener
Proteine, ablaufen. Es war den Organisatoren - Werner Reutter,
Günter Schultz, Rudolf Tauber - ein besonderes Anliegen,
gerade 1998 im Rahmen der Feiern zum 50jährigen Bestehen
der Freien Universität Berlin, einen der wissenschaftlichen
Höhepunkte des akademischen Lebens zu bilden und
richtungsweisende Forschungsergebnisse und neue Konzepte für
die klinische Medizin auf dem Gebiet der zellulären
Signalvermittlung darzustellen.
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Zellen kommunizieren untereinander nicht nur über
Botenstoffe wie Hormone oder Zytokine, sondern auch durch
direkten Kontakt. Hier sind es sogenannte Adhäsionsmoleküle
auf der Zelloberfläche, die es einer Zelle ermöglichen,
Nachbarzellen präzise zu erkennen, an sie zu binden und
miteinander in einen Dialog zu treten. Auf diese Weise steuern
Adhäsionsmoleküle das geordnete Zusammenleben von
Zellen in unserem Körper. Besondere Bedeutung haben sie
beispielsweise für die Entstehung von Organen während
der Embryonalentwicklung, aber auch für die Reparatur
geschädigter Organe und für die Immunabwehr.
- Im ersten Teil des Symposiums wurde der wichtige Aspekt der
Modifikation intrazellulärer regulatorischer Proteine durch
Glykosylierung aufgegriffen. Während seit Jahrzehnten
bekannt ist, daß die Anheftung von Phosphatgruppen die
Aktivität von Proteinen reguliert, ist in jüngster
Zeit entdeckt worden, daß auch die Anheftung von
Zuckerresten entscheidend in die Funktion von Proteinen (z. B.
in die Proteinbiosynthese) eingreift. Der zweite Teil behandelte
Glykoproteinhormone, die in der Hypophyse synthetisiert werden
und von zentraler Bedeutung für die Steuerung der
Geschlechtsorgane sowie der Schilddrüse sind. Die neuesten
Erkenntnisse zur Herstellung neuer Hormonanaloga mit
verbesserter Wirksamkeit sowie der pathophysiologischen
Grundlagen häufiger Schilddrüsenerkrankungen wurden
von den international führenden Spezialisten dargestellt.
Professor Martin M. Matzuk aus Houston/Texas, der in diesem Jahr
den Hauptvortrag hielt, hat wie kein anderer unter der
Ausnutzung transgener Techniken zu einem tieferen Verständnis
der Reproduktions- und Entwicklungsbiologie beigetragen.
- Die Befruchtung, ein weiteres Beispiel für ein
zentrales biologisches Phänomen, das durch die spezifische
Wechselwirkung zwischen glykosylierten Eiweißen vermittelt
wird, bildete den dritten Schwerpunkt der Tagung. Die zu
erwartenden Informationen könnten zu besseren
Therapieansätzen bei ungewollter Kinderlosigkeit als auch
zur Entwicklung neuer Verhütungsmethoden beitragen.
- Der vierte Abschnitt des Symposiums widmete sich dem Ablauf
von Entzündungen wie Infektionen, chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen, der Abstoßung transplantierter Organe
oder Autoimmunkrankheiten. Hier kommt es zum Einwandern von
Abwehrzellen aus der Blutbahn in das Gewebe, das durch
Adhäsionsmoleküle auf den Abwehrzellen und auf der
Innenseite der Blutgefäße gesteuert wird. Die
Aufklärung dieser molekularen Zusammenhänge ermöglicht
es nicht nur, Entzündungskrankheiten besser zu verstehen,
sondern setzt die Medizin auch in die Lage, neue Diagnose- und
Behandlungsverfahren zu entwickeln.
- Der fünfte Teil des Symposiums beschäftigte sich
mit der Frage, wie die Funktion der Blutplättchen reguliert
wird. Eine zu niedrige Zahl oder Störungen der Funktion von
Blutplättchen können zu Blutungen führen. Auf der
anderen Seite kann eine Aktivierung von Blutplättchen zu
Thrombosen führen. Das Verständnis dieser
Zusammenhänge ist Voraussetzung für ein
therapeutisches oder präventives Eingreifen. Zu diesem
Symposium, das im Institut für Molekularbiologie und
Biochemie stattfand, konnten über dreihundert
Teilnehmer/innen aus dem In- und Ausland begrüßt
werden.
- Sfb 366
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