"Die Frage nach seiner Solidarität sollte die Frau nicht erst stellen, wenn sie schwanger ist!" Ein nützlicher Rat, den Dr. Irmgard Nübler, Nationalökonomin und dreifache Mutter, ihren Artgenossinnen da erteilt. Wer Karriere mit Kindersegen kombinieren möchte, muß bereits bei der Auswahl des Mannes sachkundig vorgehen. "Sobald Frauen bereit sind, mehr Hausarbeit zu übernehmen, weichen Männer entsprechend zurück", diagnostiziert die 37jährige (ein Spezialgebiet: Frauenarbeit in Entwicklungsländern). Sie aber hatte das Glück, daß ihr der Ehemann auf halber Strecke entgegenkam. "Hausarbeit nur fifty-fifty!", das war beiden klar. Und auch im akademischen Rennen lagen sie 'Nase an Nase': zuerst gleiches Studium, danach beide zur UNO, heute jeder mit einer Wissenschaftlerstelle - sie an der Freien Universität, er beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Vor zwei Jahren mußte eine Wiege mit Übergröße ins Nüblersche Haus gestellt werden, die Ultraschalluntersuchung hatte überraschend Drillingsnachwuchs angekündigt. Ein großes Los, das äußerst selten vorzukommen pflegt, "nur einmal auf 7000 Schwangerschaften", wie Geburtshelfer Prof. Horst Lübbert vom Universitätsklinikum Benjamin Franklin erklärt. Die zu erwartenden Komplikationen veranlassten die Klinik zu besonderen Vorsichtsmaßnahmen. "Meine Vorfreude fiel in den Keller, als mir ein Arzt unverblümt mitteilte, ich müßte die letzten 3 Monate in einem Klinikumsbett verbringen", erinnert sich Irmgard Nübler. Doch verhalf ihr der günstige Standort ihrer Wohnung, nur 100 Meter Luftlinie vom Arztsprechzimmer entfernt, zu einem Extra. Da sie 'auf einen Sprung' zum täglichen Rapport bei ihrem Professor erscheinen konnte, durfte sie die Schwangerschaft weitgehend in den eigenen vier Wänden verbringen.
Mit ihrem Arzt war die Akademikerin höchst zufrieden: "Herr Lübbert hat mich sehr sensibel begleitet. Er war sehr ruhig, hat die Dinge erklärt, mich emotional nicht zu manipulieren versucht." Sie fand sich von ihm durchweg in ihren Wünschen, Zweifeln und Einwänden ernstgenommen. "Kurzum: ich fühlte mich in Sicherheit." Problemlos überstand "die tapfere Patientin" (Lübbert über Nübler) auch den Eingriff zur Vermeidung einer vorzeitigen Geburt. Die kurze Bettruhe nutzte Nübler, um die letzten zehn Seiten ihrer Doktorarbeit zu schreiben.
In der 30. Woche, also im 7. Monat, wurde dann doch die ärztlicherseits gewünschte 'Internierung' vorgenommen. Lübbert wies Nübler in ein Klinikbett ein. Schlimm daran fand sie nur, daß es in einem Rooming-In-Zimmer stand: "Ich wurde unfreiwillig Zeugin des lebhaften Familienlebens von Eltern mit Zwillingen, mit Lärm bis nachts um elf. Am Tag darauf setzten meine Wehen ein!" Mit Wehenblockern wurden zwei weitere Wochen überbrückt. Und in der 33. Schwangerschaftswoche holte Prof. Lübbert dann die drei Winzlinge - keiner länger als 42 cm - mit einem Kaiserschnitt zur Welt.
Während Irmgard wegen Karolin, Laura und Michael unter Mutterschutz stand, nahm Harald Teilzeit-Erziehungsurlaub; bei seinem Arbeitgeber zum Glück kein Stolperstein. Heute, zwei Jahre später, sind beide wieder fulltime im Wissenschaftsbetrieb tätig.
Die Planung der 'neuen Hauswirtschaftsordnung' der von zwei auf sieben Köpfe angewachsenen Familie - Tagesmutter und Au-Pairmädchen inklusive - verlangt ein gerüttelt Maß an Rechnerei. Doch das zählt bei den beiden Experten für Weltwirtschaft offenbar zu den Fingerübungen. In der Ausführung, erläutert die alerte Hochschulassistentin ihr Modell, sieht das so aus: Der Tag im Hause Nübler beginnt um 6.30 Uhr, er endet abends zwischen neun und zehn. Eine Stunde nach den Kindern begeben sich die Eltern zu Bett. Des Morgens obliegt die Versorgung der Drillinge einer Tagesmutter. Sie frühstückt mit ihnen, so daß Irmgard und Harald sich bereits um 8 Uhr verabschieden können. "Um drei Uhr kommt jeweils einer von uns nachhause und übernimmt die Kinder. Der andere darf im Büro bleiben, solange er möchte", beschreibt Irmgard Nübler die Maßnahmen zur Kontinuität der wissenschaftlichen Arbeit. Auch die einzelnen Hausarbeiten sind quantitativ gerecht und qualitativ je nach Präferenz aufgeteilt. Während Irmgard gern für Haus und Garten zuständig ist, kümmert sich Harald lieber um die Einkäufe.
Flexible Arbeitszeiten beider Eheleute sind als Planvorgabe unverzichtbar. Für die geringe soziale Attraktivität des 'Modells Nübler' gibt es freilich nicht nur technische Gründe. "Ein doppelbelasteter Mann ist kein gesellschaftliches Vorbild", meint die Drillingsmutter. Anstatt der Frau immerzu für ihre unerfindlichen Mühen zu danken - denn nichts ist kürzer als Dank wußte schon Fontane! - sollten endlich 'neue Männer' in den Mittelpunkt gerückt werden. Auch Nüblers vielgeschätztem Gynäkologen unterlief ein Kurzschluß: "Nur eine Frau kann das schaffen!" "Nein", hat sie ihn prompt berichtigt, "mein Mann braucht genausoviel Kraft wie ich! "
Sylvia Zacharias