Aus Krankenversorgung und Forschung

Psoriasis: Die Last mit der Schuppe


Die Schuppenflechte oder Psoriasis (gr. Psora=Krätze) ist neben dem Ekzem die in Europa am häufigsten vorkommende Hautkrankheit. 2,5% der Bevölkerung in Deutschland leiden an der lästigen, aber nicht ansteckenden Hautkrankheit.
Privatdozent Dr.med. Dr.rer.nat. Christoph Geilen arbeitet in der Haut- und Poliklinik des FU-Universitätsklinikums Benjamin Franklin. Sein Forschungsgebiet ist die Zellwachstumsregulation. Sein besonderes Interesse gilt dabei der Psoriasis und der Tumorerkrankung. Speziell untersucht er die Lipide die nicht nur Zellmembranaufbaufunktionen haben, sondern auch an Signalübertragungsprozessen in der Zelle beteiligt sind.

Wie kommt es zum Ausbruch der Schuppenflechte?

Privatdozent Christoph Geilen: Psoriasis ist eine Hautkrankheit, bei der es zu einer überschießenden Produktion von Hautzellen kommt. Sie stellen sich als Schuppen dar, deshalb der deutsche Name Schuppenflechte.
Durch eine Wachstumsregulationsstörung wandern die Hautzellen, die sogenannten Keratinozyten, wie durch einen Zeitraffer von der Basalschicht bis zur Hornschicht. Die Zellen brauchen nur vier Tage für diesen Prozeß, der sonst über 26 Tage verläuft. Dadurch kommt es nicht zur normalen Ausreifung der Hautzellen. In den darunterliegenden Hautschichten tritt eine Entzündungsreaktion mit einer Weitstellung der Gefäße ein.

Welche Körperteile befällt die Psoriasis?

Die Schuppenflechte erfaßt in den meisten Fällen nicht den ganzen Körper. Bevorzugte Besiedlungsareale sind die Ellenbogen, die Knie, die Kreuzbeinregion und die behaarte Kopfpartie.

Was sind die möglichen Ursachen?

Die Pathogenese der Psoriasis ist bis heute nicht bekannt. Man nimmt aber an, daß die Ausschüttung sogenannter Interzellularboten (z. B. Zytokine) dafür verantwortlich ist.
Ob es jedoch die Keratinozyten oder Zellen in tiefer liegenden Hautschichten sind, die diesen Vorgang steuern, beziehungsweise Immunzellen vom Typ der T-Lymphozyten, ist noch nicht geklärt. Es gibt allerdings Hinweise auf die Erblichkeit der Krankheit, da sie familiär gehäuft auftritt. Auch rassische bzw. klimatische Merkmale spielen eine Rolle, da es die Psoriasis in Ländern wie Asien und Südamerika kaum gibt.

Wann tritt die Schuppenflechteauf?

Generell kann die Schuppenflechte schon vor der Pubertät auftreten, meist jedoch erstmals im Jugendalter. Es gibt aber einen zweiten Krankheitsgipfel im fortgeschrittenen Alter.

Wie äußert sich die Schuppenflechte?

Die am häufigsten auftretende Form der Psoriasis ist die vom chronischen Plaque-Typ. Die Mehrzahl der Patienten kann problemlos am täglichen Leben teilnehmen und muß nicht stationär behandelt werden.
Zu den schwerwiegenderen Erkrankungsformen der Schuppenflechte gehört die Psoriasis erythrodermica. Das bedeutet die ,Rothäutige". Bei diesem Krankheitsbild ist die ganze Hautfläche betroffen. Als Folge davon kommt es zu einem erhöhten Proteinverlust durch die Schuppenbildung und zu einer Störung des Wärme- und Flüssigkeitshaushaltes. Auch die Psoriasis arthropathica schließt noch ein zweites Krankheitsphänomen ein: Gelenkbeschwerden bis hin zu Deformationen, ähnlich wie sie bei rheumatischen Krankheiten auftreten. Sie sind davon allerdings als Folge der Schuppenflechte abzugrenzen. Beide Psoriasisformen bedürfen einer wesentlich intensiveren Behandlung als die leichteren Formen.

Welche Behandlungsmethoden gibt es?

Die Therapie ist graduell der Ausprägung der Psoriasis angepaßt. Dabei ist darauf zu achten, daß sie möglichst nebenwirkungsarm ist, da es sich um Daueranwendungen handelt, die womöglich ein Leben lang ausgeführt werden müssen. Zu den leichten Therapien gehören äußere Anwendungen, etwa hautpflegende Maßnahmen wie Therapien durch Teerölbäder, Solebäder oder auch PUVA-Bäder (P wie Psoralen, einem Lichtsensibilisator und UVA-Therapie) sowie die Phototherapie. Bei der Phototherapie und insbesondere bei den PUVA-Bädern muß die Lichtdosis genauestens kalkuliert werden, um das Risiko eines lichtinduzierten Hautschadens zu vermeiden.
Zur Lokaltherapie gehören auch äußerlich anwendbare Wirkstoffe, wie Cignolin oder das Vitamin D-Analogon Calcipotriol, das seit wenigen Jahren auf dem Markt ist. Es wirkt direkt auf den Zellkern und reguliert das Ablesen der Gene, mit der Folge, daß die Überfunktion des Keratinozytenwachstums verändert wird. Das Medikament wird nur eingeschränkt eingesetzt, um eine ungewollte Auswirkung auf den Calciumstoffwechsel zu vermeiden. Cignolin dagegen gehört zur Standardtherapie und ist schon lange im Gebrauch. Der Wirkstoff Dithranol dringt hierbei in die psoriatischen Stellen, deren Hautbarriere geringer ist als die der übrigen Haut und setzt dort eine gezielte Reizung; die übrige Haut wird weniger infiltriert. Eine Veränderung im Spektrum der Mediatoren verursacht dabei vermutlich das Abheilen der Schuppenflechte.

Wie kann man schwere Fälle der Psoriasis behandeln?

Als nächste Steigerungsform werden Abkömmlinge des Vitamins A (Retinoide) gegeben und bei sehr schweren bis therapieresistenten Formen der Psoriasis kommen schließlich Medikamente wie Methothrexat oder Cyclosporin A zur Anwendung, deren Einnahme immunsuppressiv wirkt. In Amerika werden diese Mittel häufiger angewendet, weil dort nur ambulante Behandlungen für Psoriasiskranke vorgesehen sind. Bei uns werden sie nur in sehr schweren Fällen eingesetzt, da sie nicht ohne Nebenwirkungen sind.

Ist Schuppenflechte völlig heilbar?

Psoriasis ist in allen ihren Erscheinungsformen eine chronische Krankheit. Das heißt sie ist auch nach einer Behandlung in der Klinik nur zeitweise verschwunden. Mit einer Standardtherapie ist der an einem mittleren Schweregrad erkrankte Patient nach einem circa drei bis vier Wochen dauernden stationärem Aufenthalt überwiegend frei von Psoriasisstellen.
Je nach Verlauf der Krankheit und nach Verhalten des Patienten sind danach psoriasisfreie Intervalle bis zu einem Jahr und länger möglich. Wie lange, hängt neben dem Schweregrad auch vom Verhalten des Patienten ab. Der Psoriatiker muß viel Zeit aufwenden, um sich zu pflegen und so zu behandeln, wie er es während des Klinikaufenthaltes gelernt hat.

Welche Provokationsfaktoren gibt es, die "Rückfälle" beschleunigen?

Bestimmte Medikamente können Provokationsfaktoren sein, dazu sind zu rechnen: Beta-Blocker und ACE-Hemmer, beides Mittel, die in der Bluthochdruck-Therapie verwendet werden, Anti-Malaria-Präparate, Lithium Präparate und bestimmte Antiphlogistica, wie etwa ASS. Wesentlich zur Vermeidung von Rückfällen ist natürlich das Verhalten des Patienten. Führt er die hautpflegenden Maßnahmen zu Hause weiter durch? Vermeidet er sogenannte Triggerfaktoren wie Alkhol und Streß?

Interview: Sabine Wettig


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