Forschungsstelle für Umweltpolitik widerspricht BDI-Präsident
Dänische Ökosteuer erfolgreich
"Die dänische Klimaschutzpolitik kann im internationalen Vergleich
als beispielhaft gelten". Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Forschungsstelle
für Umweltpolitik der Freien Universität Berlin zu Energiesteuern
in Europa. Anders als in Deutschland, wo die Verminderung der CO2-Emissionen
im wesentlichen auf den wirtschaftlichen Zusammenbruch der Schwerindustrie
und des Bergbaus in den neuen Bundesländern zurückzuführen
ist, verdanken die Dänen ihren Erfolg einer planvollen Energie- und
Umweltpolitik und einer ökologischen Steuerreform.
Dem Vorbild Schwedens und Finnlands folgend erhebt Dänemark seit
1992 - zusätzlich zu den bereits 1977 eingeführten Energiesteuern
- eine CO2-Abgabe. Im Januar 1993 kam eine Mitte-Links-Regierung an die
Macht, die die wirtschaftlichen Probleme des Landes - hohe Arbeitslosigkeit
und ein notorisches Haushaltsdefizit - mit einer "grünen Politik"
und einer "ökologischen Steuerreform" anpackte. Das dänische
Parlament verabschiedete im Juni 1993 die ökologische Steuerreform
mit dem Ziel, knappe Ressourcen zu besteuern und den Faktor Arbeit zu entlasten.
Die Umweltsteuern werden seit 1994 jährlich angehoben. Die neuen grünen
Abgaben trafen zunächst vor allem die Haushalte. Bei unverändertem
Verhalten bei Energie- und Wasserverbrauch können sich die Kosten
für grüne Abgaben in verschiedenen Haushaltstypen verfünffachen.
Die Struktur des Steueraufkommens änderte sich rasch: der Anteil der
Einkommensteuer wurde halbiert und der Anteil der grünen Abgaben stieg
von 10 auf 15% an.
1996 führte Dänemark im nationalen Alleingang auch eine CO2-Abgabe
für Industrie und Gewerbe ein. Diese Abgabe ist allerdings zeitlich
gestaffelt, nach Branchen differenziert und in ihrer Höhe durch freiwillige
Vereinbarungen verhandelbar. Die zusätzlichen Mittel dienen einer
Entlastung bei der Einkommensteuer und der energetischen Modernisierung
der Betriebe. Von 2000 an soll das zusätzliche Steueraufkommen vollständig
zur Senkung der Lohnnebenkosten verwendet werden.
Im Zusammenhang mit der ökologischen Steuerreform ist in Dänemark
ein Boom bei erneuerbaren Energien und stromsparenden Haushalts- und Elektrogeräten
festzustellen. Seit 1994 stieg der Anteil der Stromspar-Kühlschränke
von 40 auf über 90 Prozent. Wirtschaftlich hat sich die Situation
des Landes erheblich verbessert. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit
der dänischen Industrie wurde durch die Energiesteuer keineswegs geschwächt.
Die Arbeitslosigkeit ging seit 1993 radikal zurück. In diesem Jahr
wird ein Haushaltsüberschuß erzielt. Auch wenn der Anteil der
ökologischen Steuerreform hieran schwer zu messen ist: zu einer wirtschaftlichen
Beeinträchtigung hat sie keineswegs geführt.
Der CO2-Ausstoß pro Kopf ist in Dänemark seit 1990 von 11,9
Tonnen auf 11,2 Tonnen gesunken. Im letzten Jahr war auch erstmals der
Stromverbrauch der Haushalte um 0,8 Prozent rückläufig. Dies
kontrastiert mit der Behauptung von BDI-Präsident Henkel: "Dänemark
ist seit Einführung einer Energiesteuer zum Land mit dem steilsten
Anstieg des Pro-Kopf-Ausstoßes von CO2 in Europa geworden". Offenbar
wurde hierbei nicht der inländische Energieverbrauch bewertet, sondern
der starke Stromexport Dänemarks nach Skandinavien einbezogen. Die
aus der Energiebilanz abgeleiteten CO2-Emissionen stiegen 1996 allein durch
diesen Exportüberschuß (von 40%) an. Grund hierfür war
die Preisentwicklung an der schwedisch-norwegischen Strombörse NordPool:
Der Strompreis auf dem Spotmarkt verdoppelte sich nach Einführung
des freien Strommarktes in Skandinavien, so daß die dänische
Stromwirtschaft nunmehr gegen den kostengünstigen skandinavischen
Wasserstrom konkurrieren konnte. Um die Wirkung der dänischen Klimaschutzpolitik
einschätzen zu können, müssen die Emissionen jedoch um Klimaeinflüsse
und Strom-Exporte bzw. -Importe korrigiert werden. Die Entwicklung der
korrigierten CO2-Emissionen zeigt einen Rückgang um 5 Prozent gegenüber
dem Basisjahr 1990.
Die Forschungsstelle für Umweltpolitik (FFU) der Freien Universität
Berlin hat in einem Gutachten für GREENPEACE die ökologischen
und wirtschaftlichen Aspekte einer Energiebesteuerung international verglichen.
Acht europäische Länder haben eine kombinierte Energie-/CO2-Steuer
eingeführt. Hinzu kommen Länder wie Großbritannien, das
eine Abgabe auf Strom aus fossilen Brennstoffen erhebt und Besteuerung
von Benzin jährlich um 5 Prozent (real) erhöht. Dänemark,
Schweden und die Niederlande haben eine umfassende ökologische Steuerreform
im nationalen Alleingang durchgeführt und sind dabei diese weiter
auszubauen.
Die FFU-Untersuchung ergab auch, daß Deutschland im OECD-Vergleich
weder durch Umweltschutzabgaben noch durch Umwelt- und Energiesteuern besonders
hoch belastet ist. Auch die Energiepreise für die Industrie sind nicht
auffällig hoch und unterscheiden sich innerhalb Deutschlands oft stärker
als im Vergleich mit anderen Ländern.
Die Kritik des BDI an Öko-Steuern steht im Widerspruch zu den
positiven Erfahrungen insbesondere in Dänemark, den Niederlanden und
Schweden. Sie ignoriert aber auch den internationalen Diskussionsstand:
Die Forderung nach einer Besteuerung von Energie im Rahmen einer ökologischen
Steuerreform wird heute auch von der OECD, vom IWF und der Europäischen
Kommission erhoben. Die Europäische Umweltagentur sieht in einer ökologischen
Steuerreform eine mehrfache win-win-Lösung: für die Umwelt, für
Innovation, Wettbewerb, Beschäftigung und für das Steuersystem.
Besorgnisse hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit sind nach Ansicht
der OECD "oft übertrieben" und auf eine "starke Opposition von Interessenverbänden"
zurückzuführen.
Prof. Dr. Martin Jänicke/ Dr. Lutz Mez
Literatur: Martin Jänicke, Lutz Mez, Pernille Bechsgaard, Börge
Klemmensen: Innovationswirkungen branchenbezogener Regulierungsmuster am
Beispiel energiesparender Kühlschränke in Dänemark. Teilprojekt
des Forschungsverbzundes Innovative Auswirkungen umweltpolitischer Instrumente
(FIU), FFU-report 98-3
Martin Jänicke, Lutz Mez, Andreas Wanke, Manfred Binder Ökologische
und wirtschaftliche Aspekte einer Energiebesteuerung im internationalen
Vergleich. Gutachten für Greenpeace Deutschland, FFU-report 98-2
Zu haben bei: Forschungsstelle für Umweltpolitik, Schwendenerstr.
53, 14195 Berlin, Tel. 838 50 98, Fax 831 63 51, Hompage: http://www.fu-berlin.de/ffu
