Erstmals seit über 30 Jahren Zentrale Immatrikulationsfeier für die Erstsemester

Ein feierliches Willkommen an der FU


"Ich finde es eine ziemlich gute Sache, die Erstsemester wieder an der Freien Universität mit einer Immatrikulationsfeier willkommen zu heißen" , sagt Alexandra Radloff. Die Wirtschaftswissenschaftsstudentin im ersten Semester war eine der insgesamt sechzehn Studierenden, die bei der Immatrikulationsfeier im Henry-Ford-Bau am 16. April von Vizepräsident Prof. Dr. Peter Gaehtgens stellvertretend für die einzelnen Fachberereiche mit einer Immatrikulationsurkunde begrüßt wurden. Erstmals seit dem Wintersemester 1966/67 fand an der Freien Universität eine zentrale Feier statt: Kein förmlicher Staatsakt, sondern eine Familienfeier, wie Vizepräsident Gaehtgens in seiner Einführungsrede betonte. "Es ist eigentlich ein Zustand der Verwahrlosung, daß über dreißig Jahre lang die Erstsemester ihren Immatrikulationsbescheid per Post bekommen hätten, so Gaehtgens.

Jeweils ein Studierender jedes Fachbereichs erhält stellvertretend für seine Kommilitonen eine Immatrikulations-Urkunde (Foto: David Ausserhofer)
Um der Feier einen familiären Touch zu geben, hatte die Universitätsleitung im Jubiläumsjahr neben den "Enkeln" , auch die "Großeltern"  eingeladen: Rund 250 Studenten der Gründungsgeneration der Jahre 1948-1950 waren der Einladung in den fast vollen Henry-Ford-Saal gefolgt. Der Student mit der Matrikelnummer 1, Prof. Dr. Stanislaw Kubicki, ließ in seiner kurzen Ansprache die Gründungszeit der Freien Universität Revue passieren und erinnerte an die damals einmalige Gemeinschaft von Lehrenden und Studierenden.Universitäten seien keine Luxuseinrichtungen, "die man sich leistet, wenn es einem gut geht und die man einstellen oder zurückführen kann, wenn die Lage schwierig ist" , erklärte der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Prof. Ernst Benda, mit einem deutlichen Seitenhieb auf die aktuelle Spardiskussion in seinem Festvortrag. Benda, der wie Kubicki zu den Gründungstudenten gehört, erzählte von den Schwierigkeiten, die die Studierenden überwinden mußten, als sie  im Blockadejahr 1948 daran gingen, ohne Bücher, Stühle, Gebäude und Professoren eine Universität im Westsektor der Stadt zu gründen. Genau auf den Tag vor fünfzig Jahren, am 16. April 1948, hatte die Kommunistische Zentralverwaltung für Volksbildung drei Studenten der Universität unter den Linden die Studienerlaubnis entzogen und damit das Fanal zur Gründung einer freien Universität im Westsektor der Stadt gesetzt.
Studierende sollten bei dem "Aufbau einer besseren Welt mithelfen und nicht auf den "Rat alter Männer hören" , rief Benda den Neuimmatrikulierten zu. Einen Rat, den die AStA-Vertreterin Andrea Grüttner sogleich befolgte, die der Hochschulleitung vorauseilenden Gehorsam gegenüber dem politischen Senat vorwarf. Schon im Vorfeld der Feier hatte es Meinungsverschiedenheiten über die Kindertagesstätte und die künftige Frauenförderung gegeben.
Mit dem Einführen von Immatrikulationsfeiern liegt die Freie Universität voll im Trend. Ist es an ostdeutschen Hochschulen schon seit Jahren üblich, Erstsemester feierlich willkommen zu heißen, kommt diese Tradition an westdeutschen Hochschulen nach der Erfahrung von 1968 erst langsam wieder in Mode: allerdings ohne Talar, ohne Staatsakt und "größeres Pompom" . An der Kölner Universität hat der neue Rektor vor kurzem die Tradition von Immatrikulationsfeiern wiederaufleben lassen. In der Fuggerstadt Augsburg lädt der Oberbürgermeister zu Anfang des Semesters zum Empfang. Gerade Universitäten mit langer Tradition wie Heidelberg pflegen allerdings schon länger die feierliche Begrüßung: Pünktlich um 9 Uhr 15 am ersten Tag des neuen Semesters begrüßt der Rektor der Universität Heidelberg die Neueingeschriebenen in der Aula.
Alle Universitäten, die Immatrikulationsfeiern veranstalten, sind mit der Resonanz zufrieden. Daß an der zentralen Immatrikulationsfeier an der FU nicht mehr Studierende teilnnahmen, führt Alexandra Radloff darauf zurück, daß in den Fachbereichen gleichzeitig Einführungsveranstaltungen stattfanden: "das sollte man bei der nächsten Immatrikulationsfeier ändern" .

 Felicitas von Aretin


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