Chemie
Erster bilingualer Studiengang: Chemie auf Deutsch und Englisch
"Wir wollen keinen internationalen Billigstudiengang an der FU", sagte
Prof. Dr. Helmut Baumgärtel auf der Fachbereichratssitzung Chemie
Mitte Februar. Denn mit der Einführung des bilingualen Studienganges
wird der Fachbereich Chemie nun auf internationaler Ebene mit anderen Universitäten
verglichen.
Die Pilotphase des neuen bilingualen Studienganges hat mit dem Wintersemester
1997/98 begonnen. Elf Studenten (fünf deutsche und sechs ausländische)
machten den Anfang und sammelten die ersten Erfahrungen mit dem zweisprachigen
Studium. Das Urteil über das neu gestaltete Fach fällt bei allen
positiv aus, obwohl noch so manche Probleme gelöst werden müssen.
Die Hauptschwierigkeit besteht in dem sehr unterschiedlichen fachlichen
Niveau zu Beginn des Hauptstudiums. Obwohl alle Studenten einen Bachelor
oder ein Vordiplom vorweisen müssen, weichen die Anforderungen in
den einzelnen Ländern weiter voneinander ab als erwartet. Häufig
fehlen Kenntnisse im Fach Mathematik. So war es für die meisten Studenten
schwer, das Semesterziel von 30 Kreditpunkten zu erreichen. Das Studium
ist nach dem neuen European Credit Transfer System (ECTS) organisiert.
Nach vier Semestern kann es mit dem Master of Science und nach fünf
Semestern mit dem Diplom abgeschlossen werden. Die Doktorarbeit (PhD) kann
gleich im Anschluß an die Diplomarbeit erfolgen.
Studierende im Chemielabor (Foto: privat)
Semesterbegleitend sollten die ausländischen Studenten auch Deutsch
lernen können. Die Beherrschung der deutschen Sprache ist allerdings
keine Voraussetzung für diesen Studiengang. Anders sieht es mit dem
Englischen aus. Das müssen alle Teilnehmer in Wort und Schrift beherrschen.
Erst wer im TOEFEL-Test 550 oder im IELTS-Test 6.0 Punkte vorweisen kann,
hat die Eingangsvoraussetzung, um an dem bilingualen Studiengang teilnehmen
zu können.
Die vielen Anfangsschwierigkeiten haben allerdings bislang niemanden
entmutigt; alle sind ö im Gegenteil ö fest davon überzeugt, sie aus
dem Weg räumen zu können. Die FU-Chemiker denken jetzt sogar
darüber nach, auch den Bachelor an ihrem Fachbereich zu ermöglichen,
um die fachlichen Unterschiede schon vor Beginn des Hauptstudiums auszugleichen.
Ein Scheitern wie an den Universitäten Aachen und Leipzig wird an
der FU ausgeschlossen. Der bilinguale Studiengang soll hier unbedingt etabliert
werden.
Um den Studenten das neue Studium etwas zu erleichtern, hat der Fachbereichsrat
darüber nachgedacht, die Prüfungen jahres- statt semesterbegleitend
abzuhalten und die Vergabe der Kreditpunkte zu variieren. Außerdem
soll wahrscheinlich ein Eingangstest oder ein Auswahlgespräch zu Beginn
des Studiums durchgeführt werden, um die fachlichen Niveauunterschiede
aufzuheben. Und schon vor Beginn des nächsten Durchgangs, von Mitte
Juli bis Oktober 1998, wird der intensive Einführungskurs Deutsch
angeboten.
Prof. Limbach, Leiter des neuen Studienganges, erwartet im nächsten
Semester einen viel größeren Andrang: ³Täglich bekommen
wir neue Anmeldungenã. Tatsächlich gibt es für das kommende Semester
schon 22 Interessenten, überwiegend aus dem asiatischen Raum.
Denn der Fachbereich Chemie ist bestrebt, seinen guten Ruf noch weiter
auszudehnen.
Claudia Kurreck
