Professor Josef Kuckertz ist tot
Kooperation als Lernprozeß
Josef Kuckertz lehrte und gewährte die Freiheit des Denkens
Am 25. März, wenige Tage vor seiner Pensionierung, verstarb Professor Josef Kuckertz im Alter von 65 Jahren.
Kuckertz, 1930 in Würselen bei Aachen geboren, erlernte nach dem Krieg zunächst den Beruf eines Landwirtes. Doch seine Berufung war die Musik. Von 1952 bis 1956 besuchte er die Rheinischen Musikschule Köln und schloß mit dem Chorleiterexamen ab. Nach bestandener "Begabtenprüfung" begann er an der Universität Köln das Studium der Musikwissenschaft.
Was folgte, liest sich wie eine Bilderbuch-Karriere: Nach seiner Dissertation über "Gestaltvariation in den von Bartok gesammelten rumänischen Colinden" legte er bereits 1967 seine Habilitationsschrift über "Form und Melodiebildung in der karnatischen Musik Südindiens" vor. Der Habilitationsschrift folgten zwei weitere Bücher, die er gemeinsam mit Kollegen verfaßte: "Musik in Busehr, Süd-Iran" sowie eine Regionalstudie zur südindischen Volksmusik. "Kooperation als Lernprozeß" nannte er diese Erfahrung später.
1980 wurde er an die Freie Universität berufen und leitete seither das Seminar für Vergleichende Musikwissenchaft.
Über viele Amtsperioden vertrat er als Dekan und Prodekan den Fachbereich Altertumswissenschaften. Er lehrte und gewährte die Freiheit des Denkens. Vielleicht waren Toleranz und Großzügigkeit überhaupt seine größten Tugenden. Und vielleicht ist es diesen Tugenden zuzuschreiben, daß unter seiner Leitung das Berliner Seminar für Vergleichende Musikwissenschaft eine beispiellose Vitalität und Produktivität entfaltete.
Mit seinen Schülern, in der Pluralität von individuellen Forschungsinteressen, war es möglich, den Anspruch des Faches einzulösen: die weltumspannende Erforschung von Musik. Die Regionen, die von seinen Schülern für deren Dissertationen bereist wurden, liegen tatsächlich über den ganzen Erdball verstreut. Ungarn, Griechenland, Türkei, Irak, Indien, Thailand, China, Japan, Papua Neu Guinea, Jamaika, Brasilien, Ägypten und Ghana sind nur einige der
Stationen
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Am 24. November des vergangenen Jahres feierten Kollegen und Schüler mit ihm seinen 65. Geburtstag. Wir ahnten nicht, daß es das letzte Mal sein würde.
Dr. Regine Allgayer-Kaufmann
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