EX & TOP

Gerhard Ebel



Gerhard Ebel: "Das Interessanteste im Leben sind Probleme"
Er ist 60 Jahre alt, Doktor der Philosophie, war 13 Jahre lang Direktor der Urania und will jetzt noch einmal studieren und zwar an den drei Berliner Universitäten zugleich. Die Frage nach dem Ursprung des Lebens, auf die Gerhard Ebel bei Biologen und Philosophen eine Antwort suchen will, hat ihn seit seiner ersten Philosophievorlesung bei Professor W ilhelm Weischedel an der Freien Universität nicht mehr losgelassen. Noch heute schwärmt er von der "phantastischen Einführung in die philosophische Analytik". Ein Semester lang sprach Weischedel, der durch sein Buch "Die phil osophische Hintertreppe" einem breiten Publikum bekannt geworden ist, über die Philosophie des Thales. Und dies hieß in der Hauptsache über einen einzigen Satz: "Am Anfang war das Wasser." Thales, so hörte der Student d amals, erklärte den Anfang nicht mehr als das Werk der Götter, sondern als naturwissenschaftliches Phänomen.


Im April 1956 hatte sich Ebel für Publizistik, Philosophie, Germanistik und Theaterwissenschaft an der FU eingeschrieben. "Ich wollte eben all das machen, was mich interessierte", erklärt er den umfangreichen Stundenplan, in dem die Pu blizistik ganz oben stand, denn Ebel wollte Journalist werden. Als Gymnasiast hatte er in Kassel, wohin die Familie nach dem Krieg umgezogen war, seine eigene Schülerzeitung aus der Taufe gehoben und sich zudem einen Presseausweis ausgestellt. Derart gerüstet, zog der Jungreporter los und interviewte die Prominenten, die in Kassel Station machten; Louis Armstrong darunter und den Schauspieler Werner Fink. Das Publizistikstudium aber entsprach den Erwartungen des solcherart Vorbelasteten nicht: & quot;Es war doch sehr akademisch, abstrakt und abgehoben. Ich aber wollte praktischen Journalismus lernen." Beim Tagesspiegel, wohin sich der Student um Rat wendete, empfahl man ihm, doch besser etwas Inhaltliches zu studieren. So kam Ebel zur Philos ophie und nicht mehr davon weg.

Weg allerdings ging er von Berlin. Weil an der FU für einen Abschluß in Philosophie das Graecum notwendig ist und Ebel nach zwei Jahren Griechisch meinte, daß diese Büffelei nicht sein Studienziel gewesen sei. An der Münchener M aximilian-Universität plagten sich die Philosopohen statt mit Griechisch und Latein nur mit letzterem. Dieses aber hatte Ebel schon auf dem Gymnasium gelernt, und so zog er nach München um. Nach insgesamt 16 Semestern promovierte er schließ ;lich 1964 über "Aspekte einer realistischen Grundlegung der phänomenologischen Wesensschau".

Noch während der Arbeit an der Promotion wurde er Assistent des Direktors der Volkshochschule München, wo Ebel schon als Student philosophische Vorträge gehalten hatte und wo schließlich die Realität der Erwachsenenbildung den Tr aum von Journalismus begrub. 1967 wurde er Direktor der Volkshochschule in Göttingen und blieb dies 12 Jahre, bis es dort "schließlich nichs mehr zu entwickeln gab." Ebel, für den das Interessanteste im Leben Probleme sind, sah s ich nach neuen Problemen um.

Sein Blick fiel auf Saudi-Arabien. Zusammen mit einem Araber gründete er hier eine Firma, "die alles machte, was eine Firma machen kann. Wir haben Wüsten begradigt, nach Wasser gebohrt, mit Holz und Stahl gehandelt." Doch die eigentlic he Idee des Ganzen, das Denken der Araber, und das heißt für den Philosophen Ebel, "das Verhältnis dieser Menschen zur Wirklichkeit" zu begreifen, mußte der Unternehmer im Wüstensand begraben. "Dazu hätte es 20 Jahre bedurft." Ebel fuhr nach zwei Jahren zurück nach Deutschland. Hier wurde er zunächst Auktionator für Kunst und Antiquitäten und 1983 Direktor der Urania. "Das war die Spitze für mich", sagt Ebel, der seit e inem Jahr einen Nachfolger und deshalb Zeit hat für die Suche nach einer Antwort auf die Grundfrage des Thales: Wo kommen wir her, und wo gehen wir hin?

h.h.

Ihre Meinung:

[vorherige [Inhalt] [nächste


Zurück zur -Startseite