Ein Vizepräsident wacht über das Berliner Mensaessen: Peter Mahler

Sterne für Vollwertkost


Dem taz-Redakteur hat es geschmeckt. "Für das reichhaltige Angebot und die Qualität der Speisen zu einem derart niedrigen Preis verdient die Cuisine Universitè glatt drei Sterne", schrieb der Probeesser mit vollem Bauch. Die hoh e Kunst des Kochens? Auch wenn es in der Mensaküche keine Gourmetpreise zu erringen gilt, die es da braten und brutzeln und köcheln lassen, haben ihr Kochbuch gelesen. Sechs Köche rühren in riesigen 600 Liter-Töpfen in der gro&szl ig;en Mensa, insgesamt sind allein hier 80 Menschen beschäftigt, Tag für Tag 8000 hungrige Mäuler und leere Mägen zu füllen. Halb so viele sinde es in der Mensa in der Van't-Hoff-Straße.

P. Mahler - Mit trotzigen Köchen ist schlecht Nudeln essen

Einen gibt es, der aufpaßt, daß das Essen schmeckt und an guten Tagen sogar Sterne verdient: Peter Mahler. Seit zwei Jahren ist er Qualitätsbeauftragter für das Mensaessen in Berlin: zehn Mensen insgesamt und 40.000 beladene Teller j eden Semester-Tag. Zu m ehr als einer monatlichen Stippvisite aber reicht die Zeit nicht, denn Mahler schreibt zugleich Speisepläne, kümmert sich um die Organisation des gesamten Verköstigungsbetriebes und denkt sich so köstliche Sachen aus wie zuletzt eine r ussische und nun im Oktober eine ungarische Spezialitätenwoche. Mahler vertraut denn auch auf seine Kochkollegen und deren Fingerspitzengefühl. Selbiges braucht auch er, wenn er unangemeldet plötzlich in der Küche steht und den Kö chen in die Töpf e schaut - das Auge prüft hi er noch vor der Zunge. Jedem Koch sein Topf, nur das Essen soll halt auch schmecken. Und wenn die Spaghetti zu lange im kochenden Wasser lagen, dann sagt er es eben. Es komme auf den richtigen Zungenschlag an, denn mit trotzigen Köchen ist hinterher um so sc hlechter Nudeln essen.

Mahler weiß wovon er spricht: Zehn Jahre lang war er Leiter der großen FU-Mensa, der erste übrigens. Mehr als 30 Jahre Kocherfahrung hatte er damals 1983 schon hinter sich, an kleineren und feineren Töpfen. Doch gerade das Groß e reizte ihn. Kein Gourmetess en für zwei mit ein bißchen Chichi, wie Mahler das Kunstwerk auf dem feineren Teller nennt, sondern gutes und gesundes Essen, sogenannte Vollwertkost für viele und dazu noch billig.

Mahler ist in den Küchen der Bundesrepublik kein Unbekannter. Seit 1960 im Vorstand des Vereins der Berliner Köche, wurde er 1982 zum Vorsitzenden gewählt. Seit sieben Jahren ist er Vizepräsident der deutschen Köche.

Der 62jährige kocht auch gerne daheim, hier freilich abwechselnd mit seiner Frau. Diese "macht das auch schon ganz gut", meint Mahler diplomatisch, doch wenn die Kollegen zu Besuch kommen, dann steht der Meister höchstselbst am Topf. E ine Speisekarte gibt es dann auch und um vier Sterne käme dann wohl auch der verwöhnteste Redakteur nicht herum.

Holger Heimann


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