SFB und ORB ö Zugpferde der Integration der Länder

Die Einsparungen schon hinter sich


Die deutsche Einheit brachte für die elektronischen Medien in Berlin gravierende Veränderungen. In Ost-Berlin als Hauptstadt der DDR waren Rundfunk und Fernsehen der DDR konzentriert. Als Ergebnis des Einigungsvertrages und der politischen En tscheidungen der neuen Länder wurden sie aufgelöst; Rundfunkanstalten der neuen Länder traten an ihre Stelle, darunter der ORB als Landesrundfunkanstalt Brandenburgs.

In West-Berlin existiert der Rias nicht mehr. Rias-TV wurde Teil der für den Auslandsrundfunk zuständigen Deutschen Welle, das populäre Radioprogramm "RIAS 2" wurde privatisiert, aus "RIAS 1" wurde zusamme n mit dem ehemaligen DDR-Programm "DS Kultur" das Berliner Programm von "DeutschlandRadio". Der SFB hatte vor der deutschen Einheit im ARD-Verbund einen erweiterten Programmauftrag, der sich auch in seinem höheren Anteil am ARD-Gemeinschaftsprogramm und einem entsprechenden Finanzausgleich ausdrückte; beides ist massiv zurückgefahren worden.

Berlin und Brandenburg bilden nicht nur historisch und kulturell, sondern auch frequenztechnisch und medienökonomisch eine gemeinsame Region. Die Landesregierungen hatten deshalb nach der deutschen Einheit Pläne zu einer gemeinsamen Rundfunka nstalt (zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern), die aus verschiedenen politischen Gründen scheiterten. Die rundfunkpolitische Zusammenarbeit wurde jedoch in einem Staatsvertrag geregelt: SFB und ORB wurde unter anderem die Verpflichtung auferlegt, zwe i Radioprogramme gemeinsam zu veranstalten, und für die Aufsicht über den privaten Rundfunk wurde eine gemeinsame Landesmedienanstalt (MABB) gegründet. Später folgte die Gründung des Filmboards als gemeinsamer Einrichtung der Film förderung.

Es ist also kaum denkbar, daß ein gemeinsames Land zwei öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten fortführen würde. Eine gemeinsame Rundfunkanstalt kann aber auch dann sinnvoll sein, wenn die Länderfusion nicht zustandekommt. Im Zuge der notwendigen Reform der ARD-Strukturen erscheint auch eine Mehrländeranstalt möglich, an der weitere Länder beteiligt sind.

ORB und SFB sind auf die gemeinsame Arbeit besser vorbereitet als andere Institutionen. Schon jetzt werden nicht nur mehrere Radioprogramme unter gemeinsamer Verantwortung veranstaltet, auch einige Bereiche der Verwaltung werden gemeinsam genutzt. Beid e Sender sind für ihre Reformerfolge vorbildlich: der ORB hat es trotz seiner schmalen finanziellen Basis geschafft, in Radio und Fernsehen beachtliche Programme zu machen; der SFB ist bisher der einzige ARD-Sender, der trotz einer Erhöhung der Programmleistung deutliche Einsparungen umgesetzt hat. "SFB4 - Multikulti" und das gemeinsame "Inforadio" haben das Radioangebot in der Region bereichert.

ORB und SFB sind bei einer Länderfusion in einer besonderen Situation. Einsparungen sind kaum noch von Bedeutung, weil der Ab- und Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Region schon hinter uns liegt. (Der Landeshaushalt wäre ohnehin nicht betroffen, weil ORB und SFB aus Gebühren finanziert werden.)

ORB und SFB sind schon heute ein positives Beispiel für die Zusammenarbeit; als gemeinsame Landesrundfunkanstalt könnten sie zum Zugpferd der Integration werden.

Axel Zerdick


Axel Zerdick ist Professor für Ökonomie und Massenkommunikation am Institut für Publizistik- und Kommunikations-wissenschaft der FU und Mitglied im Rundfunkrat des Senders Freies Berlin

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