Sie würde auch nicht für viel Geld Leute seelisch ausziehen

Eine Frau mit Prinzipien: Claudia Karstedt.


Eigentlich wollte sie Schauspielerin werden, entschied sich dann aber doch für den Journalismus. Nach dem Abitur ging Claudia Karstedt nach Berlin, um dort Germanistik, Publizistik, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte an der FU zu studieren. Schon während des Studiums wurde die heute 42jährige journalistisch tätig.

Eine dreimonatige Hospitanz beim SFB in Hörfunk- und Fernsehredaktionen im Jahr 1977 war der Anfang. Es folgte die freie Mitarbeit als Regieassistentin, Reporterin und Moderatorin und zehn Jahre später eine unbefristete Festanstellung bei der aktuellen Hörfunkwelle SFB 2 als selbständige Redakteurin und Moderatorin. Außerdem fungierte sie als Lektorin für das Berliner Werbefernsehen und produzierte Fernsehkurzbeiträge für das SFB-"Telejournal" und das Szenemagazin "45 Fieber". 1980 schloß sie ihr Studium ab und promovierte 1982 zum Dr. phil.


Öffentlich-rechtlich - privat - und zurück? Claudia Karstedt hat noch viel vor.

Als Moderatorin des SFB-Ratgeber-Magazins "Quivive - Familie am Mittwoch" überzeugte die Tierliebhaberin durch ihre journalistische Leistung so sehr, daß ihr der Privatsender SAT. 1 die Moderation der Talksendung "Frauen" anbot.

"Ich habe mir lange überlegt, ob ich meine sichere Festanstellung bei der Hörfunkwelle SFB 2 aufgeben soll. Aber die Arbeit dort war nicht mehr befriedigend, weil der Wortanteil und damit die Information immer mehr reduziert wurde, die Orientierung am privaten Seichtfunk war mir zu stark. Deshalb wollte ich mal etwas anderes ausprobieren". Auch das Angebot, eine tägliche Sendung moderieren zu können, stellte eine große Herausforderung, aber auch ein Risiko dar. "Hire and fire", dieses Prinzip hat sie zu spüren bekommen. "Wir produzierten fast 40 Gesprächsrunden, bevor es überhaupt zur Ausstrahlung kam, und zwar eine erstaunlich kritische und anspruchsvolle Sendung, die eher zu den öffentlich-rechtlichen Anstalten gepaßt hätte. Mich wunderte ehrlich gesagt, daß das keiner der Verantwortlichen kritisiert hat, denn für die Sendezeit am Vormittag zum Nebenher-Gucken war sie eigentlich zu intellektuell.

Außerdem waren die Studiokulisse und das Licht scheußlich kalt. Meine Einwände wurden abgetan, das sei schon alles in Ordnung!" Das Themenspektrum reichte weit: Beruf, Liebe, Familie, Kinder, Gesundheit etc. Die Kritiken waren gut, aber das Zuschauerinteresse war zu gering. Die Quotenerwartung wurde nicht erfüllt. Ohne gründliches Nachdenken sollten die Gesprächsrunden dann reißerischer gestaltet werden. Dafür war Claudia Karstedt nicht die Richtige. Sie lehnte es ab, die Menschenwürde ihrer Gäste anzutasten und in ihre Intimsphäre einzudringen. "Ich ziehe Leute nicht seelisch aus, auch nicht für viel Geld. Diesem Prinzip bleibe ich treu". Nach 67 Aufzeichnungen war Schluß. "Heute sehe ich den Wert der öffentlich-rechtlichen Anstalten, trotz einiger Fehlentwicklungen, wieder anders und halte sie für absolut notwendig, wenn wir nicht vollends verblöden wollen."

Was ihr die Zukunft bringen wird, weiß sie nicht. Trotzdem läßt sie sich nicht entmutigen und bleibt aktiv. Daß sie dabei nicht nur auf den Journalismus fixiert ist und noch dazu das Angenehme mit dem Nützlichen verbindet, beweist ihre letzte Tätigkeit: Für einen Berliner Reiseveranstalter war sie auf vier Weltreisen als Reiseleiterin tätig.

Monika Bloch


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