Zur Emeritierung des Religionsphilosophen Klaus Heinrich

Der letzte große Repräsentant einer Universitätsutopie


Vor wenigen Jahren hat Klaus Heinrich in einem Vortrag zwar vom Ende der Universitätsutopie gesprochen; für seine Freunde und Schüler bleibt er dennoch bis heute deren Repräsentant und der aufmerksame Chronist einer Universität sgeschichte, deren glücklicher Ausgang mehr als ungewiß ist.


Klaus Heinrich

Klaus Heinrich ist 1927 in Berlin geboren. Er gehörte als junger Student zu den Gründern der Freien Universität und wurde hier 1971 zum ordentlichen Professor für Religionswissenschaft ernannt. Sein Verständnis von Gründung und Erneuerung ließ ihn in den 60er Jahren, nun als Privatdozent und Assistent, zum sympathetischen Beobachter und manchmal auch Ratgeber der Studentenbewegung werden, wie dann später bei den wenigen Ansätzen einer Universitätsreform zum engagierten Hochschulpolitiker im sozialwissenschaftlich orientierten Fachbereich 11.

Es ist schwer zu sagen, worauf Klaus Heinrich das größere Gewicht legt: auf das Gelehrten- oder auf das Universitätslehrerdasein. Wahrscheinlich wäre das eine für ihn ohne das andere überhaupt nicht denkbar. Vielleicht könnte man die "öffentliche Verhandlung" - ob mündlich, ob schriftlich - als sein Medium bezeichnen. Das ungeheure Wissen vorausgesetzt, ist es sein Denkstil, der seine Hörer und Leser fasziniert. Als Grenzgänger zwischen Mythologie und Philosophie unterschlägt er den Reichtum des Materials ebensowenig wie er die analytische Strenge vernachlässigt. Von den Erfahrungen dieses Jahrhunderts ausgehend aktualisiert er sein Material und lehrt, Fragen zu stellen: ob griechische Mythologie oder neuzeitliche Aufklärung; ob die Kunst der Renaissance oder die Kultbewegungen dieses Jahrhunderts: sie alle werden nach ihrem Umgang mit den existentiellen Konflikten befragt, deren Lösung in unserem Jahrhundert so zerstörerische Formen annahm.

Mit der Religionsphilosophie Paul Tillichs, der psychoanalytischen Methode Sigmund Freuds und dem französischen Existentialismus vereint Klaus Heinrich in seinem Denken die großen Aufklärungs- und Protestströmungen dieses Jahrhunderts. Ich wünsche uns allen, daß er sein Versprechen hält, und auch nach der Emeritierung seine Vorlesungen weiterführt.

Sigrun Anselm


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