"Ich gehöre zu dem einen Land wie dem anderen"

Etienne Francois, der seit 1989 einen Lehrstuhl an der Sorbonne innehat, wird zum Honorarprofessor für Neuere Geschichte an der Freien Universität bestellt. Vier Jahre ist es her, daß er von der Seine an die Spree wechselte. Zunächst Fellow im Wissenschaftskolleg, wurde er 1992 Gründungsdirektor am Deutsch - Französischen Zentrum (Centre Marc Bloch) für Sozialwissenschaften. Francois begreift sich als "Kontaktmensch zwischen Frankreich und Deutschland". Als solcher betreut er Doktorarbeiten, organisiert Symposien und bringt junge Wissenschaftler beider Länder zusammen. Der französische Deutschlandkenner beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Neuerer Geschichte.

In zwei Büchern beschreibt er das Leben in Koblenz und Augsburg vor 200 Jahren. Ein Franzose, der sich mit deutscher Geschichte befaßt: ein großer Vorteil, wie er meint. "Weniger belastet" als seine deutschen Kollegen, kann er mit größerer Unbefangenheit zu Werke gehen. So ist er zugleich In- und Outsider, sucht und findet Nähe aber auch notwendige Distanz zu einem fremden Land, das er in mancher Beziehung besser kennt als das eigene.

Zwar hat er als Mitglied im Graduiertenkolleg Gesellschaftsvergleich bereits vor seiner Ernennung zum Honorarprofessor mit FU-Studenten zusammengearbeitet, doch kann er sich jetzt verstärkt seiner eigentlichen Neigung, der Lehrtätigkeit, widmen. Die deutsch - französischen Beziehungen und die Thematik des kollektiven Gedächtnisses sollen dabei im Mittelpunkt stehen. Francois schätzt die größere Selbständigkeit deutscher Studenten und deren "natürlicheren Umgang mit Büchern". Die rhetorische Ausbildung hingegen würde an deutschen Universitäten weitgehend vernachlässigt. Francois will dafür sorgen, daß dies zumindest bei seinen Studenten nicht so bleibt.


h.h.


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