Partnerschaften

Mit St. Petersburg ins 21. Jahrhundert


Es war im November 1965, bei einem jener Empfänge in der tschechoslowakischen Militärmission ganz in der Nähe der FU, wo sich - vier Jahre nach Mauerbau, in den eisigsten Zeiten des Kalten Krieges - jene höchst informellen Ost-West-Begegnungen ereigneten, die ein Minimum von Tau erzeugten: FU-Rektor Lieber wurde von einem Mitarbeiter der sowjetischen Botschaft in Ost-Berlin auf das Thema Wissenschaftleraustausch angesprochen. Die Sowjets waren zu jener Zeit und auf diesem Feld international ziemlich isoliert, Lieber gleichwohl ein Mann offener Ohren. "Zu Anfang erschien die Sache zu verwegen, um durchführbar zu sein", schrieb James Tent später über dieses Kapitel der FU-Geschichte. Überall standen diplomatische Fettnäpfchen im Weg. Ein Beispiel: Die Sowjets verfolgten die Drei-Staaten-Theorie, derzufolge West-Berlin eine selbständige politische Einheit war. Also wäre die Bonner Botschaft der UdSSR nicht für die Visa-Erteilung der FU-Wissenschaftler zuständig. Umgekehrt konnte die Ost-Berliner Botschaft zu einem Zeitpunkt, wo West-Berliner keinen Zugang in den Ostteil der Stadt hatten, nicht in Anspruch genommen werden. Hoch heikel, hoch verzwickt. Schließlich wurde das Problem mit Hilfe von Boten der sowjetischen Botschaft gelöst, die die Anträge in West-Berlin entgegennahmen, in Ost-Berlin bearbeiten ließen und schließlich in West-Berlin wieder aushändigten.

Die Kooperation zwischen der FU und der Universität St. Petersburg ist bis ins Jahr 2000 gesichert. Mitte Oktober unterzeichneten die Rektorin der Partneruniversität, Prof. Dr. Ljudmila A. Werbitzkaja, und FU-Präsident Gerlach das Verlängerungsprotokoll zum seit 1968 bestehenden Kooperationsvertrag.


Angesichts solcher Schwierigkeiten ist es nicht verwunderlich, wenn zwischen dem ersten Kontakt in der CSSR-Mission und der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages mehr als zwei Jahre vergingen. Im Januar 1968 traf dann eine Delegation aus Leningrad auf dem Campus der FU ein und schlug etwas überraschend vor, sofort ein Abkommen zu schließen. Und so kam es auch: Der Vertrag wurde in Berlin aufgesetzt und sogleich unterschrieben. Eine Pioniertat, nicht nur im Bereich des Kulturaustausches, eine Vorarbeit auch für das, was man später Entspannungspolitik nennen würde.

Die Kooperation hatte allerdings auch ihre Haken: So legten die Leningrader Wert darauf, daß es sich nicht um einen Studentenaustausch handelte, und die Forschungsfelder waren relativ eng auf Naturwissenschaften mit einem geringen geisteswissenschaftlichen Beipack beschränkt. Der Wandel, der letztlich aus Leningrad wieder Petersburg machte, lockerte diese Beschränkungen. Mit dem nun bis zum 31.12.2000 verlängerten Kooperationsvertrag sind 22 Themen aus Geistes- und Naturwissenschaften abgedeckt, darunter neuerdings Medizin. Der Austausch kann nun auch "fortgeschrittene" Studierende umfassen, nicht bloß Postgraduierte und Professoren.

Der Vertrag mit der Uni Petersburg ist der erste Partnerschaftsvertrag der FU mit einer Uni, der bis ins nächste Jahrtausend reicht.

-ther


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