Die Freie Universität hat erstmals das Land Berlin wegen verfassungswidriger Haushalts- und Stellenkürzung vor dem Verwaltungsgericht verklagt: Fünf gestrichene wissenschaftliche Stellen für die Zahnmedizin und die dafür nötigen 500.000 DM sollen wieder in den FU-Haushalt eingesetzt werden.
Das Abgeordnetenhaus hat im Dezember 1993 ein Gesetz zur Neuordnung der Zahnmedizin an den Berliner Universitäten beschlossen. Danach mußten zahlreiche Studienplätze, die entsprechenden Stellen und Haushaltsmittel abgebaut werden - allein an der FU rund 50 Prozent. So war die FU verpflichtet, die Zahl der Lehrkräfte in diesem Bereich zu verringern. Das ist auch geschehen. Studierwillige, die deshalb keinen Studienplatz an der FU erhielten, haben jedoch beim Verwaltungsgericht mit Erfolg auf Zulassung zum Studium geklagt. Denn die Richter sind der Ansicht, das dem Zahnmedizin-Gesetz keine ausreichende Abwägung der - auch grundgesetzlich geschützten - Interessen der Studierwilligen vorausgegangen und die Reduzierung der Ausbildungskapazität mithin willkürlich und nicht verfassungskonform sei. Infolgedessen ist auch die Reduzierung des Lehrangebots an der FU nicht rechtlich anerkannt worden. In diesem Fall bemißt das Gericht die Aufnahmekapazität so, als ob die Stellen nicht gestrichen worden wären. Dieses "fiktive Lehrangebot" ist dann die Grundlage für die Berechnung zusätzlicher Plätze durch das Gericht, das die FU zu entsprechend mehr Zulassungen verurteilte.
Zu wenig Phantomköpfe für zu viele Studierende: Was Realtität und was Fiktion in der Zahnmediziner-Ausbildung ist, soll das Verwaltungsgericht klären.
Um den Widerspruch zwischen der gesetzlich vorgegebenen und auch realisierten Stellen- und Haushaltskürzung einerseits und der gegenteiligen Rechtssprechung andererseits zu beheben, hat die FU in ihrem Kuratorium beschlossen, diese Kürzung wegen ihrer Verfassungswidrigkeit rückgängig zu machen. Die für die Genehmigung des Haushalts zuständige Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung hat diesen Beschluß jedoch nicht bestätigt und sich damit weiterhin entgegen der Rechtssprechung an das Zahnmedizingesetz gehalten.
Bisher hat noch keine Hochschule eine ähnliche Klage angestrengt. Wenn die Klage Erfolg hat, würde das Land erstmals für das nach Auffassung der FU ohnehin unzulängliche Zahnmedizin-Gesetz in Haftung genommen. Gleiches ist auch für das Gesetz zur Neuordnung der Hochschulmedizin zu erwarten.
FU:N