Die Verantwortung, die deutsche Universitäten für ihre Studenten und Studentinnen verspüren, endet in der Regel mit der Abnahme der letzten Prüfung. Danach bleiben die jungen Absolventen und Absolventinnen bei der Suche nach einer a däquaten Beschäftigung sich selbst überlassen. Das ist nicht überall so, denn in den USA, oder in verschiedenen Europäischen Universitätssystemen - z.B. in Großbritannien und in den Niederlanden - endet mit dem Examen k eineswegs die Aufgabe bzw. Verantwortung der Hochschule. Hier sind diese auch bestrebt, ihre Absolventinnen und Absolventen ebenso zahlreich wie auch gut auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen. Hierzu unterhalten sie in der Regel zentrale Einrichtungen, soge nannte Placement Services, Career Center oder - wie die Universität Amsterdam - ein Loopbaan Advies Centrum.
Diese zentralen Anlaufstellen befassen sich aber nicht erst mit den Arbeitsmarkt- und Berufseinstiegsproblemen ihrer Studierenden, wenn diese nach dem Examen aus der Universität heraustreten wollen, sondern sie bieten ihnen eine breite Palette vo n Dienstleistungen an, die alle dem Ziel dienen, ihnen den Eintritt in das Berufsleben zu erleichtern. Hierzu zählen Veranstaltungen, in denen die Studierenden in enger Zusammenarbeit von Universität, Unternehmen und Behörden und unter rege r Beteiligung ehemaliger Studenten bei der Suche und Auswahl von Berufswegen und -möglichkeiten und der Abstimmung mit den eigenen Interessen unterstützt werden, Informationen über Entwicklungsmöglichkeiten und Arbeitsmarktchancen von Berufen und Beschäftigungsfeldern erhalten, auf Praktikumsmöglichkeiten aufmerksam gemacht werden, bei denen sie die Möglichkeit haben, im Studium erworbene Kenntnisse praktisch zu erproben, lernen können, Lebensläufe und Bewerbu ngen zu schreiben, in denen sie aber auch auf Einstellungsgespräche vorbereitet und solche, in denen sie mit potentiellen Beschäftigern in Kontakt und ins Gespräch gebracht werden.
An deutschen Universitäten haben sich in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Initiativen gebildet, die Absolventen bei der Berufseinmündung unterstützen und die auf einen Transfer zwischen Universität und Praxis vor allem f&uu ml;r Studierende sozial- und geisteswissenschaftlicher Fächer abzielen (z.B. "Student und Arbeitsmarkt", "Magister in die Wirtschaft").
Auch an der Freien Universität gibt es seit Jahren an einzelnen Fachbereichen Initiativen, die in die oben genannte Richtung zielen (von den AIESEC-Veranstaltungen "von Studenten für Studenten" der Wirtschaftswissenschaften bis hin zu einer mehrsemestrigen Veranstaltung bei den Philosophen über die Berufsmöglichkeiten und Arbeitsmarktchancen ihrer Absolventen usw.). Auch die Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung bietet einige "Veranstaltungen für Bewer ber und Bewerberinnen" an und hat, in Zusammenarbeit mit der Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung, ein Konzept für eine "Praktikumsbörse für Studentinnen" (mit kleinem "i", also nur für weibliche Studierende) vorgelegt, in dem vielfältige Angebote für "Studentinnen auf dem Weg in die Praxis" unterbreitet werden.
An der FU existiert allerdings keine diese Einzelmaßnahmen koordinierende und vor allem unterstützende Einrichtung, in der die verstreuten Informationen gebündelt und vor allem auf gesamtuniversitärer Ebene die Kontakte zu Wirtsch aft und Behörden im Sinne eines auf Lehre und auf Unterstützung der Studierenden bei der Berufseinmündung orientierten Praxistransfers organisiert werden.
Karin Gavin-Kramer und Klaus Scholle von der Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung haben im September 1994 in Zusammenarbeit mit dem Projekt Pro Lehre (PPL) eine Projektskizze für eine "FU-Koordinationsstelle 'Studium, Ab schluß, Arbeitsmarkt, Transferi (SAAT)'" vorgelegt, in der - unter Berücksichtigung der Erfahrungen des Loopbaan Advies Centrum der Universität von Amsterdam - die Aufgaben einer solchen Einrichtung, im Sinne einer Unterstützung der F achbereiche, umrissen sind (Dialog Arbeitgeber/FU Berlin; Präsentation von Arbeitgebern in der Universität; Praktika-Akquisition und -vermittlung; Bewerbungstraining und Zusatzqualifizierung; Arbeitsmarktinformationen; FU-Studienführer f&uu ml;r Arbeitgeber; Absolventenkartei und Absolventenpräsentation).
Nach ersten Gesprächen zwischen der Zentralen Universitätsverwaltung, den Initiatorinnen der Praktikantinnenbörse, einigen für Praktika zuständigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einzelner Fachbereiche und der Kommission f&u uml;r Lehre und Studium (LSK) ist die Diskussion allerdings nicht weitergetrieben worden. Mit Beginn des Wintersemesters soll sie wieder aufgenommen werden. Denn über zweierlei bestand bei allen bisherigen Gesprächen Konsens: Die Schwierigkeiten von Absolventinnen und Absolventen unserer meisten Studiengänge beim Íbergang in den Beruf werden auch zukünftig bestehen. Und es wird auch weiterhin sinnvoll sein, Studierende durch vielfältige Angebote in dieser Situation zu unterstü ;tzen.
Dr. Dieter Grühn
Der Autor ist Mitarbeiter im Projekt pro Lehre und in der Kommission für Lehre und Studium.