Hans Medicks Buch zur Geschichte von Laichingen, einem ländlichen Ort auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb, ist eine mikrohistorische Untersuchung einer lokalen Gesellschaft. Von der Diskussion über die sogenannte Proto-Industrialisierung ausgehend steht zunächst die hausindustrielle Leineweberei im Vordergrund, gesehen im lokalen und in überlokalem Zusammennhang. Qualitätsvolles handwerkliches Weben in Verbindung mit kleiner Landwirtschaft sicherte jahrhundertelang das Überleben. Untersucht werden die Besonderheiten der Ökonomie, soziale Strukturen, generative Verhaltensweisen, die Alltagskultur bis hin zur Bedeutung von Kleidung, Kleiderfarben und Buchlektüre, ebenso aber die Eigentümlichkeiten des Laichinger und des württembergischen Pietismus, die ihm eigene Frömmigkeit. Auf der Grundlage von Gewerbefleiss und kleinem Eigentum formte die religiöse Mentalität eine beharrungs- und anpassungsfähige Überlebenskultur.
Das mikroanalytisch genaue Eingehen auf Handlungen und Lebensgeschichten einzelner Personen, generell auf vieles Einzelne in der Geschichte dieses württembergischen Leineweberorts nimmt Lokalgeschichte ernst. Diese wird aber fortlaufend mit übergreifenden Frage- und Problemstellungen verknüpft. Lokalgeschichte und zugleich umfassende Problemgeschichte: in diesem Spannungsfeld eröffnen sich neue Einsichten in historische Prozesse, erschliessen sich Zusammenhänge der allgemeinen Geschichte. Das gilt für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, für historische Demographie und Kulturgeschichte, nicht zuletzt für die Frömmigkeits- und Kirchengeschichte.