Mittelalterliche
Dorfkirchen im Teltow (Brandenburg) |
Kirchen |
Dorfkirche Klein
Beeren Diese Dorfkirche hat uns einiges Kopfzerbrechen bereitet. Sie ist durch Umbauten stark verändert worden. Trotzdem gibt es einige Diskrepanzen, die auch durch die Umbauten nicht ohne weiteres erklärt werden können. So ist das Mauerwerk im unteren und ursprünglichen Teil lagig mit gut behauenen Quadern und mit sehr wenigen Auskeilungen. Das Priesterportal sitzt dagegen in einem sehr unregelmäßig gemauerten Bereich, der von oben bis unten reicht, und es ist äußerst nachlässig mit schlecht behauenen, ungleich starken und schlecht passenden Gewändesteinen ausgeführt. Das große spitzbogige Südportal hat dagegen exzellent behauene Gewändesteine, deren Ecken z.T. offenbar nachträglich weggeschlagen wurden. Dagegen sind die Gewände der zugesetzten originalen Fenster wiederum ziemlich schlecht behauen im Vergleich mit der guten Mauerwerksausführung; passen stilmäßig aber gut zum Priesterportal. Bemerkenswert ist das Vorhandenseins eines Quaders mit einem Schachbrettmuster, der auf der Südseite im Übergangsbereich zum Turm (mit Mischmauerwerk) eingemauert ist. Lage: Kleinbeeren liegt östlich von Großbeeren und ist über die B 101 zu erreichen. Die Kirche liegt an der Dorfstraße neben der Ruine des ehemaligen Gutshauses. Lt. "Kreisinventar" soll es früher einen unterirdischen Gang vom Gutshaus zur Kirche gegeben haben. Ortsgeschichte: 1285 wurde
das Dorf erstmals urkundlich genannt; 1344 als "Klyn Berne".
Es war damals schon im Besitz der v. Beeren. Im Landbuch Kaiser
Karls IV. von 1375 ist es nicht aufgeführt. 1401 wurde Hans
v. Torgow mit dem von Otto v. Heinrichsdorf zurückgegebenen
Lehen von Markgraf Jobst belehnt. 1431 erlaubte Hans v. Torgow dem
Hans, Andreas und Dietrich von Berne sowie den Bewohnern von
Kleinbeeren die Nutzung seiner großen Wiese auf der
Dorfmarkung. Demzufolge hatten die obigen Hans, Andreas und
Dietrich v. Beeren das Dorf als Afterlehen der v. Torgow. 1450
zählte das Dorf 41 Hufen, davon zwei Pfarrhufen, zwei
Kossäten und einen Krug (Dorfschenke). Nach dem Aussterben
der v. Torgow war es ein direktes markgräfliches Lehen der v.
Beeren. 1541 waren von den 41 Hufen drei Hufen als Pfarrhufen
ausgewiesen. 1609 vergrößerte Christoph v. Beeren das
12 Hufen umfassende Rittergut mit drei weiteren bäuerlichen
Hufen, die von den darauf lastenden bäuerlichen Abgaben
befreit wurden. Das Gut war seit 1790 im Besitz der v. Bandemer,
dann folgten Mumme (1815) und Beerend (1836). Baustruktur: Der Bau ist eine einfache Rechteckkirche (16,70 m x 8,00 m) mit nachträglich angebautem Westturm (5,45 m x 8,00 m) des 17./18. Jh. Die Kirche weicht magnetisch ca. 6° von der Ost-West-Richtung ab (Februar 2000). Mauerwerksausführung:
Die Kirche wurde Anfang des 18. Jahrhunderts grundlegend umgebaut.
Entsprechend zeigt das Mauerwerk viele Reparaturstellen und
Veränderungen. Das ursprüngliche Mauerwerk war lagig mit
z.T. gut gequaderten Feldsteinen ohne regelmäßige
Zwischenschichten. Unregelmäßige Auskeilungen kommen
aber vor. Die Lagen messen ca. 27 bis 28 cm in der Höhe. Vor
allem im Bereich der Fenster und der Portale ist das ursprüngliche
Mauerwerk stark gestört, die Lagigkeit verschwunden, und die
Feldsteinquader sind z.T. durch Backsteine ersetzt. Der obere
Meter der Mauern besteht aus Ziegeln. Portale und Fenster: Das
Kirchengebäude hat ein barockes, mit Backsteinen gefaßtes,
sehr flach korbbogiges Südportal. Das Priesterportal und das
alte Mittelportal auf der Südseite sind zugesetzt. Das
Priesterportal ist oben vom mittleren Fenster angeschnitten, und
der Bogen ist daher unvollständig. Er dürfte aber
spitzbogig gewesen sein. Die Gewände- und Bogensteine sind
schlecht behauen, recht ungleich stark und haben eine schlechte
Paßform zueinander. Das Priesterportal sitzt in einem sehr
unregelmäßig gemauerten Bereich, der von oben bis an
den Erdboden reicht. Es ist entweder verändert worden oder
hatte ursprünglich eine breite - vielleicht ornamentierte -
Putzfasche. Das Mittelportal ist spitzbogig mit gut behauenen
Bogen- und Gewändesteinen. Im Scheitel wurde ein keilartiger
Zwickel eingesetzt, und die jeweils unteren Ecken der Bogensteine
wurden abgeschlagen. Das Portal hat einen Begleitbogen aus nur
mäßig behauenen Feldsteinen, die alle höher als
breit sind und so den Eindruck von "stehenden Läufern"
erwecken. Ein Begleitbogen in dieser Ausführung ist uns
bisher an keiner anderen Kirche begegnet. Innenbögen: Es sind keine Innenbögen vorhanden. Zwischen Turm und Schiff besteht im Untergeschoß keine Verbindung, und es ist unsicher, ob überhaupt jemals eine Verbindung bestand. Das Obergeschoß des Turms öffnet sich in zwei nachträglich eingebrochenen Arkaden zum Schiff. Turm: Der Westturm ist
nachträglich an das Kirchenschiff angefügt worden, dazu
wurden vermutlich die Blendquader der Westwand, oder zumindest die
Ortsteine entfernt und die Feldsteine mit dem Backsteinmauerwerk
verzahnt. Die Mauerwerksziegel des Turms haben unterschiedliche
Formate; eine Gruppe mißt 26-26,5 x 13 x 9 cm, eine zweite
Gruppe 27 x 13-13,5 x 6,5 -7 cm. Der Sockel des Turms ist aus
Feldstein, ebenso können auch einzelne Feldsteine im
Backsteinmauerwerk beobachtet werden. Allerdings ist das Fundament
deutlich vom Fundament des Schiffs verschieden (andere
Größenordnung der Feldsteine und kaum behauen). Die
Ostseite des Turms hat in der Mitte oberhalb des Kirchendachs
einen breiten Feldsteinbereich, der unregelmäßig
gemauert ist. Schon die Form dieses Bereichs läßt
darauf schließen, daß sich hier ursprünglich die
massive Westwand eines ansonsten verbretterten Giebelturms befand,
der auf dem westlichen Teil der Kirche aufsaß. Innen im
Glockengeschoss des jetzigen Turms kann man noch deutlich die
ursprüngliche Außenmauer dieses Giebelturms mit der
erhaltenen südwestlichen Ecke sehen. Er war unregelmäßig
aus nur gespaltenen Feldsteinen gemauert und steinsichtig
verputzt. Dächer: Das Schiff hat ein mäßig steiles Satteldach, das mit Biberschwanzziegeln doppelt gedeckt ist; der Turm hat ein mäßig spitzes Zeltdach, das ebenfalls mit Biberschwänzen gedeckt ist. Innenausstattung: Die Kirche hat eine neue Flachdecke aus Holz. Das vielleicht noch barocke Gestühl ist schmucklos, ebenso wie die verglaste Westempore, die sich in zwei großen, ebenfalls verglasten Korbbögen zum Emporengeschoss des Turms öffnet. An der östlichen Nordseite der Kirche steht das einfache Priestergestühl. Um 1700 entstand der Kanzelaltar mit polygonalem Korb und durchbrochenen Blattwangen, der von einem gesprengten Giebel bekrönt wird und von einem Speisegitter umgeben ist. Die schöne hölzerne Taufe mit Akanthusschnitzereien stammt aus derselben Zeit. An der Ostwand sind - teils vom Altar verdeckt - vier Grabsteine der von Beeren aus dem 18. Jahrhundert aufgestellt. Die Kirche ist mit einem großen Kachelofen beheizbar. Rekonstruktion und vermutliche
Baugeschichte: Bauzeitlich oder 14. Jahrhundert: Hochmauern des Westgiebels mit hochgezogenem, rechteckigem, mittleren Bereich und des Ostgiebels mit jeweils unregelmäßigem Feldsteinmauerwerk. Der hochgezogene Westgiebel war sicher die Westwand eines verbretterten oder aus Ziegelfachwerk bestehenden Giebelturms. Um 1500: Vielleicht wird ein erster Backsteinwestturm errichtet. Im heutigen Backsteinwestturm finden sich zwei Größengruppen von Ziegeln in erheblichen Mengen. Das eine Format ist spätgotisch, das andere typisch barock. Die spätgotischen Ziegel, die sich nur in der unteren Hälfte des Turms finden, wurden sicher wiederverwendet. Sie könnten auch von dem älteren Giebelturm stammen, der beim Bau des Querwestturms abgerissen wurde; dann hätte der jetzige Querwestturm aus dem 18. Jahrhundert keinen gotischen Vorläufer. Vor Anfang des 18. Jahrhunderts: Zusetzen des dritten Fensters von Osten auf der Nordseite. Zeitlich unbestimmt: Errichtung eines Anbaus an der Nordseite des Turms, der später wieder abgerissen wurde. Nachgewiesene Umbauten und Instandsetzungen: Anfang 18. Jahrhundert: Vermutlich erst zu dieser Zeit Abriss der Nord-, Ost- und Südseite des alten Giebelturms und Bau des Querwestturms aus Mischmauerwerk mit sehr hohem Ziegelanteil. Der Turm hat in seinem Erdgeschoss korbbogige Fenster und ein korbbogiges Portal. Zusetzen der alten Fenster im Kirchenschiff und Neueinbrechen von korbbogigen Fenstern, die denen im Turm gleichen, bzw. Veränderung der alten Fenster zu korbbogig mit Ziegelgewänden. Das Ziegelformat fällt in das Feld "barocke" Ziegel. Zusetzen der ursprünglichen Portale und Einbrechen eines neuen korbbogigen Mittelportals auf der Südseite. Zusetzen der Dreifenstergruppe in der Ostwand der Kirche. In den Bauakten des Landeskirchlichen Archivs Berlin-Brandenburg fand sich mit Datum vom 22.6.1939 ein Entwurf für eine Luftheizungsanlage für die Dorfkirche in Klein Beeren. Sie scheint nicht eingebaut worden zu sein (LABB 29/34 Nr.24). 1975 erfolgte eine Erneuerung der Dächer, des Gesimses und des Turmkreuzes. 1987: Innenrenovierung und Sanierung des Dachstuhls. 1996 Renovierung der Taufe (siehe Bilder an der Westwand der Westempore in der Kirche). Vergleiche: Die Kirche von Klein Beeren kommt in den Längen/Breiten-Verhältnissen von ca. 2,1 den Kirchen von Jühnsdorf und Rotberg sehr nahe. Allerdings ist die Jühnsdorfer Kirche in den absoluten Maßen deutlich größer, und beide Vergleichskirchen haben eine andere Mauerwerksausführung (gequadert bei der Kirche Klein Beeren - ungequadert bei den Kirchen in Jühnsdorf und Rotberg). In der Mauerwerksausführung ist die Kirche von Klein Beeren eher mit den langen Saalkirchen in Dahlewitz, Groß Kienitz und Kiekebusch sowie Schenkenhorst zu vergleichen. Auch die Fensterform und die Fensterproportionen der zugesetzten ursprünglichen Fenster der Kirche in Klein Beeren stimmen auffallend gut mit denen der genannten Kirchen überein. Diese Kirchen haben jedoch ein Längen-Breiten-Verhältnis von etwa 2,5. Bemerkungen: Das
"Kreisinventar", Pomplun (1960) und die "Bau- und
Kunstdenkmale in der DDR" geben als Baubeginn der Kirche
übereinstimmend das 14. Jahrhundert an. Der "Dehio"
läßt mit "13./14. Jahrhundert" einen größeren
Zeitrahmen offen. Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.65/6, Spatz (1912): Unser Teltow, Band 3, S.127/8, Kubach & Seeger (1941): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg, Kreis Teltow, S.106-8, Pomplun (1960): Der mittelalterliche Dorfkirchenbau auf dem Teltow, S.25, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.12/3, Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR (1978), S.449, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam) (1983), S.214, Waack (1993): Zur Geschichte des Kirchenbaus im Kreis Zossen, S.140, Pharus-Plan (1999), Blankenfelde, Mahlow, Dahlewitz, Diedersdorf, Genshagen, Kleinbeeren, ohne Paginierung, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.506/7. Information: Frau Motschmann, Dorfstr.15, Kleinbeeren. |
Die Kirche von Kleinbeeren von Süden gesehen
Südseite mit heutigem Zugang zur Kirche, zugesetztem Südportal und zugesetztem Priesterportal
Das Priesterportal in der Südwand
Detail des Südportals mit keilartigem Schlußstein und beschädigten unteren Ecken der beiden obersten Feldsteine.
Zugesetztes, im Umriß rundbogiges Fenster auf der Südseite. Der Bogen ist aus scherbigen Feldsteinen gemauert.
Schachbrettstein an der alten Südwestecke der Kirche
Inneres der Kirche mit dem Kanzelaltar
Hölzernes Taufbecken
Inneres nach Westen mit Westempore und Winterkirche
Grundriß (nach Kubach & Seeger, 1941)
Letzte Änderung: 16.4.2005
©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005