Die Entstehungsgeschichte dieser Sammlung von Kurzbiographien mongolischer Politiker reicht bis in das Jahr 1991 zurück, als die damals gerade neu gegründete englischsprachige Wochenzeitung der Mongolei, der Mongol Messenger, anläßlich der Umwälzungen im politischen Leben eine Kolumne namens Who Is Who ins Leben rief, in der in loser Folge die wichtigsten Minister und Führungspersönlichkeiten der neu gegründeten Parteien vorgestellt wurden.
Mit einem kleinen Grundstock von wenigen Kurzbiographien begann ein Projekt, dessen Verwirklichung sich über Jahre zunächst nur schleppend hinzog. Die ersten Biographien wurden im Infosystem Mongolei veröffentlicht, aber aufgrund längerer Abwesenheit des deutschen Autors von der Mongolei gelang es nicht, die Biographien zu aktualisieren oder um neue Persönlichkeiten zu ergänzen.
Über die Jahre wurden dann nur einzelne Biographien gepflegt, wenn westliche Medien die entsprechenden Informationen boten. Die Biographie des ehemaligen Präsidenten der Mongolei, P. Oqirbat, ist ein schönes Beispiel für den angestrebten Zustand, der leider nur bei wenigen Biographien annähernd erreicht werden konnte.
Im Frühjahr 2000 wurde im Gespräch mit dem Leiter des Mongolei-Büros der Adenauer-Stiftung, Herrn P. Gluchowski, das Konzept dieses Who Is Who überarbeitet und der Beschluß gefaßt, die gründlich überarbeitete und erweiterte Sammlung in zeitlicher Nähe zu den Parlamentswahlen der Mongolei am 2. Juli 2000 als gemeinsame Publikation der Adenauer-Stiftung und des Infosystems Mongolei zu veröffentlichen. Mit der Initiierung dieses Vorhabens stieß auch ein mongolischer Koautor, C. Batmönx, hinzu, der neben seiner herausragenden Sach- und Personenkenntnis der politischen Welt außerdem die erforderliche Geduld für Kleinarbeit und die Hartnäckigkeit mitbrachte, die für die termingerechte Aufbereitung des Materials unumgänglich sind.
Anläßlich der Parlamentswahlen am 27. Juni 2004 wurde dann das Material auf den neuesten Stand gebracht.
In den Konzeptgesprächen im Frühjahr 2000 wurde der Personenkreis festgelegt, der auf jeden Fall in zeitlicher Nähe zu den Wahlen des Jahres 2000 publiziert werden sollte. Dies sind sämtliche Angeordneten seit 1992, die Minister, die Führungspersönlichkeiten der Parteien sowie gegenwärtige Staatssekretäre, Botschafter etc., die in der nahen Vergangenheit (i.e. seit ca. 1990) ein politisches Amt bekleidet haben. Da für die Parlamentswahlen über 600 Kandidaten nominiert worden waren (einschließlich einiger Dutzend Parteiloser), verbot es sich, alle Kandidaten aufzunehmen, da von diesen nur etwas mehr als zehn Prozent den Einzug ins Parlament (76 Sitze, die sich aus 76 Wahlkreisen konstituieren) schaffen würden. Unter den vielen Kandidaten waren viele unbekannte Persönlichkeiten, die vorher nicht öffentlich in Erscheinung getreten waren.
Die Wahl am 2. Juli 2000 endete mit einem ausgesprochenen Erdrutschsieg der MAXN/MRVP, so daß wir zunächst einmal rund fünfzig Personennamen ergänzen mußten, die vorher nicht vertreten gewesen waren. Über diese Persönlichkeiten ist zu einem guten Teil nicht mehr bekannt als die knappen und tabellarischen Informationen, die auf Wahlpamphleten und in den Tageszeitungen in den umfassenden Auflistungen aller Kandidaten gemacht worden sind.
Um wenigstens eine namentliche Übersicht anzubieten, wurden die genannten Materialien ausgewertet.
Das Medium der elektronischen Publikation hat große Vorteile für ein Nachschlagewerk dieser Art, da zwischen vielen Personen enge Beziehungen (Allianzen, Freundschaften, Heiraten, Feindschaften, Gegnerschaften im Wahlkreis, Nachfolgen im Amt etc.) bestehen; ebenso ist es leicht, die Abkürzungen sprechen zu lassen, indem sich hinter ihnen die Auflösungen und Erklärungen verbergen. Deshalb findet der Leser bei allen Abkürzungen grundsätzlich immer erst die mongolische Form, evtl. gefolgt von einer deutschen Form.
In den ersten zwei Jahren der Sammeltätigkeit bildeten die Kurzbiographien, die im Mongol Messenger erschienen, die wichtigste Informationsquelle über mongolische Politiker. Mitte der 1990er Jahre wurden westliche Agentur- und Zeitungsberichte als neue Quelle entdeckt, da zu dieser Zeit das Interesse der westlichen Welt an der Mongolei außerordentlich groß war. Nun ist zwar das Interesse westlicher Medien an der Mongolei wieder abgeflaut, aber dafür gibt es jetzt in der Mongolei neben den immer umfangreicher werdenden Tageszeitungen auch öffentlich zugängliche Handbücher über das Parlament, und die verschiedenen Ministerien und Regierungsstellen waren sehr kooperativ bei der Bereitstellung weiterer Informationen. An dieser Stelle gilt ihnen unser außerordentlicher Dank; die Unterstützung, die wir erfahren haben, reicht über die bereitgestellte Information weit hinaus. Das Interesse, das unserer Arbeit entgegengebracht wird, hat uns ermutigt, diese Arbeit rasch weiterzuführen.
Leider herrscht auf dem Gebiet der Umschrift kyrillisch geschriebener mongolischer Namen ein heilloses Durcheinander, das durch viele nationale Eigenwilligkeiten der Schreibvarianten und oft mangelnde Wiedergabe lautgesetzlich gegebener, unverzichtbarer Besonderheiten des Mongolischen geprägt ist. Zu allem Überdruß kann ein und derselbe lateinische Buchstabe oder die Buchstabengruppe nicht nur in verschiedenen Wörtern unterschiedlich angewandt werden, ja sogar innerhalb eines Namens finden sich unverständliche Unregelmäßigkeiten. Das ch beispielsweise, das zur Schreibung von Enchsaichan verwendet wird, wird hier wie im deutschen ich gesprochen; warum soll es aber bei Ochirbat plötzlich wie tsch gesprochen werden? Warum wird dann wieder kh oder einfach h verwendet, um Enhsaihan oder Enkhsaikhan zu schreiben, wo es sich immer um den gleichen Laut handelt? Warum wird das erste j in Bjambajav anders ausgesprochen als das zweite? Woher soll der Leser das wissen? Wie soll der Leser von diesen Schreibungen auf die Originalschreibung schließen?
Um all diese Probleme zu vermeiden und jederzeit die sichere Erschließung der Originalschreibung zu ermöglichen, wird daher konsequent eine linguistisch eindeutige Notation verwendet, die nach kurzem Studium der kyrillischen Grundlagen sofort nachvollziehbar ist. In der Anordnung des kyrillischen Alphabets finden sich die folgenden Buchstaben:
A B W G D E Yo J Z I Ï K L M N O Ö P R S T U Ü F X C Q Sh ` Y ' Ä Yu Ya
Das Inhaltsverzeichnis dieses Who Is Who ist alphabetisch in der Ordnung des lateinischen Alphabets sortiert, wobei die durch Umlaute bezeichneten vorderen Vokale immer nach den entsprechenden umlautfreien Pendants eingeordnet sind, so daß Ä auf A, Ö auf O und Ü auf U folgen.
Da sich die gebräuchlichen Latinisierungen nicht immer nahtlos in dieses Schema einfügen (C wird zu Ts, X zu H oder Kh etc.), findet sich im Anschluß an das Vorwort noch ein Transkriptions-Index, im dem gebräuchliche Schreibungen alphabetisch aufgesucht werden können; von dort führen Verweise direkt zu den entsprechenden Einträgen. Es muß darauf hingewiesen werden, daß keine der in diesem Index vertretenen Latinisierungen von den Autoren selbst eingefügt wurde; vielmehr handelt es sich hier ausnahmslos um Schreibungen, die in den fremdsprachigen Quellen mongolischer Herkunft (englischsprachige Zeitungen, Bücher, Visitenkarten etc.) gefunden wurden.
Da weiterhin die sichere Identifizierung der Namensbestandteile eines mongolischen Personennamens nicht immer aus den zirkulierenden Schreibungen abgeleitet werden kann (Wortstellung, Vorhandensein oder Fehlen von Kasusendungen), enthält der Transkriptions-Index auch Verweise über den Vatersnamen. Die korrekte Schreibung findet sich in jedem Fall im Kopf jeder Biographie, vorgefundene Varianten folgen in Klammern und werden dann im Text nicht mehr benutzt.
Einige Biographien behandeln Persönlichkeiten, die nicht mehr aktiv am politischen Tagesgeschehen des Jahres 2000 teilnehmen. Entsprechend weit zurück liegt oft der zeitliche Bezugspunkt der Berichterstattung. In solchen Fällen ist die Herkunft (z.B. Mongol Messenger, abk. MM) immer mit Jahreszahl angegeben. Die Biographien, auf die dies zutrifft, werden noch nach und nach umgearbeitet.
Die geneigte Leserin wird in vielen Fällen nicht zufrieden mit dem vorgefundenen Informationsgehalt sein. In einigen Fällen werden sich auch Fehler eingeschlichen haben, die wir nach bestem Wissen und Gewissen zu eliminieren versuchen, wobei in manchen Punkten nur die in der Biographie beschriebene Person selbst der ideale Informant wäre. Darum bitten wir um Richtigstellung aller Auffälligkeiten und Fehler sowie um Ergänzungswünsche, denn es ist uns bewußt, daß trotz der einfach definierten Umfangsvorgabe die eine oder andere Persönlichkeit unbedingt erscheinen müßte, die momentan fehlt.
Trotz aller augenscheinlichen Mißstände hoffen wir, zumindest den Anfang eines Personenlexikons gemacht zu haben, in der Hoffnung, daß es allen, die sich mit dem politischen Leben der Mongolei beschäftigen, dienen möge.
Oliver Corff, C. Batmönx,
Ulaanbaatar, 3. Juli 2000, 24. August 2001, 3. Juli 2004