Medialist 21.97: MABB vergibt =?iso-8859-1?Q?Kabelkan=E4le?= an DF1

Martin Recke (mr94@prenzlnet.in-berlin.de)
22 Apr 1997 10:26:16 GMT

Medialist 21.97: MABB vergibt Kabelkanäle an DF1
Hgg. von Martin Recke

MABB vergibt fünf Kabelkanäle an DF1 -- Beteiligung an Simulcrypt
zugesagt -- Medienanstalt rechnet mit Klagen der Telekom

Die Kirch-Gruppe hat fünf Kanäle im Berliner Kabelnetz für das
digitale Bezahlfernsehen DF1 erhalten. Der Medienrat der
Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) traf diese bereits im Februar
in Aussicht genommene Entscheidung in seiner Sitzung am 21. April.
Wie zuvor schon Premiere habe nun auch DF1 zugesagt, an der Einführung
des Zugangskontrollsystems Simulcrypt mitzuwirken, hieß es in einer
Mitteilung der MABB vom 21. April. Dies ist die Voraussetzung dafür,
daß mit jedem Digital-Decoder das gesamte Angebot empfangen werden
kann, auch wenn unterschiedliche Verschlüsselungssysteme eingesetzt
werden.

Die Medienanstalt rechne damit, daß die Telekom gegen diese
Entscheidung klagen werde, teilte MABB-Sprecherin Susanne Grams am 22.
April auf Anfrage mit. Auch gegen die im Februar getroffenen
Zuweisungsentscheidungen zugunsten weiterer analoger Kanäle und des
Premiere-Digitalangebots hat die Telekom vor dem Berliner
Verwaltungsgericht geklagt. Das digitale Premiere-Paket wird zwar
bereits seit dem vergangenen Herbst versuchsweise ins Berliner
Kabelnetz eingespeist, die Zahl der Decoder ist jedoch eng begrenzt,
da eine notwendige Einigung mit der Telekom noch immer aussteht.

DF1 hat mit der nun getroffenen Entscheidung eine bis zum Jahresende
befristete Zulassung für die auf seiner Plattform veranstalteten
Eigenprogramme erhalten. Innerhalb dieses Zeitraums könne DF1 eine
bundesweite Erlaubnis erhalten, beschloß der Medienrat. Das
Abstimmungsverfahren der Landesmedienanstalten gebe Gelegenheit, die
noch offenen Fragen des freien Zugangs zur technischen Plattform und
zur Vermarktung von DF1 zu klären, so der Beschluß. Auf der Grundlage
der Belegungsentscheidung könnten nun Vereinbarungen zwischen DF1 und
der Netzbetreiberin Telekom abgeschlossen werden.

Die Telekom ist nach Ansicht der Medienanstalt nicht berechtigt, die
Verbreitung von DF1 davon abhängig zu machen, daß ein von ihr
bestimmtes Zugangskontrollsystem eingesetzt wird. Telekom-Chef Ron
Sommer hatte in einem am 21. April veröffentlichten Interview mit dem
Nachrichtenmagazin +Der Spiegel" an der Forderung festgehalten, ein
einheitliches Zugangssystem zu schaffen, das +als neutraler Teil in
das Netz integriert wird". Im Mai soll an einem +Runden Tisch" mit
der Telekom und den Programmanbietern eine Einigung über die
Modalitäten der digitalen Nutzung des Kabelnetzes erzielt werden.

Die Telekom habe ein +berechtigtes Interesse" am Aufbau einer eigenen
neutralen Vermarktungsplattform, stellt die MABB in ihrer Entscheidung
fest. Ihr dürfe aber +keine ausschließliche Kontrolle der
Kabelkunden" eingeräumt werden, sondern es müsse der +Wettbewerb um
den Kunden" eröffnet werden. Die Kabelstrategie der Telekom setze
unverändert auf die Beteiligung an der Wertschöpfung hochpreisiger
Programme, die bislang nur von DF1 und von Premiere angeboten werden,
so die MABB-Erklärung. Es gelte daher, der Gefahr vorzubeugen, daß
Vereinbarungen zwischen Telekom und DF1 den Zugang anderer
Veranstalter erschweren und künftigen Wettbewerb beeinträchtigen.

Nach wie vor sei keine Strategie der Telekom zu erkennen, die werbe-
und gebührenfinanzierten Veranstaltern digitale Entwicklungschancen
eröffne, kritisiert die Medienanstalt. In ihrer Erklärung verweist
sie auf die USA, wo bis zum Jahr 2006 alle frei empfangbaren
Fernsehprogramme auf die digitale Übertragung umgestellt werden sollen
und damit Chancen für zusätzliche Angebote wie Datendienste eröffnet
werden. Die Kabelnetze als +Infrastruktur der
Informationsgesellschaft" blieben in Deutschland weit dahinter zurück.

Nur ein Viertel aller anschließbaren Haushaltei, so die MABB-Kritik,
sollen nach derzeit bekannten Planungen der Telekom bis 2006 digital
versorgt sein. Werbe- und gebührenfinanzierte Veranstalter müßten
daher auf lange Sicht noch analog ausstrahlen und benötigten dafür
Übertragungsmöglichkeiten, die ihnen bislang von ASTRA und anderen
Netzbetreibern zur Verfügung gestellt werden, nicht aber von der
Telekom. (mr)

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