Bebildertes Stichwortskript zum Vorlesungsteil 5:
Jungpaläozoikum (Karbon, Perm)
von Reinhold Leinfelder, LMU
Verwenden Sie zusätzlich die Schwarz/Wei8- Abbildungen (pdf , 3.4 MB) und Farb-Abbildungen (pdf, 3,6) zu diesem Kapitel zur weiteren Erläuterung.
4. JUNGPALÄOZOIKUM (Karbon, Perm)
Übersicht: (Beiblatt 34, 40, 43)
Karbon:
- Unterkarbon viele Kalke, auch viel Flysch (wegen Gebirgsbildungen)
- Oberkarbon viele Kohlesümpfe wg. zahlreicher Meeresspiegelschwankungen viele paralische Kohlen
- im Karbon zunehmende Vergletscherung
- gewisse Faunenkrise Unter-/Oberkarbon
Perm:
- Pangaea-Entwicklung
- Gletscherrückgang auf Gondwana?
- generell trockeneres Klima in niedrigen Breiten:
- viele Evaporite
- Aussterben vieler Sporenpflanzen und Amphibien
- Coniferen-Entwicklung
- Mammal-like Reptiles
- Ende Perm größtes Aussterbeereignis des Phanerozoikums
Gliederung:
5.1 Entwicklung des Lebens im Jungpaläozoikum
5.1.1 Marines Leben
Karbon und Perm z.T. ähnlich Devon, jedoch viele Ausnahmen:
Riffassoziationen:
- Tabulaten und Stromatopren unbedeutend (seit Frasne/Famenne-Grenze)
- v.a. Schlammhügelbioherme (Mud Mounds), dabei unterschiedliche Typen:
- crinoidenreich mit Kieselschwämmen im Unterkarbon (Waulsortian Mounds)
- Bryozoen-Kalkschwamm-Algen-Mudmounds, im Perm lange Barrieren bildend (Capitan-Reef, siehe Region. Beispiele)
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Mollusken-Crinoiden-Gemeinschaft am Fuße von Riffmounds des Karbon.
Aus McKerrow: Ökologie der Fossilien. |
im Einzelnen:
- viele Schwämme (selten Kieselschwämme; v.a. Kalkschwämme, z.B. Spinctozoen)
- Bryozoen (Archimedes, Fenestella)
- Algen unklarer Zuordnung: Phylloide Algen (ab O.Karbon, Cornflake-Typus. evtl. Rotalgen oder Grünalgen??)
- Mikrobenkrusten, oft in sparitischer Verkalkung > biogene Zementkrusten
- Mikroproblematika: Tubiphytes (Karbon-Kreide; im Jura Foraminifere, im Paläozoikum evtl. anderer Organismus??)
- Rugose Korallen: relativ wichtig, jedoch viele Einzelformen (Zaphrentoides), z.T. auch kolonial (Michelinia, Lithostrion), z.T. leitend im Unterkarbon.
Echinodermen:
Crinoiden extrem verbreitet im Unterkarbon: überall Crinoidenkalke. Gewisser Korallenersatz? Auch im Perm sind Echinodermen verbreitet. Perm von Timor: Blastoideen (Timoroblastus), Crinoideen, erste moderne Seeigel aus 20 Plattenreihen (Miocidaris).
Brachiopoden:
wichtig, nicht nur im Riff:
Besiedlung neuer Lebensräume mit neuen Strategien (Blatt 44).
a) Leben auf Weichboden: Productiden (mit Liegestacheln)
b) korallenartiges, zementiertes Wachstum: Richthofenien (nur Perm): Riffe, z.B. im Sosio-Kalk in Sizilien (höh. U. Perm).
Normale Brachiopoden ebenfalls rel. häufig. Übergangszeit: noch Spiriferiden (Neospirifer, Karbon), schon viele Terebratuliden (Dielasma).
Sonstige marine Fauna
Ammoniten (Ammonoidea): Wieder erholt nach Oberdevon-Krise (Clymenien weg, Anarcestiden weg). Rediversifizierung, Goniatiten erneut große Vielfalt. Stärkere Fältelung der Lobenlinie, aber fast alle noch glattschalig, auch kugelige Formen. Leitfossilien (Blatt 38, 43, 44).
Lobenlinie verkompliziert sich.
neue Gruppen:
- noch Goniatitiden
- auch Prolecanitida (Karbon-Trias)
- schon Ceratitida (Perm - Trias), v.a. Trias bedeutend.
Gastropoden: vergleichbar Devon
Bivalven: manche Formen häufig, relativ rasche Entwicklung; übernehmen langsam Brachiopoden-Environments ->
- viel Epifauna, v.a. Pectiniden: Aviculopecten, Pseudomonotis.
- Auch andere Pteriaceen: Bakevellia.
- Schon Trigoniaceen: Schizodus (flach eingegraben).
- Noch ganz wenig heterodonte Formen.
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Pseudomonotis, Pteriaceen |
Schizodus-Typ |
Foraminiferen: zum ersten Mal gesteinsbildend (ab O.Karbon), zum ersten Mal Großforaminiferen: Fusulinen, sehr gute Leitfossilien (Großforaminiferen immer benthisch, warmes Flachwasser); 500 Arten im Perm (vgl. Blatt 43).
Erste Formen: Endotyhyra > O.Karbon nichtperforierte Gehäuse > Perm perforierte Gehäuse, zunehmende Septenfältelung
O. Perm |
Neoschwagerina etc. |
U. Perm |
Parafusulina
Pseudofusulina
Pseudoschwagerina |
O. Karbon |
Tricites
Fusulina
Fusulinella |
U. Karbon |
Millerella
Endothyra |
Conodonten: Leitfossilien. v.a. Arten von Gondolella und Neospathodus.
Fische: ähnlich Devon
- Placodermen sterben im Karbon aus
- dafür mehr Haie (Cladodus)
- viele Stachelfische (Acanthodes) und
- viele frühe Knochenfische (Ganoidfische, Chondrosteer: Störverwandte), auch Süßwasser: Chirodus (Karbon), Palaeoniscus freieslebeni (Kupferschiefer), Ambylpterus (Rotliegendes). Im Perm zunehmend mobiler.
- wichtige Fundschichten: Kupferschiefer, Rotliegendes des Saar-Nahe-Gebietes.
5.1.2 Terrestrisches Leben
Landpflanzen
Sehr gute Erhaltung in Kohlesümpfen (wenn nicht zu stark inkohlt). Für Kohlebildung enormer Anfall organischen Materials:
mehrere Kubikmeter Pflanzen -> 1 Kubikmeter Kohle
Übersicht:
- U. Karbon: noch ähnlich Oberdevon, jedoch Experimentierphase
- Namur: 1. Florensprung (s.u.: Cordaiten etc., Gymnospermen-Entstehung)
- O. Karbon: Kohlewälder
- U. Perm: ähnlich O. Karbon, jedoch trockener
- ab Basis Oberperm: 2. Florensprung: Gymnospermendominanz: v.a. Nadelbäume > sehr "mesozoisch" (Mesophytikum beginnt). Conifere Walchia.
Wichtigste Pflanzen
- Höhepunkt der (sumpfbezogenen) Sporenpflanzen:
Bärlappbäume: Schuppenbaum Lepidodendron (-30 m), Siegelbaum Sigillaria
oft als Baumstümpfe erhalten; wichtigste Pflanzen der Kohlewälder
- im Unterholz der Kohlewälder: Sporenfarne und Samenfarne (letztere z.T. bis Baumgröße)
z.T. Sporenlager: "Kännelkohle"
- wichtiger Samenfarn: Neuropteris
Glossopteris (Zungenblatt) baumgroßer Samenfarn (Abbl. rechts) auf Gondwana (kühlere Zonen)
- Schachtelhalme (Sphenophyta), obwohl Sporenpflanzen bereits relativ trockene Standorte: Calamites bis Baumgröße
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Lepidodendron |
Sigillaria |
Glossopteris |
Abb. oben/unten aus Stanley
1. Florensprung: im Namur (d.h. an internationaler Grenze Unter-/Oberkarbon): Aussterben vieler Arten, Weiterentwicklung der Samenfarne zu echten Gymnospermen (Nacktsamer):
- Cordaiten: Coniferenvorläufer, bis 30 m Höhe, bildeten schon Wälder (Cordaiten nur O.Karbon bis unterstes Perm)
- echte Coniferen ab Oberkarbon: Walchia
2. Florensprung: Grenze Unter-/Oberperm: Nadelbaumdominanz (sehr mesozoischer Charakter, deshalb auch als Beginn des Mesophytikums bezeichnet). Coniferen oft mit Jahresringen (akzentuiertes Klima mit Klimakontrasten); auch noch Samenfarne von Bedeutung (z.B. Glossopteris).
Tiere des Festlandes (auch aquatisch)
Süßwassermuscheln: In Kohlesümpfen wichtig (z.B. Carbonicula, Anthracosia)
Insekten:
- erste Insekten Unterdevon;
- im Unterkarbon nichts überliefert
- ab Oberkarbon: beflügelte Insekten; Flügel noch nicht faltbar wie heutige Libellen und Eintagsfliegen
Frankreich: Libelle mit fast 50 cm Spannweite.
- ab Ende Oberkarbon: faltbare Flügel, starke Insektenradiation
- Insektenfunde auch im Perm.
Fische, siehe oben (marin)
Amphibien:
keine modernen Gruppen, v.a. Labyrinthodontier (= Stegocephalen), bis 6 Meter, einige wohl komplett auf Land (bis auf Fortpflanzung): Schutzschuppen.
Unterperm: Eryops (carnivor), Branchiosaurus
z.T. biostratigraphische Gliederung mit Fährten (Rotliegendes)
Oberperm Amphibien stark abnehmend, von Reptilien verdrängt.
Dachschädler-Amphib Eryops (aus Stanley)
Reptilien
- ab unteres Oberkarbon (anderes Innenohr, Oberkiefer)
- erstes Reptil: Hylonomus, 30 cm.
- Erste Reptilien hatten wenig Kraft auf Kiefern: mussten Nahrung komplett schlucken
- Adaptiver Durchbruch: Erfindung des Amnioteneies (beschalt, Eigelb, zwei Säcke, in einem Embryo, in anderem Abfall), erster Eifund aus Unterperm: >>
- volle Landbesiedlung (ähnlich wie beim Übergang Sporen-/Samenpflanzen) und schnelle Reptilausbreitung. Unabhängig von Wasser, bald bessere Kiefer und Zähne, schneller als Amphibien (können sich besser aufheizen lassen, da Austrocknungsschutz).
- rasche Entwicklung im Perm: Seymouria (gehört noch zu Urreptilien, früher als erstes Reptil angesehen, Unterperm von Texas)
- bald bereits säugerähnliche Entwicklung: mammal-like reptiles mit säugerartigem Schädel und Bezahnung
- Pelycosaurier: Dimetrodon (U. Perm), Edaphosaurus, wichtige Räuber, können Beute zerreißen, noch kaltblütig, ab er evtl. schnelle Aufheizung durch Rückensegel möglich. (Abb. aus Stanley)
- daraus: Therapsiden: ab höherem Perm, z.B. Lycaenops: (Abb. aus Stanley)
- differenziertes, hundeartiges Gebiss, kräftige Kiefer
- Beine unter Körper
- evtl. mehr oder weniger warmblütig, wohl auch oft mit Haaren. Aber keine konstante Temperatur: gut fürs Jagen oder gejagt werden (größere Ausdauer, andere Reptilien brauchen Wärmeruhephase)
- im Oberperm starke Radiation (v.a. in südafrikanischer Karru-Formation und Russland).
Therapsiden in hohen Paläobreiten auf Gondwana (Oberperm von S.-Afrika) (aus Stanley).
5.2 Paläogeographische Entwicklung
5.2.1 Generelle Züge (Folien 40, 43)
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Golonka-Karte: Unterkarbon (zum Vergrößern anklicken) |
Golonka-Karte: Oberperm (zum Vergrößern anklicken) |
Weitere Weltkarten siehe Farbskript.
Unterkarbon:
- letzter Meeresspiegelhochstand bis zum Jura
- Kohlen auf Ostseiten der Kontinente weit verbreitet (Old Red, Russland, Sibirien), Kalke und Evaporite auf Westseiten
- bereits beginnende Gondwana-Vereisung; zunehmende Tendenz
Oberkarbon:
- Kollision Laurussia-Gondwana: >>
Varisziden-Gebirge
Ouachita-Auffaltung (dritter Appallachen-Zyklus, nur in südl. Appallachen, bis Texas)
orogene Ereignisse in Mauretaniden
- Annäherung Sibirien - Kasachstan: > Proto-Ural, Proto-Altai
- erkennbar auch an Faunenprovinzen:
- U.K. Fusulinidenprovinz weltweit + Midcontinent-Provinz: SW-Laurentia (keine Fusuliniden)
- O.K. Midcontinent-Provinz weiter nach Gondwana.
- steilere Temperaturgradienten: >>
- weitere Ausbreitung der Südpolgletscher: Beginn der Kühlhauszeit
- Tropisch-subtropische Kohlen in meeresspiegelgesteuerten Zyklothemen
- Florenprovinzen:
- Eurameride Flora: Lepidodendron-, Sigillaria-Dominanz
- Glossopteris-Flora: kühl, untergeordnet auch mit Lepidodendron und Sigillaria
- Sibirische Flora: ebenfalls kühl; eigenständige Elemente
Perm:
- Pangaea-Vollendung: Uralauffaltung; SE-Asien wird jedoch erst im Mesozoikum akkretioniert.
- rechstbündige Scherung
- Entstehung der Mesotethys
- steile Klimagradienten (komplexe Topographie), starker Meeresspiegelfall. Nordpol Sibirien, S.-Pol Antarktis (> 1000 m Tillite): >>
- extremer Florenprovinzialismus (Beiblatt 43)
- Kohle in gemäßigten Breiten (v.a. Ostlagen)
- viele Evaporite: N-Europa, SW-USA
- viele Wüstenablagerungen: Coconino-Sandstein (Grand Canyon), New Red Sandstone (S. Devonshire, England), z.T. im Rotliegenden.
Perm-/Trias-Grenze: Größtes Artensterben der Erdgeschichte an der Perm-/Trias-Grenze
- starke Dezimierung bei terrestrischen Tieren: 20 Therapsidenfamilien ausgestorben (in verschiedenen Phasen); jeweils größte Formen am stärksten betroffen
- langanhaltendes "Waldsterben" - viele Hunderttausend-Jahre (oder länger?) ohne Coniferenwälder?
- Pilzsporen-Spike an Perm/Trias-Grenze (evtl. Massenauftreten wegen Verrottung organischen Materials?)
- marine Formen:
Fusulinen +
Tabulata + (schon zuvor dezimiert)
Rugosa + (schon zuvor dezimiert)
Blastoideen, Cystoideen +
Ammoniten: nur wenige Arten überleben
Brachiopoden, Bryozoen, Crinoiden: stark dezimiert
Bivalven, Gastropoden: kaum Änderungen
- weitere Fakten, mögliche Ursachen:
- kaum durchgehende Profile; meist Erosionsdiskordanz wegen sehr niedrigem Meeresspiegel, durchgängige Profile v.a. Südchina
- mindestens zwei Aussterbeereignisse. Intraoberperm sowie Perm/Trias (NB: Perm-Trias-Grenze wird heute durch Conodonten gezogen, dadurch ist das Perm-Trias-Aussterbeereignis eigentlich noch innerhalb des obersten Perms)
- höchste Sterberaten in niederen Breiten: evtl. Aussterben durch starke Abkühlung; Untertrias kaum Kalke, aber eigentlich bereits Vereisungsrückgang im Oberperm.
- evtl. auch durch schmale Schelfe?
- Großkontinent mit dadurch kurzen Küstenlinien
- Meeresspiegelniedrigstand (jedoch zur Perm/Trias-Grenze wieder ansteigend)
- extraterrestrische Ereignisse ? Gewisse Hinweise durch Fullerene (komplexe organische Moleküle, welche Helium-Atome umschließen: Isotopenverhältnis des eingeschlossenen Heliums ist eher extraterrestrisch, d.h. He3-Isotopenanteil erhöht).
- atmosphärische Störungen: wegen des Aussterbens auch auf dem Land (insb. Waldsterben) relativ plausibel. Ursachen könnten vielfältigst sein, z.B.
- vorbeiziehender Asteroid zerstört Ozonschicht (keine direkten Hinweise)
- Methanhydrate schmelzen und verursachen einen extremen Treibhauspeak (Hinweise: z.T. dysaerobe Sedimente, z.B. ostrakodenreich. Relativ plausibel: in der permokarbonen Eiszeit könnte viel Methanhydrat (gefrorenes Methan aus Planktonzersetzung) gebildet worden sein, dies könnte bei Erwärmung plötzlich entgast haben).
- Störungen durch Vulkanismus: hierfür gibt es direkte Hinweise, insb. durch die 400 bis 3700 m mächtigen Vulkanite der sibirischen Trappe (insg. bis zu 45 Lager, > 1.5 Mio km3, über mehrere 100.000 a unterhalb Perm/Trias-Grenze gebildet).
- am wahrscheinlichsten: evtl. Kombination von allem bzw. mehreren?
5.2.2 Regionale Beispiele
5.2.2.1 Karbon:
Zentraleuropa:
wollen Sie zur Wiederholung nochmals die entsprechenden Abbildungen fürs Mittlere Paläozoikum sehen?
Hinweis: "Orogene Phasen" (sensu Stille) sind oben nur als Annäherung gebraucht. Tatsächlich sind diese nicht isochron, sondern erstrecken sich jeweils über einen längeren Zeitraum. Die Sudetische Phase ist z.B. hier als übergeordneter Begriff für viele lokale Kompressions- bzw. Diskordanzereignisse verwendet.
Steinkohlevorräte: Steinkohle Mitteleuropa: 114 Mrd t, ca. 20% Weltvorrat.
Abfolge im Rhenoherzynikum (geht in subvariszische Saumsenke über) (vgl. Beiblatt 38):
Westphal |
C |
Velen
Dorsten |
B |
Horst
Essen |
A |
Bochum
Witten |
O. Namur |
Spröckhovel-Schichten |
> 100 Flöze, v.a. Westphal. Kohlen zuerst paralisch, später limmnisch.
Nachtrag (vom 13.6.03): demnächst erscheint eine neue Arbeit zur Terrantektonik der europäischen Varisziden. Wir liegen mit unseren Annahmen davon nicht sehr weit weg. Die Arbeit fokussiert insbesondere auf die Terrane südlich des Armorikanischen Terrans (d.h. südlich des Saxothuringikums. Nach dieser Arbeit kollidiert im Karbon eine gesamte Kette verbundener Terrane mit dem europäischen Kontinent und nicht unbedingt Gondwana selbst. Diese, als "Hunic terranes" bezeichnete Gondwana-Terrankette hat gewisse Ähnlichkeiten zum späteren Gondwana-Terranverbund Cimmeria (siehe Trias), d.h. sie wandern ebenfalls von Gondwana nach Norden.
Schauen Sie sich die Schlüsselabbildungen sowie das Abstract der Arbeit an und lesen ggf. nach Erscheinen in Tectonophysics den ganzen Artikel!
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Geologische Karte des Grundgebirges von Mitteleuropa.
Anklicken des Bildes vergrößert die Karte und zeigt zusätzlich ein geologisches Querprofil.
Aus Franke (2002). |
aus Franke (2002).
Kantabrien (Blatt 42):
eigenständiges Gonwana-Terran, welches im Karbon kollidiert.
- Devon: v.a. Karbonatplattform, viele Riffe (Sta. Lucia, Portilla-Kalke).
- U. Karbon: Zerbrechen der Plattform, "Kohlenkalk" mit Riffen auf Horsten (Caliza de Montaña= El Cañon= Valdeteja-Kalk), dazwischen kondensierter Tiefwasserkalk. An Rändern Flysch.
- Oberkarbon (ab sudetische Phase): Molasse: extrem globe Konglomerate, viele limnische Kohlen.
Nordamerika:
- Unterkarbon: weitgespannte Kohlenkalk-Plattform, im E Verzahnung mit Molasse der Appallachen (-> siehe paläogeographische Karte)
- Oberkarbon: Kollissionen am Westrand und Ostrand (Florida, Gondwana): Alleghenische Orogenese am E-Rand:
>> Einengung: Hochgebiete und Becken; in Becken: Tiefwasser, Salze, je im NE Kohlemolasse. (-> siehe paläogeographische Karte)
5.2.2.2 Globale Vorschau: Permokarbon bis Mesozoikum
Zusammenfassend zu oben und Vorschau auf restliche Erdgeschichte:
- (Silur-) Devon - Karbon: N-S-Kompression
- Permokarbon: rechtshändige Strike-Slipe
- Perm-Jura: E-W-Dehnung (Rift, Drift):
- Norderde: Atlantik-Rift: innerhalb festländischer Bereiche (spätere Jurarift-Phase z.T. marin)
- südliche Varisziden: Rifting am Kontinentalrand, z.T. innerhalb perikontinentalem Flachmeer (Tetyhs-Schelf)
- Drifting: Norderde Jura-rezent; westl. Tethys Rioft+Drift Perm-Jura
- Süderde: Gondwana Rift/Drift erst ab (O.Jura), Kreide-rez..
Auf 'Kratonen': ab Zechstein bis Kreide: Meeresspiegel mehr oder weniger kontinuierlich steigend > epikontinentale Überflutungen (z.B. Süddeutschland):
Gleichgewichtsverhältnisse zwischen:
z.T. modifiziert durch Klima (arides Klima: kaum siliziklastischer Eintrag).
Generell mehr Epikontinentalmeere in Europa. In nordamerika wegen mesozoischen Orogenesen am W-Rand anderer Trend. Gondwana lag generell zu hoch für marine Ingressionen (von Ausnahmen abgesehen).
5.2.2.3 Regionale Beispiele: Perm
Europa
vgl. Ziegler-Karten: (O. Devon) | Visé | Westphal | Permokarbon | Rotliegend | Zechstein (Kurspasswort notwendig)
(oder direkt mit Legende hier: (spezielles Passwort notwendig).
Übersicht: Europa im Perm
SW-Deutschland, Mitteldeutschland:
Zu Abb. unten:
Intramontane Senken im Variszischen Gebirge; teils Relikte von Faltenmulden, teils kontinentale Strike-Slip-Becken. (vgl. Blatt 45).
Typusgebiet: Saar-Nahe-Becken.
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zu Abb. unten: Lithostratigraphische Gruppengliederung im Typusgebiet des Saar-Nahe-Beckens: |
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Weitere Hinweise zur Lithostratigraphischen Typusgliederung (vgl. mit Abb. oben rechts):
- Grenzlager-Vulkanismus: Rhyolithe (Quarzporphyre) (z.T. als Ignimbrite: Tuffglutwolken), Basaltdecken ('Melaphyre'). an Saalischer Phase. Im Erzgebirge auch Zinngranite, im Odenwald: Dossenheimer Quarzporphyr, im Schwarzwald Tuffe, Laven (Kesselberg-Quarzporphyr, Triberg-Quarzporphyr) und hydrothermale Bildungen.
- in Gruppen vertretene Ablagerungsräume, in etwa von S nach N (siehe Abb. rechts):
- Moldanubisches und saxothuringisches Ablagerungsgebiet
- Vulkanite an Aufstiegsbereichen des Hinterlands
- Alluvialfächer, Fanglomerate, Tuffe
- fluviale Sandsteine
- Seendeltas
- Seen: Silte, Tone, bituminöse Karbonate, Kohlen, Stromatolithen (Kohlen und Stromatolithen v.a. Kusel und Lebach, danach zu trocken)
- äolische Dünen (v.a. im Weißliegenden: Dünenhöhen 50 m, heute nur 5-10 m, wenn aktiv. Saharadünen - 100m, sind aber pleistozäne Relikte -> starke konstante Winde). V.a. im südlichen Nordseebecken verbreitet (Speichergesteine).
- Sabkhas
- Salinarer Endsee (- 250 m unter NN), mit Evaporiten.
- Sedimentäre Fining-Upwards-Zyklen wegen Schwanken des Null-Energie-Potenzials, v.a. durch klimatische Schwankungen (Endsee-Wasserfläche unterschiedlich tief).
Norddeutschland, Nordsee:
a) Rotliegendes:
Im Nordseebereich viel äolisch, sowie salinare Endseen: -> Speichergesteine, Abdichtung z.T. durch Evaporite oder strukturell. Muttergesteine jünger (v.a. Kimmeridge-Clay): erst spätere Strukturierung.
Rotliegendspeicher z.B.
- Viking-Feld (Öl, Gas, Mutter: Kimmeridge Clay)
- Groningen-Feld (Gas; Mutter: entgaste Karbonkohle).
b) Zechstein:
vgl. Übersichtszeichnung: Europa im Perm.
- Südnordseebecken im Rotliegenden unter dem Meeresspiegel (ggf. - 250m NN). Typ Totes Meer.
- Flutung durch Meeresspiegelanstieg und/oder Viking-Rift-Subsidenz: -> sehr schnelle Zechsteintransgression: bei Ausgangsannahme -250 m unter NN Auffüllung beider Becken in 6 Jahren (bei Zufluss von 50 km3/Tag (= Kanal 10 km weit, 20 m tief; 3 m/s); Anstieg 30 cm/Tag. 50 m hohe Dünen wären in 150 Tagen bedeckt.
Fünf Salzzyklen im südlichen permischen Becken:
Zechsteinkalk: bis ca. Main nach Süden; in Hessen, Thüringen, Polen, England weit verbreitet. > 100 Arten mit Algen-Bryozoen-Stromatolith-Riffen.
Kupferschiefer: max. 2% Kupfer (in Schwarzschiefern): früherer Abbau z.B. Mansfeld,Ostharz; Richelsdorf, Hessen.
Faziesgeometrie für Z1:
Genrelle Faziesgeometrie eines theoretischen, vollständigen Zyklus vom Beckenrand (links) zum Becken (rechts):
Im südl. Nordsee-Becken Salze bereits im Rotliegenden. insg. > 1500 m Evaporite!
Speichergesteine: v.a. Zechsteindolomit (Schelffazies), v.a. in Polen und England
Salze -> spätere Halokinese: wichtige Fallen. Aufstieg ca. ab Oberjura.
Alpen:
Perm v.a. in Ostalpen, Karnischen Alpen, Dolomiten (s. Blatt 43).
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Abb. oben: permische Schichtfolgen in Nördlichen Kalkalpen (heute Ostalpin) und Südalpen (Dolomiten, Karnische Alpen). |
Abb. oben: heutige Struktur der östlichen Alpen. Zur Lage von Ostalpin, Karnischen Alpen und
Südalpin zur Permzeit siehe Weltkarten (Anlagen). |
Zur näheren paläogeographischen Entwicklung der Alpen (inkl. paläogeographischer Karten) vgl. die Kapitel zu Trias, Jura, Kreide
Ural: Einengung und Auffaltung:
- Vortiefe nach W (Uralstraße)
- Oberperm: Klastika, Karbonate und Evaporite
- höheres Unterperm: Molasse-Klastika
- orogene Diskordanz: "Saalische Phase"
- tieferes Unterperm: Kalke
Nordamerika:
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Schrägluftbild des Delaware-Beckens
zum Vergrößern bitte anklicken
(aus Stanley)
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Paläogeographische Skizze für Nordamerika im Perm
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Delaware-Becken wichtiges Ölbecken (Texas, N-Mexiko) mit Capitan Reef (siehe Abb. rechts): Kalkschwamm-Algen-Bryozoen-Zementkrusten-Riff.
Sehr einfaches Oilplay:
- Becken: viele bituminöse Ablagerungen, durch Stagnation
- Riff: Speichergestein - Wanderwege des Bitumens über Vorriffsedimente.
- Nach Unterbrechung der Meeresverbindung Eindampfung des Beckens im Obersten Perm: Zechsteinsalz legt sich auch über Speichergesteine: gute Abdichtung
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Gondwana
Situation vom Kambrium bis in den Jura hinein ähnlich:
- iam allgemeinen Meeresvorstöße nur randlich
- nur selten marine Vorstöße entlang Trennfugen der späteren Kontinente (z.B. O. Karbon: Eurydesma-Schichten, Callovium bis Kimmeridge: Madagaskar-Straße)
- ausgedehnte Inlandseisfelder: Oberordoviz in Sahara-Region. Oberkarbon-Perm: Südafrika, Antarktis, Indien, Südamerika etc.
- weite intrakratonische, terrestrische Becken: Oberkarbon - Jura (-Kreide) mit mächtigen Siliziklastikaserien, an Basis Tillite, auch Kohlen. Viele Wirbeltierfunde.
- Ab Trias, v.a. ab Jura Vulkanite als Vorboten des Zerbrechens. Indien auch Alttertiär (Dekkan-Trappe).
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letzte Änderungen 13.04.2003 durch R. Leinfelder