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III. Auswege aus dem Dilemma

Auch wenn der Zustand unserer Riffe Anlaß zu höchster Besorgnis ist, ergibt sich aus der Tatsache, daß bereits kleine Schritte oft wesentliche Verbesserungen bringen doch berechtigte Hoffnung. Einige Beispiele seien genannt:

Riffe sind fest verflochten im globalen Ökosystem. Keiner kann sich deshalb damit herausreden, daß Riffe für ihn nicht relevant seien oder die von ihm angestellten Schädigungen klein im Vergleich zum Rest der Probleme seinen. Wenn jeder zum Riffschutz beiträgt, haben die Riffe und damit auch die Menschheit noch eine echte Chance. Die notwendigen Schutzmaßnahmen lassen sich in mehrere Kategorien einteilen:

Dies können Sie sofort und ohne Aufwand bewirken:

Jeder von uns kann viele Fehler, die er bislang aus Unwissenheit gemacht macht, sofort abstellen. Nötig dazu ist eine bessere Aufklärung, zu der dieses Materialienheft beitragen will. Fehler beim Tauchen und Schnorcheln sind sofort abstellbar; auf Kauf von Riffsouvenirs kann man ebenfalls sofort verzichten. Sehen Sie dazu bitte auch unsere Verhaltensempfehlungen in Teil III dieses Heftes. Wenn Sie Lehraufgaben wahrnehmen, bauen Sie bitte die Riffproblematik in Ihren Unterricht ein.

Dies mag anfänglich etwas wehtun:

Liebgewonnene Gewohnheiten kann man umstellen, auch wenn es anfänglich vielleicht weh tut oder manchmal etwas mehr kosten mag. Dazu gehören: Verzicht auf Tigergarnelen; Einschränkung von Fast-Food-Ernährung (für deren Produktion oft Regenwälder abgeholzt werden, was zusätzlich die Riffe schädigt; kein Verzehr von Riffischen als "Statussymbol"; Verzicht auf jährliche oder noch häufigere Fernreisen (wegen der CO2-Belastung); Verzicht auf Billigstangebote, statt dessen umweltverträglicher Urlaub mit weniger Komfort; generell Reduktion des Energieverbrauchs und des Müllanfalls auch zu Hause (vieles unseres Hausmülls landet trotz grünem Punkt immer wieder in Entwicklungsländern, z.T. auch direkt in Riffen); finanzielle Unterstützung von Umweltprojekten.

Üben Sie sanften Druck aus!

Diskutieren Sie die Problematik mit Freunden und versuchen Sie, sie mit Argumenten zu Verbündeten im Riffschutz zu machen. Üben Sie sachlichen Druck auf Hotelmanager, Reiseveranstalter und Ausflugsveranstalter aus. Fragen Sie nach, wie Abfall und Abwasser entsorgt wird, machen Sie klar, daß für Sie und Ihre Freunde die Region ohne intakte Riffe nicht mehr attraktiv wäre. Wenn Sie Kontakte zu Politikern haben, nützen Sie auch diese.

Dies müssen Regionen und Regierungen veranlassen:

Aufklärung der Bevölkerung in den Riffländern selbst tut not. Diese muß aber mit dem Aufzeigen alternativer Einkommensmöglichkeiten einhergehen. Wer kann es einem philippinischen Arbeiter verdenken, Riffschnecken zu sammeln, um diese zu verkaufen, wenn er keine anderen Möglichkeiten hat, sich und seine Familie zu ernähren? Das Argument, daß er dadurch sein eigenes Einkommen gefährdet, wird nicht zählen, wenn nicht direkt Alternativen angeboten werden. Wichtig sind Programme, bei denen der Mensch als Teil des Ökosystems gesehen wird, in dem er auch seine Einkommensgrundlage hat. Programme für integriertes Küstenmanagement, bei denen Fischer, Städteplaner und Kommunalpolitiker, Bauern und weitere Gruppen gemeinsame Konzepte entwickeln, sind besonders erfolgversprechend. Fangmethoden von Fischen müssen besser kontrolliert und auf Einhaltung von Fangquoten geachtet werden. Die Einrichtung von gut gemanagten Riffparks unter der dominierenden Beteiligung der lokalen Bevölkerung ist eines der wesentlichsten Mittel zum Riffschutz. Riffparks können Touristenströme umlenken, bieten eine Vielzahl von Beschäftigungsmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung beim Parkmanagement und als ausgebildete Rifführer und erlauben die Erholung von Fischbeständen auch in den angrenzenden Gebieten. Regionale Programme zur Kontrolle des Bevölkerungswachstums gehören ebenfalls in diesen Maßnahmenkatalog.

Globale Maßnahmen:

Eine weitere globale Überfischung muß durch internationale Abkommen sowie internationale Satellitenüberwachung vermieden werden und insgesamt reduziert werden. Wußten Sie, daß global gesehen bislang die Hauptmasse der gefangenen Fische zu Tiermehl verarbeitet und für die Mästung in Massenhaltung gezüchter Tiere (Tigergarnelen, Geflügel, Schweine und Rinder - und dies trotz BSE-Skandals) sowie für pharmazeutische Zwecke verwendet wird, also gar nicht direkt für die menschliche Ernährung zur Verfügung steht. Die menschliche Produktion von Kohlendioxid und Methan muß global gesenkt werden, um die Klimaprozesse nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen; leider geben die Ergebnisse der bei Drucklegung gerade stattfindenden Klimakonferenz von Kyoto wenig Anlaß zur Ermutigung. Um notwendige globale Umweltschutzmaßnahmen nicht durch Verteilungskämpfe obsolet zu machen, müssen jedoch auch die Kontrolle des Bevölkerungswachstums und verbesserte ökonomische Gerechtigkeit auf globaler Ebene erreicht werden.

 

Fazit

Eine wesentliche Ursache für die Bedrohung der Riffe stellt die fehlende Bildung und Chancenungleichheit, insbesondere aber die generelle Überbevölkerung und die dadurch verursachte Umweltverschmutzung und räuberische Ressourcennutzung dar. Allerdings werden Aufklärung und Verbote allein nicht weiterhelfen, notwendig sind der Aufbau alternativer Einkommensmöglichkeiten. Hier sind sicherlich Politiker, Wirtschafts-, Naturwissenschaftler, Lehrer, Umweltschutzverbände, Industrie und Gewerkschaften, aber auch die Kirche aufgefordert, gemeinsam Auswege aus dem Dilemma zu erabeiten.

Es wäre aber falsch, sich abzuwenden und zu behaupten, man könne als Einzelner nichts tun. Die Änderung eigener Verhaltensweisen ist bereits wesentlich. Nur durch Druck der Kunden auf Tourismusunternehmen sowie durch Verzicht auf Billigstangebote kann die Tourismusindustrie zur Einsicht 'bekehrt' werden. Die Errichtung von Riffparks kann finanziell unterstützt werden. Nur durch verbesserte Aufklärung auch über individuell machbaren Riffschutz in den Schulen und bei Taucherverbänden und Tauchsportunternehmen kann man viele Gefährdungen von Riffen fast 'über Nacht' abstellen. Nur durch das Wissen über die Schädlichkeit von Garnelenzucht kann man versuchen, Essensgewohnheiten umzustellen. Nur durch das Wissen, daß unser Kohlendioxidausstoß nicht nur unsere Industriewelt zum Kochen bringt, sondern auch unsere Ferienfluchtpunkte zerstört, mag man ein generelles Umdenken erzeugen. Wie erläutert, stellt die Einrichtung von Riffparks ein besonders wirksames Instrumentarium zum umweltgerechten Umgang mit Riffen dar. Derartige Bemühungen können aber nur von Erfolg gekrönt sein, wenn sich die generelle Umweltsituation verbessert. Auch im Meer gibt es keine Inseln der Seeligkeit, wir leben in einer globalen Zeit mit globalen Problemen, die auch das entfernteste Riff betreffen.


Dank: Wir danken Stephan Kempe, Darmstadt, Florian Böhm, Kiel und Paul Copper, Sudbury für stimulierende Diskussionen und vielfältige Informationen zum Thema Kohlendioxid.

Dieser Artikel stellt eine veränderte und ergänzte Fassung des Beitrags " Die Riffe und der Mensch: ein Dilemma? von R. LEINFELDER UND F. BRÜMMER (publiziert in STEININGER, F.F. & MARONDE, D. (Hrsg.), Städte unter Wasser: 2 Milliarden Jahre.- Kleine Senckenberg-Reihe, 24, 171-186, Frankfurt a.M., 1997) dar. Wir danken dem Senckenberg-Institut für die Weiterverwendungsgenehmigung. In der vorliegenden Form wurde der Artikel in Profil, 13, Stuttgart publiziert ("Schulmaterialienheft zu Riffen")

Bildquellen für die sw-Tafeln (hier herunterladbar für Besitzer des Schulmaterialienheftes):

F. Brümmer: Taf. 3/4,7
R. Leinfelder: Taf. 1/7; Taf. 2/1, 3, 5; Taf. 3/3, 8,9
G. Heiss: Taf 1/1
B. Saric: Taf. 1/3
R. Ginsburg: Taf. 1/3, 6.
Abb. 8 vonTafel 1 basiert auf Vorlage aus SCHOLLE, P.A. (ed), 1993.- Carbonate Platforms, AAPG Sp. Publ. 33, verändert.
Alle anderen Abbildungen aus WELLS & HANNA (siehe Literatur).

Bei den Online-Abbildungen sind die Autoren nochmals angegeben. Copyright bei den angegebenen Personen.

Wir danken Sue Wells und Nick Hanna, Robert Ginsburg Georg Heiss, Boris Saric für die Erlaubnis, ihre Fotos verwenden zu dürfen.

 

Weiterführende Literatur

KÜHLMANN, D.: Das lebende Riff. Landbuch, Hannover, 1984

SEYFRIED, H. & LEINFELDER, R.: Meeresspiegelschwankungen - Ursachen, Folgen, Wechselwirkungen.- Wechselwirkungen, Jahrbuch 1992 der Universität Stuttgart, S.112-127, 1993.

SCHUHMACHER, H.: Starthilfe für künstliche Riffe. Spektrum der Wissenschaft 3, 66-74, 1996

WELLS, S. & HANNA, N.: Das Greenpeace-Buch der Korallenriffe. C.H. Beck München, 1992.

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html-Code Reinhold Leinfelder, online-Start der beta-Version (ohne Abb): 4. Mai 1997
Versionen mit Abbildungen, Start 17.4.97

Letzte Änderungen durch Reinhold Leinfelder am 17.4.97/14.3.99