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Den Marlene-Dietrich-Platz erleben

Aus dem Untergrund

Auch beim Fahren mit U- und S-Bahn werden die Menschen in einem nach außen hin abgeschlossenen Raum transportiert. Auch hier ist die Luft in gewissem Maß klimatisiert und während der Fahrt gleitet die Außenwelt an den Mitfahrenden vorbei, ohne dass sie dabei in direkten Kontakt kommen kann. Geräusche sind nur sehr begrenzt vernehmbar, der Blick ist wieder das Medium, über das die Außenwelt wahrgenommen wird. Es gibt jedoch eine ganze Anzahl von Differenzen, die die öffentlichen Transportmittel deutlich vom Individualverkehr unterscheiden.[6] Am Hervorstechendsten ist, dass die Fahrgäste keine Kontrolle darüber haben, wer sich mit ihnen im Wagen befindet. Die einzige und nur sehr selten genutzte Möglichkeit, hierauf Einfluss zu nehmen, ist den Wagen zu wechseln. In der Regel werden sich die Fahrgäste der Situation anpassen und entsprechende Interaktionstechniken einsetzen, um ihre persönliche Sphäre zu schützen und so die Situation gemeinsam stabil zu halten.[7]

Das Mitfahren in öffentlichen Transportmitteln erfordert ein umfangreiches Verhaltensmanagement – ein Verhaltensmanagement wird auch auf dem Marlene-Dietrich-Platz oder auf der Alten Potsdamer Straße notwendig, der Unterschied liegt hier vor allem darin, dass in öffentlichen Verkehrsmitteln häufig Distanzen unterschritten werden, die sonst nur im Kontakt mit vertrauten Personen geöffnet werden. Beim Sitzen auf den Bänken, beim Stehen in einem vollen Waggon und beim Ein- und Aussteigen ist direkter körperlicher Kontakt an der Tagesordnung. So werden beim Benutzen dieses Transportmittels Berührungen zugelassen, die beim Aufenthalt auf und der Interaktion im später zu betretenden offenen Stadtraum normalerweise nicht in Frage kommen, und deren Unterschreitung eine Verletzung der Intimsphäre darstellen und entsprechende Reaktionen hervorrufen würde.

Der Innenraum eines U- oder S-Bahnwaggons ist im Gegensatz zum Auto weder an sich intim noch ist er personalisierbar. Auf den einzelnen Linien fahren zwar bestimmte Wagentypen, doch die Zusammenstellung der Wagen und die Ausstattung der Innenräume ist in diesem Rahmen zufällig. So lassen sich bestimmte Gemeinsamkeiten ausmachen, von denen manche, wie zum Beispiel die Graffiti-ähnlichen Tags, Werbeplakate, das in einigen S-Bahnwagen vorhandene, aus kleinen Abbildungen von Berliner Sehenswürdigkeiten zusammengestellte Wandmuster und Anderes bestimmte Identifikationen für die Fahrgäste ermöglichen, im Gesamten lässt sich jedoch festhalten, dass es sich um einen nicht individualisierten und für verschiedenste Gruppen nutzbaren Raum handelt – sofern sie einen Fahrschein bezahlen können bzw. das Risiko des Schwarzfahrens auf sich nehmen. So kann die Zusammensetzung der Fahrgäste eines Waggons sehr unterschiedlich sein, und die Prüfung der anderen Fahrgäste beim Betreten ist für die meisten BenutzerInnen zu einer Routine geworden.

Trotz der Unvorhersagbarkeit der konkreten Zusammensetzung der Fahrgäste eines Waggons lassen sich Aussagen über bestimmte Veränderungen während der Anreise zum Potsdamer Platz machen. So kann sich nicht nur die Anzahl, sondern auch die Zusammensetzung der Fahrgäste während einer Fahrt von Endstation zu Endstation deutlich verändern; sie spiegelt zu einem gewissen Teil auch die Zusammensetzung der jeweiligen Umgebung der zu durchfahrenden Haltestellen wieder. Dieser Effekt lässt sich auch bei der Benutzung von U2 oder den S-Bahnlinien 1, 2 und 25 in der Umgebung der Haltestelle Potsdamer Platz feststellen; wobei anzumerken ist, dass ich mich hier, im Unterschied zu den Beobachtungen am Potsdamer Platz, nicht auf systematische Beobachtungen, sondern auf einen Eindruck stütze, der sicher durch eine entsprechende Erwartungshaltung gefördert wird. Diese Erwartungshaltung wiederum hängt mit einem weniger individuellen als allgemeinen Effekt zusammen, und zwar mit den Zuschreibungen, die sich in Bezug auf den Potsdamer Platz entwickelt haben – der Potsdamer Platz als Ort an dem sich Touristen und Business konzentrieren ist ein gängiges Thema in Berichten und Gesprächen über den Potsdamer Platz. Wenn die Station Potsdamer Platz also näher rückt, fällt der Blick zunehmend auf Fahrgäste, die möglicherweise ‚Kandidaten’ sind und die durch die Benutzung von Stadtplänen, das Sprechen einer anderen Sprache oder ihre Kleidung als Touristen und Nicht-Berliner in Frage kommen. Wenn es schließlich soweit ist und die Bahn an der Station Potsdamer Platz ankommt, stellt sich heraus, in wie weit die Vermutungen richtig oder falsch waren… In meinem Fall ist diese Zuschreibung in der Form ausgeprägt, dass es mir von Zeit zu Zeit unangenehm sein kann, am Potsdamer Platz auszusteigen. Während ich von meinen Sitzplatz aufstehe und mich zu einer der Waggontüren bewege, tue ich etwas, dass nicht mit meinen Selbstbild als Zugezogener, aber doch auch Berliner in Einklang steht, ich tue etwas Touristisches. (Durch meinen Status als Student und durch die Kleidung, die ich in der Regel trage, kommt die Selbsteinordnung als Geschäftsmann nicht in Frage – zumal diese, aus der Position eines schon mehrere Jahre in Berlin lebenden Studenten gesehen, als eine Art ‚Hauptstadtyuppies’ etwas Unberlinerisches und damit den fragwürdigen Status von Fehlplatzierten haben.[8])


Foto 3

Informationstafel im U-Bahnhof Potsdamer Platz, darunter zwei sitzende Menschen

Mai 2001.


Nach dem Verlassen des Waggons folgt wieder eine Neuorientierung; bei fast jeder Ankunft eines Zuges an einer der unterirdischen Haltestellen (sowohl S- als auch U-Bahn haben hier unterirdische Stationen) lassen sich Leute beobachten, die nach links und rechts schauen und sich zu einer der auf Foto 3 abgebildeten Tafeln begeben, um zu entscheiden, welchen der Ausgänge sie nehmen sollen. Verwirrenderweise weisen einige Tafeln für beide Ausgänge den Potsdamer Platz aus (siehe Foto 3 so dass immer noch unklar bleibt, welcher Ausgang genommen werden soll. Wie bei allen unterirdischen Haltestellen ist es schwierig, sich im Verhältnis zum Raum an der Oberfläche zu orientieren. Die Stationen sind sich untereinander ähnlich, Tunnel und Gänge und Richtungen zu unterscheiden erfordert entweder vor Ort gemachte Erfahrung oder die Mindestmenge an Aufmerksamkeit, die zum Identifizieren, Lesen und Interpretieren der schriftlichen Hinweistafeln nötig ist. Je nach Betrieb ist es zusätzlich noch erforderlich, sich durch eine Menschenmenge zu manövrieren und Kollisionen oder Behinderungen zu vermeiden, bzw. diese frühzeitig zu erkennen. Während dieser teilweise hochkomplexen Interaktionen werden den Menschen noch zusätzliche Informationen präsentiert; in den Bahnhöfen am Potsdamer Platz sind Werbeflächen angebracht, die für einige der am Potsdamer Platz zu findenden Einrichtungen werben.

So tragen die auf Foto 4 zu sehenden Lichtleisten in den Ausgangsbereichen der U2 Haltestelle das Cinemaxx Logo, andere Werbetafeln weisen auf das Musical Theater, die Kinos (z.B. das Discovery IMAX im linken Hintergrund von Foto 3 den McDonald’s am Marlene-Dietrich-Platz oder eines der anderen Geschäfte hin. Der erst zu betretende Raum an der Oberfläche wird also bereits im Untergrund vorstrukturiert. Das Vorhandensein bestimmter Einrichtungen wird ausgewiesen, diese können damit in den Erwartungshorizont der NutzerInnen von U- und S-Bahn rücken. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese Leute auf dem Areal des Potsdamer Platzes auch tatsächlich die entsprechenden Objekte lokalisieren oder sie sogar explizit aufsuchen. Die Bilder und Werbetafeln in den Stationen sind eine Art zusätzlicher Dreingabe, die neben den Anfangs erwähnten Medien wie Zeitungen, Werbung, Videoclips und anderen den Raum des Potsdamer Platzes bereits mit bestimmten Bedeutungen versehen und die bestimmte, meist konsumorientierte Aspekte des Ortes und seiner Nutzung hervorheben.


Foto 4

Ausgangstunnel des U-Bahnhofs, Leuchtreklame und Uuml;berwachungskamera sowie einige ältere Passanten

Tunnel zum Südausgang. Haltestelle der U2 am Potsdamer Platz. Mai 2001.


Zu Foto 4 bleibt noch zu bemerken, dass die Aufnahme den Tunnelcharakter des U-Bahnausganges stark betont. Da das Bild in einer Höhe von über zwei Metern und mit einer geringen Brennweite aufgenommen ist, dominiert die aus dieser Perspektive tief hängende Decke das Bild und die Personen im Hintergrund erscheinen bloß als kleine Figuren. Bei dieser Aufnahme ging es mir vor allem darum, die Werbung für das Cinemaxx in ihrem wegbegleitenden Charakter einzufangen (bei dem Kasten, der in der Nähe der rechten Lichtleiste an der Decke befestigt ist, handelt es sich um eine auf den Betrachter gerichtete Videokamera.)

Wie es in der Folge weitergeht, lässt sich zu drei Möglichkeiten zusammenfassen: Im Falle der Anreise per U2 wird entweder der Nord- oder Südaufgang genommen, der Potsdamer Platz liegt dann im Westen und es ergibt sich eine Perspektive auf den Potsdamer Platz selbst, das Quartier DaimlerChrysler und das Sony Center werden sichtbar; wurde die S-Bahn genommen, kann entweder einer der beiden Ausgänge zum eigentlichen Potsdamer Platz oder der unterirdische Eingang vom Bahnhof in die Potsdamer Platz Arkaden genutzt werden. (Es gibt auch noch die an dieser Stelle außer Acht gelassene Möglichkeit, vom Bahnhof aus den direkten Zugang zum Sony Center zu nehmen – da der Schwerpunkt dieser Arbeit aber auf dem Marlene-Dietrich-Platz und dem räumlichen Arrangement des Quartiers DaimlerChrysler liegt und das Sony Center sich erheblich davon unterscheidet, diskutiere ich in diesem Zusammenhang nur die anderen Ausgänge.)

Wer mit der U2 anreist und von dort an die Oberfläche kommt, hat es mit der Orientierung verhältnismäßig leicht. Beim Verlassen über den Nordausgang bietet sich eine zu der von Foto 2 vergleichbare Perspektive. Der Ausgang lag früher direkt bei der mittlerweile geschlossenen und abgerissenen Info-Box[9] – zur Zeit liegt er dementsprechend an einer Baubrache. Wird der Südausgang benutzt, so liegt die Ecke Stresemannstraße/Köthener Straße hinter den auf Foto 5 zu sehenden Säulen. Um zum Potsdamer Platz zu gelangen, muss die Köthener Straße (im linken Vordergrund von Foto 5) überquert werden,dann liegt die Fläche des eigentlichen Potsdamer Platzes vor den Angekommenen.


Foto 5

Vordergrund dunkel, hinten blick auf Potsdamer und unvollendeten Leipziger Platz, einige Passanten zwischen den Säulen des Ausgangsbereichs

Vom Südausgang der U2 auf den Potsdamer Platz. Mai 2001.


Foto 5 dramatisiert den Perspektivwechsel vom U-Bahnsystem zum offenen Stadtraum. Um von der einen Welt in die andere zu gelangen, muss nach diesem Bild noch eine Art Säulentor durchschritten werden. Wäre der Übergang von den Tunneln und Gängen der U- und S-Bahnsysteme an die Oberfläche nicht eine alltägliche Handlung, die außerdem bloße Notwendigkeit beim Erreichen anderer Orte in der Stadt mit dem öffentlichen Personennahverkehr ist, so könnte dieser Raumwechsel bei entsprechender Sensibilisierung ein eigenes Erlebnis sein. Jedenfalls wird hier deutlich, dass es sich bei diesem Übergang um einen Wechsel handelt, der auf mehreren Dimensionen stattfindet: Es ist ein Übergang von einem geschlossenen Medium in ein verhältnismäßig offenes, es ist ein Übergang von einem durch eine Institution (die BVG) betriebenen, kontrollierten und nur gegen Entgelt zu benutzendem Raum zu einem von einer Vielzahl von Institutionen (Verkehrsordnung, Polizei, ansässige Geschäfte, etc.) gestalteten, regulierten und allgemein zugänglichen Raum, es ist ein Übergang von der Interaktion in einem engen, körperliche Berührungen erzwingenden Raum in einen weiten Raum, in dem die Interaktionen in, mindestens potentiell, weit größerer Distanz der verschiedenen Akteure zueinander stattfinden und es ist schließlich der Übergang in einen Raum der, wiederum potentiell, weniger auf einen einzelnen Zweck (den effektiven Transport) hin gestaltet wurde und der einen größeren Umfang verschiedener Aktivitäten erlaubt.


Foto 6

im Vordergrund Baustelle und parkende Fahrzeuge, dahinter gebrochene Fassaden der angrenzenden Gebäde

Von der Ecke Köthener Straße/Potsdamer Platz auf Quartier DaimlerChrysler und Debis Turm. Mai 2001.


Wie auf Foto 6 zu sehen, ist der Potsdamer Platz ist noch von Baustellen umgeben. Wie bei den anderen Aufnahmen für diese Arbeit habe ich allerdings auch hier versucht Perspektiven einzufangen, die auch nach Fertigstellung der Bauprojekte noch in dieser Form weiter bestehen werden und die sich den BesucherInnen auch, je nach Anreiseweg, direkt darbieten (d.h. die üblichen Wege oder Routen müssen nicht verlassen werden, um den Ort in der gezeigten Perspektive zu sehen – dies bedeutet allerdings nicht, dass es in irgendeiner Weise klar wäre, dass die BesucherInnen auch tatsächlich in der hier wiedergegebenen Art schauen. Sie könnten.) Auf Foto 6, wie bereits auf Foto 2, wird der Ausnahmecharakter der Architektur am Potsdamer Platz deutlich, hier am Beispiel der von Richard Rogers entworfenen Gebäude. In dieser räumlichen Dimension ist ein derartiger Unterschied zu den sonst in Berlin üblichen, geschlossenen Fassaden, der durchgehenden Blockrandbebauung und den benutzten Materialen sehr rar. Wer sich aus der U2 zum Potsdamer Platz begibt, wird über einen verhältnismäßig weiten und offenen Raum zur hohen und sozusagen kontraststarken Architektur des Quartiers DaimlerChrysler geführt.


Wird der Potsdamer Platz von der S-Bahn aus betreten, dann wird ein anders gestalteter, unterirdischer Raum durchquert. Eine der größten Baugruben war und eines der teuersten Projekte am Potsdamer Platz ist der unter dem Platz gelegene Bahnhof. Durch diese Anlage wird neben den S-Bahnlinien 1, 2 und 25 später auch eine Nord-Süd Bahnverbindung führen. Der Bahnhof ist so ausgeführt, dass es nicht nur Tunnel und Gänge, sondern auch größere Hallen mit verschiedenen begehbaren und sichtbaren Ebenen gibt – der unterirdische Raum wird unter großem technischem Aufwand in gewissem Maße geöffnet. Da der Bahnhof noch nicht fertig gestellt ist, kann ich hier nur in begrenztem Maße Aussagen über den Charakter dieses Übergangsraums machen. Soweit bisher sichtbar, wird dieser Ort, dessen Wände, Böden und Decken aus grauem Marmor, Beton, Glas, Stahl und weißen, großflächigen Lichtpaneels bestehen, einige weiträumigere Flächen bieten, die Bahnhofsvorhallen ähneln, allerdings mit einer geringeren Deckenhöhe. Dazu kommen Treppen und Verbindungsgänge zu den verschiedenen Transportmitteln und zu verschiedenen Ausgängen (unter anderem zweimal zum Potsdamer Platz (Foto 8), einmal in die Potsdamer Platz Arkaden (Foto 7) und einmal zum Sony Center). Zur Zeit sind diese Räume, soweit sie nicht abgesperrt und unbenutzbar sind, weniger dicht bevölkert. Es besteht viel Raum zum Ausweichen vor anderen Leuten. Jugendliche und Kinder, die sich dort aufhalten, spielen und von Zeit zu Zeit auch skaten, fallen aufgrund der relativen Weitläufigkeit nicht so sehr auf, wie sie dies in einem reinen U- oder S-Bahnhof tun würden. Da dieser Ort nicht nur zu den S-Bahn Haltestellen gehört, er vielmehr eine Mischung aus Haltestelle, Bahnhof, Unterführung und unterirdischer Vorhalle von Potsdamer Platz Arkaden und Sony Center ist, besteht hier auch nicht die Pflicht, einen Fahrausweis mitzuführen und der Raum hat insgesamt einen eher öffentlichen Charakter (er wird allerdings, wie auch das Sony Center und die Potsdamer Platz Arkaden von privaten Sicherheitskräften kontrolliert).

Der im Hintergrund von Foto 7 liegende Eingang in die Potsdamer Platz Arkaden bietet einen weitgehend nahtlosen Übergang. Das Design des Raums vor und hinter der Tür in das Einkaufszentrum Potsdamer Platz Arkaden ähnelt sich stark. In beiden Fällen werden vor allem die Materialien Marmor, Glas und Stahl verwendet und polierte, kalte Oberflächen dominieren die Umgebung. Im Hauptteil werde ich mich noch eingehender mit dem Einkaufszentrum, mit seiner Gestaltung und Nutzung und mit dem Zusammenhang von Arkaden und Marlene-Dietrich-Platz beschäftigen.


Foto 7

links sonnenheller Eingangsbereich, rechts künstlich beleuchtete Halle mit Marmorboden und Metallgitterdecke. Vereinzelte Passanten

Südteil des Bahnhofs unter dem Potsdamer Platz/Eingang in die Potsdamer Platz Arkaden. Mai 2001.


Dieses Foto zeigt eine Perspektive von den Gängen des Bahnhofs zum Eingang der Arkaden (Hintergrund Mitte). Die linke Hälfte des Fotos ist durch Tageslicht erhellt, welches durch den großen und offenen Südausgang (siehe Foto 8) hereinfällt. Die am rechten Bildrand zu sehende Röhre erstreckt sich bis an die Oberfläche des Potsdamer Platzes und führt über ein Spiegelsystem Tageslicht in die unterirdische Anlage. Diese Maßnahme, die offene Gestaltung der Ausgänge und die offenen Verbindungen zu den anderen Ebenen dieser Anlage zeigen, wie viel Aufwand betrieben wurde, um den entstehenden Raum nicht klein, verwinkelt und nischenhaft zu gestalten. Im Zusammenhang mit der Diskussion der offenen und freie Sicht zulassenden Gestaltung des Marlene-Dietrich-Platzes werde ich später auf die sicherheits- und kontrolltechnischen Aspekte einer solchen räumlichen Gestaltung eingehen (vgl. das Kapitel Kameras und Blicke).

Der Aspekt der Offenheit der Konstruktion wird auf Foto 8 betont. Es ist zu sehen, dass der Blick von der oberen Brüstung den größten Teil des Ausgangsbereiches erfassen kann. Durch die Höhe des Daches, seine Lichtdurchlässigkeit und durch den wandlosen Seitenbau integrieren die beiden Ausgänge zum Potsdamer Platz (der Nordausgang ist spiegelbildlich aufgebaut) in gewisser Weise den Raum unter der Erde mit dem darüber liegenden Platz. Diese Integration wird durch die erwähnten, an die Oberfläche führenden Lichtröhren noch verstärkt. Hier steht also weniger der Kontrast von Innen und Außen im Vordergrund als vielmehr die Verbindung beider. Dies gilt ebenfalls für die Innenraum-Innenraum Verbindung zu den Arkaden – die verschiedenen Räume gleiten hier ineinander. Die Übergänge bleiben als Übergänge erkennbar, sie gestatten allerdings eine nahtlosere Erfahrung des Raums. So bekommt der an der Oberfläche liegende Potsdamer Platz auf subtile Weise eine Verbindung zum darunter liegenden, mit den Arkaden und mit der Bahn zusammengehörigen Raum. In gewissem Maße transportiert diese Verbindung auch die kontrolltechnischen Aspekte des unterirdischen Raums; der Potsdamer Platz gehört so zu den privat verwalteten und kontrollierten Räumen der Bahn, der Arkaden und des Sony Centers.


Foto 8

von unten her fotografierte offne Eingangshalle mit Treppenbereich rechts. An der Treppe einige Jugendliche, sonst keine Menschen

Südausgang des Bahnhofs Potsdamer Platz. Mai 2001.


In der Regel ist nicht allzu viel Betrieb in dieser Übergangszone und die Dimensionen der Anlage lassen diese verhältnismäßig leer erscheinen. Bestimmte Lücken und Leerräume können allerdings auch gefüllt werden. Wie auf Foto 8 zu sehen (im rechten Vordergrund auf der Treppe) und wie oben erwähnt, lassen sich häufig Kinder und Jugendliche beobachten, die sich an diesen Orten aufhalten und auch vergnügen; meistens sitzen sie bloß herum, zum Teil bewegen sich aber auch spielerisch oder sportlich in diesem Raum.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Übergang von öffentlichen Transportmitteln zum Potsdamer Platz sehr komplex gestaltet. Je nach verwendetem Verkehrsmittel und je nach benutzter Route kann der Übergang kontrastreich und deutlich sein, er kann aber auch, wenn z.B. der unterirdische Eingang in die Arkaden benutzt wird, sehr fließend sein. Allerdings ist auch hier festzuhalten, dass es einem Wechsel im Interaktionsmodus gibt. Die räumliche Enge, der schwer vermeidbare körperliche Kontakt mit anderen, das periodische Eingeschlossensein mit anderen Fahrgästen – all dies erfordert ein in vielen Dimensionen anderes Interaktionsmanagement als der Aufenthalt und das Durchqueren des Haltestellen- und Bahnhofsraums und als das Verkehren auf dem Potsdamer Platz.

Fußnoten

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