Zur Einführung


Für eine zeitgemässe Geschichtsvermittlung kommen die neuen Medien wie gerufen. Schliesslich hat sich Geschichte kaum je lautlos abgespielt, ist kaum je ohne Bewegung verlaufen, hat sich kaum je farblos, nur schwarz-weiss dargestellt. Was zuzeiten der Papiergeschichte bislang nicht möglich war, ist heute weitgehend machbar. Will Geschichte attraktiv bleiben, werden ihre Vertreter kaum umhin können, sich der neuen Medien zu bedienen. Der globale Wettbewerb um die Gunst potentiell Interessierter ist gewaltig. Geschichte nur für den Elfenbeinturm ist ihrer Bedeutung nicht angemessen.
Der auf zwei Termine verteilte Kompaktkurs möchte anhand konkreter Beispiele aus der heutigen universitären Praxis zeigen, wie sich ein solches Konzept realisieren lässt. Dabei ist zu bedenken, dass der Dozent Historiker - und nur Historiker - ist, nicht einmal im Nebenfach Informatiker oder Webdesigner oder Medienspezialist. Sehr wohl aber bin ich davon überzeugt, dass zum Historikerhandwerk heute nicht mehr nur Papier und Bleistift, allenfalls noch ein Textverarbeitungsprogramm und Druckerschwärze gehört. Im Gegenteil: Papier gibt es bei mir seit 1995 nicht mehr, und es wird auch von den Studierenden nicht länger akzeptiert.
'Geschichtsvermittlung unter Einbeziehung neuer Medien' meint im globalen Zeitalter zum einen, sich der diversen - wenn auch immer noch hauptsächlich textbezogenen - Möglichkeiten des World Wide Web zu bedienen. Zum anderen weist schon die Bezeichnung Multi-Media darauf hin, dass eben weitere Medien eine möglichst gleichberechtigte Rolle spielen. Textlastigkeit sollte ebenso vermieden werden wie Video-, Sound-, Animations-Einseitigkeit. Angestrebtes Ziel ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Text, Bild, Ton und Bewegung.
Technisch lässt sich heute vieles von dem eben Erwähnten mittels eines einigermassen leistungsstarken multimediafähigen Computers am eigenen Arbeitsplatz realisieren: Text-, Ton-, Bild-, Video-Bearbeitung und Einbindung in ein Themenprojekt.*) Wir werden die ganz unterschiedlich geratenen Ergebnisse solcher Arbeit im Kompaktkurs anhand der vorgestellten sechs Beispiele zu sehen und zu hören bekommen. Etwas ganz anderes dagegen ist - und dies wird ebenfalls zur Sprache kommen müssen -, was jenseits aller technischen Möglichkeiten wann wo wie erlaubt ist. Geistiges Eigentum, Copyrights, Urheberrechte sind zu beachten, sonst kann es teuer werden, ganz abgesehen von der Fairness zum Beispiel noch lebenden Künstlern gegenüber, die von ihren Tantiemen leben müssen. Nicht alles, was ins Netz gestellt werden kann, darf es auch.
Doch auch technisch stellt das Web derzeit aufgrund schmaler Bandbreiten, langsamer Modemverbindungen samt zugehöriger Telefonkosten noch keine ideale Form von Multimedia-Distribution dar. Dies ist - neben den erwähnten Copyright-Erwägungen - ein weiterer Grund, weshalb der Kurs ganz wesentlich auf eigenproduzierten CD ROM-Einzelanfertigungen basiert. Folglich haben wir es mit Dozenten-CDs zu tun (die der Dozent dann auch selbst zielgerichtet vorführt und 'live' kommentiert), doch genauso können Lehrer in einer Klasse oder Teilnehmer in einer Gruppe im Hinblick auf ihre eigenen Produktionen vorgehen. Erfahrungsgemäss kommt es dabei zu einer völlig neuen, sehr intensiven und medienbezogen weitausholenden Beschäftigung mit einem Thema. Welche Literatur (inklusive Websites) gibt es? Welche Töne, Geräusche, Musik gibt es? Welche Bewegungen sind aufgezeichnet (Filme, Videos)? Wo muss ergänzend selbst produziert werden?
Bei den sechs ausgewählten Kurs-Beispielen handelt es sich um die Grundlagen für drei Semester-Lehrveranstaltungen (Wallenstein / Dreissigjähriger Krieg; Lautenprojekt; Europäer entdecken die Welt), einen Beitrag zu einer 'Festschrift' (Ars moriendi / Die Kunst des Sterbens einst und heute), einen Kongress-Eröffnungsbeitrag (Gute alte Zeit? Wie unsere Vorfahren sich zu helfen wussten) und eine interdisziplinär-interurbane Zusammenarbeit (Die Vier Jahreszeiten). Für jedes Beispiel existiert indes ein mehr oder weniger umfangreiches Webseiten-Material, das sich für die Vor- oder/und Nachbereitung eignet.
Beim ersten Termin des Kompaktkurses - Donnerstag und Freitag, 11. und 12. Mai 2000 - werden alle sechs CD ROMs vom Dozenten vorgestellt und - soweit es die Zeit erlaubt - in ausgewählten Einzelteilen vertiefend präsentiert. Idealiter sollten sich aus interessierten TeilnehmerInnen dann Gruppen bilden - je eine Gruppe für jede CD -, deren kompletter Inhalt beim zweiten Termin - Donnerstag und Freitag, 25. und 26. Mai 2000 - in Sessionen von je etwa zwei Stunden pro Gruppe / CD ausführlich zu präsentieren wäre. Sollte eine Gruppe bei der von ihr gewählten CD zum Beispiel zu wenig (oder zu viel) Sound vorfinden, zu viele (zu wenige) Video-Clips usw., könnte sie das in den dazwischen liegenden zwei Wochen 'reparieren' und beim Vorstellen kommentierend-kritisierend einbringen. (Einzelne CD ROMs sind in der Tat aus unterschiedlichen Gründen noch zu textlastig; auch ein Dozent hat zu lernen.) Da die oben erwähnten Webseiten genügend Information zu den sechs Beispielen enthalten, können sich diese Gruppen auch schon vorher zusammentun. Ich möchte Sie dazu ermuntern. Es käme dem Kurs gewiss zugute.
Abschliessend sei ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass der Kurs keinerlei technisch-programm(ier)bezogene Übungen vorsieht. Dafür ist der Historiker-Dozent weder ausgebildet noch geeignet, noch würde die Zeit dafür ausreichen.*)
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