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Die Frage der Regelung des Geldumlaufes fällt damit zusammen mit der Frage

Wie man das Geld vor dem Gehamstertwerden schützen kann

Die Sicherung des Geldumlaufes gegen das Geldhamstern wird aus drei Grunden nötig: erstens, um den Anforderungen der Gesetze, die eine Regelung des Geldumlaufes verlangen, zu genügen, zweitens deshalb, weil ohne diese Regelung weder Inflationen noch Deflationen sicher vermieden werden können und drittens, weil bei tiefem Zinsfuß das Geld streikt, zurückgehalten wird - und damit eine Deflation und eine Krise auslöst - sofern die Notenbank es nicht vorzieht, das Dauergeld durch eine Inflation hervorzujagen.

In der Währungskonferenz 1923, die unter dem Vorsitz von Bundesrat Musy in Bern stattfand, sagte der damalige Präsident der schweizerischen Bankiervereinigung Leopold Dubois: «Um die Krise zu beheben, braucht man nur mehr Noten in den Verkehr zu geben - aber dann gibt es eine Inflation.» Beides stimmt. Beides braucht aber nicht zu stimmen, sobald man die Krise nicht mit mehr Noten behebt, sondern mit der Androhung einer Verrufung des Geldes, nach dem Vorgehen von Erzbischof Wichmann im 12. Jahrhundert.

Daß man unter diesem Geldstreik schwer gelitten hat und noch immer schwer leidet, dafür haben wir viele und ganz gewichtige Zeugen.

So klagte 1934 der französische Finanzminister Bonnet in der Kammer: «Die Geldhamsterung ist die Ursache unserer heutigen Wirtschaftsnot. »

Bundesrat Schultheß rief seinen Freisinnigen am 15. November 1931 am Parteitag in Aarau zu: «Nach meiner Schätzung sind heute 700 - 800 Millionen in Noten von Privaten thesauriert. Sorgen Sie in Ihren Kreisen dafür, daß dieses Geld in Zirkulation gesetzt wird. Wer Geld thesauriert, begeht ein Verbrechen am Vertrauen des Volkes!»

An diesem Tage betrug der Notenstand in der Schweiz genau 1431 Millionen - es liefen also demnach nur 600 - 700 Millionen Noten um, während 700 - 800 Millionen gehamstert waren!

Am 2. März 1936 stellte der «Zürcher Tagesanzeiger» fest, daß nach Mitteilungen der Schweizerischen Kommission für Konjunkturforschung im Jahr 1935 im Durchschnitt ungefähr 500 Millionen Franken in Noten und 500 Millionen Franken in Gold gehamstert gewesen seien. Dann hieß es weiter, die neueren Ansichten über Sinn und Zweck des Geldhamsterns bestätigend: «Ein Wiedererscheinen auch nur eines Teiles dieser Summen auf dem Kapitalmarkt würde eine fühlbare Erleichterung der dem Produzenten auferlegten Zinslasten bedeuten.»

Es fragte sich sogar die sozialistische «Berner Tagwacht» (Februar 1936): «Wie wäre es mit einer besondern Steuerabgabe von je 1000 Franken thesauriertem (gehamstertem) Geld?»

Auch die katholisch-konservativen «Neuen Zürcher Nachrichten» blieben nicht hinter dem sozialistischen Berner Blatt zurück: «Wenn diese Handlung (gemeint ist das Horten) nicht nur von einzelnen Sonderlingen ausgeführt, sondern zur häufigen Erscheinung wird, kann unser Wirtschaftsleben, das nun einmal auf dem Kreditwesen gründet, aufs schwerste gefährdet werden. Allenthalben zeigt sich dann eine Geldverknappung, die Zinsen steigen. Im direkten Zusammenhang mit dieser Geldverknappung sinken dann gewöhnlich auch die Warenpreise in einer ungesunden und wirtschaftlich nicht tragbaren Art. Kurz, das in die Matratze flüchtende Geld wirkt krisenverschärfend.»

Ein Mitglied des Bankrates der Schweizerischen Nationalbank, der Ehrenpräsident des Schweiz. Gewerbeverbandes, Nationalrat Dr. Hans Tschumi schrieb, und sein Artikel ging durch die ganze gewerbliche Presse: «Thesaurierung ist das unsinnigste, was es überhaupt geben kann. Geld ist das wirtschaftlich treibende Element. Thesauriertes Geld ist für die Wirtschaft, der es dienen sollte, absolut verloren. Würde alles Geld thesauriert, so stände das Wirtschaftsleben beinahe still. Nur umlaufendes Geld ist lebendig und wirtschaftlich fruchtbar, thesauriertes ist tot und leistet weder seinem Besitzer noch der Allgemeinheit einen Dienst.»

Er hatte in seiner Verurteilung des Geldhamsterns einen Kollegen, der sogar im Bankausschuß der Schweizerischen Nationalbank saß: Prof. Dr. Ernst Laur. Dieser schrieb in der «Schweiz. Bauernzeitung» im August 1914 in zentimeterhohen Buchstaben:

«Heraus mit dem zurückgehaltenen Gelde! Es ist unmöglich, die Auszahlungen für Käse, Milch, Getreide, Fleisch usw. zu machen, wenn die Banken kein Geld erhalten. Wenn der Bauer die Einnahmen, die er aus den verkauften Lebensmitteln hat, behält, keine Zinsen und Rechnungen bezahlt und das Geld zu Hause versteckt, statt daß er es auf die Bank trägt, so kommen wir aus der Krise nicht heraus. - Ich richte an die schweizerische Bauernsame die Aufforderung, dafür zu sorgen, daß das Geld, das bei ihnen liegt, aus den Kasten kommt. Zahlt damit eure Schulden und legt den Rest auf die Bank. Wer das Geld zu Hause behält, schädigt sich selbst. Niemand hat Geldreserven weniger nötig als der Bauer. Er hat für sich und die Familie zu essen und braucht doch zum Leben kein Bargeld. Wenn er etwas verkauft, erhält zuerst er bares Geld, insofern die andern Kreise Geld haben.»

Es wäre unmöglich, alle Stimmen aus dem Ausland anzuführen, die sich gegen die Hamsterer aussprechen. Herbert Hoover sei erwähnt. Unter dem Titel: «Der gehamsterte Dollar» schrieb der damalige Präsident der Vereinigten Staaten, der in der Krise und durch die Krise bald darauf seinen Sitz als Präsident verlor, im Herbst 1930 - ein Jahr nach dem Ausbruch der Krise vom Oktober 1929:

"Der gehamsterte Dollar, die Geldhamsterung überhaupt - das ist die große Gefahr für alle Staaten. Die Kampffront von heute ist gegen die Goldhortung gerichtet, die vor etwa einem Jahre begann und mit ihrer wachsenden Intensität zu einer nationalen Gefahr wurde. Diese Bewegung wurzelt in der Furcht und in Auffassungen, die heute nicht mehr stichhaltig sind. Sie hat ganz ungeheuren Umfang angenommen und in hohem Maße dazu beigetragen, daß die Krediterleichterungen eingeschränkt, und so direkt die Steigerung der Arbeitslosigkeit und das Sinken der Warenpreise in der Landwirtschaft befördert wurden. Der einzelne Amerikaner hat sicherlich nicht bedacht, welchen Schaden er stiftet, wenn er selbst nur einen Dollar hamstert und aus der Zirkulation nimmt. Er hat gewiß nicht erfaßt, daß dieser gehamsterte Dollar die Bank zwingt, ihrerseits für einige Zeit den gleichen Kreditbetrag aus dem wirtschaftlichen Leben zu ziehen. Zu diesem aber gehören die Kaufleute, die Fabrikanten und die Farmer. Um das Geld, das diese aufnehmen, werden Waren gekauft, Löhne bezahlt, die Kosten der Aufrechterhaltung der Geschäfte bestritten. Jeder gehortete Dollar raubt dem Arbeitnehmer wenigstens einen Teil seiner Bezahlung. (Im «Nebelspalter» hieß es: «Wer Geld einsperrt, sperrt Arbeiter aus.» D. V.) Multipliziert man dieses einfache Beispiel mit den anderthalb Milliarden, die derzeit in den Vereinigten Staaten gehortet und unproduktiv gemacht werden, dann kann man sich ein getreues Bild davon machen, wie dieser Feind unserer nationalen Sicherheit, wie das Geldhamstern sich auswirkt. Es droht, unseren ökonomischen Fortschritt zu ersticken, er verschärft die Arbeitslosigkeit und erschüttert die Stellung der Landwirtschaft.

Niemand kann bestreiten, daß für die amerikanische Wirtschaft - und dasselbe gilt für alle anderen bedrohten Länder - eine große Erleichterung erreicht wäre, wenn die Riesensummen geborteten Geldes wieder in Umlauf gebracht werden könnten." (Die letzten Sätze waren im Originalartikel fett gedruckt.)

Endlich sei hier noch eine Stimme angeführt, die sich 1939 hören ließ, als sich das Geld wiederum zum Teil verkroch, zu einem andern Teil aber hamsternd auf die Waren sich stürzte. Es ist die

Schweizerische Nationalbank


Auszug aus: Fritz Schwarz: Das Experiment von Wörgl
Dieser Text wurde ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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