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13 Dreieckige Räder

Kanonen und Granaten kosten Geld. Bevor Menschen damit umgebracht werden können, muß also Geld geflossen sein; erst dann kann das Blut fließen. Schulen, Kindergärten und Wohnungen kosten ebenfalls Geld. Bevor Kinder darin einer glücklichen Zukunft entgegenwachsen können, muß Geld bereitgestellt worden sein, denn nur mit Geld lassen sich derartige Alpträume und Träume verwirklichen. Da sich das Geld für Gut und Böse, Himmel und Hölle gleichermaßen zur Verfügung stellt, also scheinbar völlig neutral ist, hat sich die Kritik an diesem Phänomen auf den lebendigen Menschen konzentriert, der das tote und vermeintlich unschuldige Geld ganz nach Belieben zum Segen oder zum Fluch werden läßt.
Es bedurfte der überragenden Genialität eines völlig unvoreingenommenen Denkers, dieses tiefverwurzelte Denkschema zu durchbrechen. Hätte Silvio Gesell nie gelebt, wir würden bis auf den heutigen Tag (und wer weiß wie viele Jahrhunderte noch?) an das unverdächtige Märchen von der völligen Unschuld des Geldes glauben und den Menschen, und nur ihn allein, für all das Unmenschliche auf dieser Welt verantwortlich machen. Ohne Gesell bliebe uns nur das aussichtslose und lächerliche Warten auf den Tag und auf den Sieg der guten Menschen über die angeblich so bösen Menschen.
Jeder Verhaltensforscher wird uns bestätigen, daß der Mensch nicht "besser" werden kann; Silvio Gesell hat uns gezeigt, daß er nicht besser werden muß. Das geradezu gotteslästerliche Herummäkeln an der Güte des Menschen kann ab sofort beendet werden, denn Silvio Gesell fand einen Weg zur Entmachtung des Geldes. Nicht den bösen Buben gehört mit einem scharfkantigen Lineal eins auf die Pfötchen gehauen, sondern dem zinsgebärenden Geld! Das Geld in seiner jetzigen Form ist satanisch; seinen Versuchungen zu widerstehen, fast unmöglich; seinen Versuchungen zu erliegen, ist menschlich. Mit der sensationellen Entdeckung des unscheinbaren Webfehlers in der Struktur des herrschenden Geldes wird Gesell zum größten Helfer der Menschheit. Den Fluch des Geldes jetzt ganz leicht abstreifen und in einen Segen des Geldes verwandeln zu können, gibt Millionen und aber Millionen Menschen auf dieser Erde zu den größten Hoffnungen Anlaß.
Die Wünsche der Gedemütigten und Entrechteten mußten in der Zinswirtschaft zwingend auf taube Ohren stoßen; jetzt aber fänden sie Gehör, weil sie mit Freigeld und Freiland erfüllbar geworden sind. Nicht nur Menschen haben sie daran gehindert, am allgemeinen Wohlstand teilzunehmen, sondern auch und vor allem ein menschengemachtes Geld, das in der Lage war, die Gerechtigkeit mit Hilfe der Bodenrente und des Zinses zu verkrüppeln. Wie ein guter Chirurg, der den Krebsherd gerade noch rechtzeitig entdeckt und herausschneidet, müssen wir das Geld - so lehrt uns Gesell - von seiner teuflischen Eigenschaft der Hortbarkeit befreien. Ein solches Freigeld taugt dann endlich nur noch zum Tausch: Geld gegen Ware oder Dienstleistung. Heute wird das Eigentum am Geld, der Geldbesitz, die absurde Fähigkeit des Geldes, streiken zu können, per Gesetz geschützt, während die alles entscheidende Tauschfunktion von Kapitalisten ganz nach Belieben ausgehebelt werden kann. Freigeld schützt uns vor denen, die den Tausch unterbrechen, um mit dem Geldstreik höhere Zinsen erpressen zu können. Freigeld und Freiland lassen gnadenlose Blutsauger, die ihren unersättlichen Saugrüssel in den Geldkreislauf des Volkes senken, auf Granit stoßen. Ein Geld, das nur noch ein Tauschmittel ist, sichert den störungsfreien Geldumlauf und damit eine blühende Wirtschaft.
Die Deutsche Bundesbank kann den gleichmäßigen Umlauf des Geldes primitiverweise nur durch eine stetige Inflation in Gang halten. Sie läßt also absichtlich und gezielt den Wert der D-Mark allmählich verkommen. Damit werden alle Kleinsparer und Menschen, die keine Schulden haben, um einen bedeutenden Teil ihrer Arbeit und Ersparnisse betrogen. Monat für Monat gibt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bekannt, um wie viele Prozent wieder alles teurer geworden ist und liefert damit den Beweis für den Wertverfall des Geldes durch die Maßnahmen der Bundesbank. Wer daran Anstoß nimmt, wird von den Experten darüber belehrt, daß die kapitalistische Marktwirtschaft (Zinswirtschaft!) in der schleichenden Inflation das kleinere Übel zur Normalität erhebt, um einer Konjunkturkatastrophe durch sinkende Preise (Absatzstockung, Konkurse, noch höhere Arbeitslosigkeit) zu entgehen. Das also ist der Preis und die Strafe für eine Gesellschaft, die ein Geld ohne Zinsen und Inflation haben könnte, von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch macht! Weder Bundesbank noch Wirtschaftswissenschaft haben sich bei der Suche nach einem Ausweg aus diesem Dilemma übernommen, geschweige denn mit Ruhm bekleckert. Sie machen insgesamt einen hilflosen Eindruck, für den der Volkswirtschaftler Prof Dr. Felix Binn folgende Worte fand: "Ihre Arbeits- und Denkergebnisse auf die Ingenieurswissenschaft übertragen, hätten uns heute noch nicht das Rad beschert, allenfalls ein dreieckiges." (Binn: Konsequenter Monetarismus)
Ungeachtet ihrer peinlichen Untüchtigkeit genehmigen sich die Herren der Deutschen Bundesbank märchenhafte Gehälter, die (wie bei den Gewerkschaftsbossen) den Blick für die Nöte der Menschen verstellen und die Gefahr, in der wir alle schweben, nicht mehr erkennen lassen. "Wir leben in keiner normalen Zeit," mahnt der Freiwirt Hans-Joachim Führer, "sondern in einer Zeit der letztmöglichen Abkehr vom programmierten Untergang der Menschheit." Aber die Unbelehrbaren suchen ihr Heil und die Rettung jetzt in der Europäischen Union. Nicht ohne Stolz verweist z.B. der deutsche Finanzminister darauf, daß die Staatshaushalte und Währungen anderer EU-Mitgliedsstaaten noch maroder sind als die der Bundesrepublik Deutschland. Wie man sich über dieses Etwas-weniger-Kacke-am-Bein freuen kann und auch noch stolz darauf ist, wird mir nie begreiflich zu machen sein. Es mag ja durchaus sein, daß die Ausbeutung der Massen durch die Zinswirtschaft in anderen Ländern zu noch schlimmeren Ergebnissen geführt hat, aber ist es denn wirklich sinnvoll, die hohe und nicht beherrschbare Arbeitslosigkeit in Deutschland mit der noch höheren Arbeitslosigkeit in Europa zu verrühren, ohne etwas anderes getan zu haben, als auf noch mehr Wachstum zu hoffen?
Alles läuft z.Z. daraufhinaus, den Wirtschaftskoloß Europa noch brutaler als bisher (siehe Bananenkrise) gegen die Konkurrenz aus den ärmeren Teilen der Welt in Stellung zu bringen. Der - an der Umweltzerstörung gemessen - schon viel zu hohe Export Europas soll, nein muß noch mehr wachsen, damit die Rechnung der Zinseszinsler auch aufgeht und der rülpsende Riese Europa zu einem nur noch furzenden Ungeheuer aufgebläht werden kann. Es sind ja nicht etwa ethische, moralische, kulturelle, friedenspolitische, religiöse oder ökologische Vorstellungen, die den geistigen Horizont Europas bewegen, sondern die schlichte Frage, wie z.B. mit noch mehr Exportautos die Zahlungsbilanz geschönt und das Weltklima endgültig ruiniert werden kann.
Das Urlaubsparadies und Ferienland Italien ist inzwischen so hoch verschuldet, daß die gesamten Deviseneinnahmen aus dem gewaltigen Tourismusgeschäft für Zinszahlungen verschwendet werden müssen! Darum kann überhaupt keine Rede davon sein, den heilsamen Schock der Natürlichen Wirtschaftsordnung Silvio Gesells auf den Standort Deutschland zu begrenzen. Wie eine wunderschöne neue Melodie, die gleich nach Bekanntwerden der ganzen Welt gehört, hat Silvio Gesell nie einen Zweifel daran gelassen, für die ganze Welt gedacht und gewirkt zu haben.
Das vom Zins befreite Geld wird aus gutem Grund im Lande bleiben, in ärmeren Ländern wie z.B. in Polen jedoch noch ein paar Jahre als Zweitwährung umlaufen, aber Einfluß und Wirkung dieser Reform werden unaufhaltsam über die Grenzen schwappen. Diese Reform hat es nicht nötig, mit Gewalt erzwungen zu werden, denn weder muß dem Verdurstenden das köstliche Wasser, noch dem Hungernden das herrliche Brot aufgezwungen werden; sie nehmen es freiwillig, stellen keine Bedingungen und werfen uns hinterher auch nicht vor, wir hätten uns mit diesen Gaben aufgedrängt.
Aber: Wenn die Mehrheit der Bevölkerung dem Sumpf der Ausbeutung gar nicht entkommen will, wenn das Heer der Arbeitslosen seine Bereitschaft zum Dulden und Leiden noch weiter ausbauen möchte, wenn die Wohnsitzlosen und Sozialhilfeempfänger die bezahlbaren neuen Wohnungen und ein ausreichendes Einkommen gar nicht haben wollen, dann sollten auch wir mit dem römischen Rechtsgelehrten Ulpianus sagen und erkennen: "Dem, der es so haben will, geschieht kein Unrecht."