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Fazit

Die Postreform III ist bislang - darin in der postpolitischen Tradition korporatistischer und sektorspezifischer Politikformulierung stehend - ohne großes öffentliches Echo und ohne erkennbare Synchronisierung mit der unmittelbar wie mittelbar vielfach tangierten Medienpolitik durch einen kleinen Postpolitiker-Zirkel vorangetrieben worden. Während dem in Kapitel 3.1.1 geschilderten technisch induzierten Veränderungsdruck relativ wenig und nur indirekt Rechnung getragen wird, vollzieht die Postreform in erster Linie die - inzwischen als alternativenlos geltende - quasi vollständige Marktöffnung, die auf europäischer Ebene längst beschlossene Sache ist. Die vormals als Markt- und Technik-Imperative verhandelten politischen Fragen sind weitestgehend in administrative und juristische Imperative transformiert, der Vorgang erscheint als deren rechts- wie verwaltungsförmiger Vollzug und gleichsam politikfern. Es gibt Bestrebungen dieses Politik-Zirkels (unter weitgehender Einigkeit zwischen Bundesregierung und Opposition), die neue Regulierungsbehörde als eher unpolitische, das neue Telekommunikationsgesetz und die Universaldienstverordnung realisierende Verwaltungsinstanz zu gestaltengif. Dies ist ein deutlicher Unterschied zur US-amerikanischen Regulierungstradition, die mit der FCC eine starke und vergleichsweise unabhängige zentrale Instanz kennt.

Die medienpolitische Blindstelle der Postreform III deutet darauf hin, daß mit der Postreform III das Liberalisierungs-Projekt der 80er Jahre vollendet wird: Das seinerzeit entstandene policy network aus Geschäfts- und Großkunden des Fernmeldemonopolisten, vertreten durch Verbände wie den DIHT (Deutscher Industrie- und Handelstag), den BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie), aber auch den Verband der Postbenutzer (VBP) und Großunternehmen wie IBM und Siemens(-Nixdorf)gif, dominiert auch die gegenwärtige Postpolitik, während ein neues postpolitisches policy network - das zum Beispiel aus dem Kabelbetreiberverband ANGA, aus Medienkonzernen und neuen online-Unternehmen bestehen könnte - noch kein großes Gewicht besitzt. Angesichts der zahlreichen offenen Fragen, die neue Medien und Medientechniken betreffen, ist also mit einer Postreform IV zu rechnen.



Martin Recke
Fri May 17 20:40:57 MET DST 1996